Martinus, S. (1)

[270] 1S. Martinus, Presb. Conf., (31. Jan.). Der hl. Priester Martinus wirkte in unruhiger Zeit in dem ehemaligen Gebirgsstädtchen und nunmehrigen Dorfe Soure am Flusse gl. N. (Saurium) in Portugal. Der Gebirgsstock, auf dem der Ort lag, hieß ehedem Mons Tapiaeus, auch Ansidianus. Der Ort war damals wichtig als Vertheidigungsplatz gegen die Mauren. Sein Geburtsort ist Arouca (Auranca), ein Städtchen 26 M. von Coimbra gelegen. Er stammte von armen, aber frommen Eltern. Sein Vater war Manuelis Arias, der nach dem Tode seiner Gattin Einsiedler wurde, seine Mutter hieß vor ihrer Verheirathung Argio. Der Knabe machte unter der strengen Zucht seiner Eltern, die jeden Fehltritt sogleich scharf ahndeten, wie in der Frömmigkeit, so auch in den Wissenschaften gute Fortschritte und zog deßhalb frühzeitig die Aufmerksamkeit des Bischofes Mauritius von Braga auf sich, der ihm in seiner bischöflichen Stadt ein Canonicat verlieh. Hier vollendete er seine Studien und wurde dann zum Priester geweiht. Jetzt traten seine Tugenden, die er bisher in der Stille des häuslichen Kämmerchens gepflegt, ans offene Tageslicht. Sein Lieblingsgeschäft war die Tröstung und Unterstützung der Kranken, deren Sorge ihm am meisten oblag. Viele Zeit brachte er im Gebete und »dem [270] göttlichen Dienste« zu. Seine äußere Haltung gab lautes Zeugniß von seiner innerlichen Demuth. Da rief ihn der Bischof von Coimbra zurück und übertrug ihm gemeinschaftlich mit seinem Bruder Menendus die Seelsorge von Soure. Beide hatten anfänglich Furcht vor den beständigen Angriffen, welchen diese Gegend von Seite der Mauren ausgesetzt war. Die Templer hatten hier eine Niederlassung begründet, wie es scheint als Basis zu weiteren Eroberungen. Aber die Liebe zu den Seelen überwand alle Bedenken, und der hl. Mann griff sein schweres Tagewerk im Vertrauen auf Gott muthig an, sammelte die zerstreute Gemeinde, erbaute die halb zerstörte Kirche aufs Neue und war selbst im Landbaue seinen Untergebenen Ermunterer und Beispiel, indem er die verödeten Gründe wieder cultivirte und Neubrüche anlegte. Er ahmte hierin den Apostel nach, der sich der Händearbeit nicht schämte, um Niemanden lästig zu fallen. Dabei streute er ununterbrochen den Samen der Wahrheit in die Herzen des Volkes, und hatte die Freude, die Frucht guter Werke aus demselben keimen zu sehen. Seine Sorgfalt erstreckte sich nicht blos auf die Gesammtheit, sondern auch auf die einzelnen Gläubigen, die er von Sünden mit väterlicher Sorgfalt abzuhalten und zur Gottesfurcht zu führen aufs eifrigste bemüht war. Dabei fehlte es nicht an Böswilligen und Boshaften, die über ihn klagten und ihm selbst ins Gesicht Vorwürfe machten; er aber suchte auch diese durch apostolische Sanftmuth zu besänftigen und die Erregtheit der Gemüther durch freundliche Zusprache zu lindern. Mit besonderer Strenge verfuhr er gegen das unkeusche Leben lediger Personen, die er wo möglich zur Eheschließung vermochte. Unmäßigkeit und wilde Lust duldete er nicht. Sein Haus war Gästen und Fremdlingen jederzeit offen; öfter begab er sich, wenn er keinen Gast hatte, noch vor dem Essen auf die Straße, um zu laden, wen er traf. Was er besaß war Gemeingut Aller. Dieß that er aber nicht öffentlichen Ruhmes halber, denn so wenig der Tadel ihn beugte, so wenig vermochte das Lob der Menschen ihn zu erheben. Darum kleidete er auch seinen Leib nicht mit schönen Kleidern, sondern mit guten Sitten. Er suchte ebendeßhalb nur solche Gesellschaften, die einem Diener der Kirche würdig schienen und diese selbst nicht in üblen Ruf bringen konnten. Zuletzt gerieth er auf einem Kriegszuge, den die Templer gegen die Mauren unternahmen, in Gefangenschaft. Er trug die Fußschellen, in welche die gefangenen Christen geschmiedet wurden, mit Geduld, tröstete seine Mitgefangenen durch die heilsame Lehre des Evangeliums und verkündete ihnen den nahen Tag der Erlösung. Er selbst blieb in der Gefangenschaft zu Ebora kam von da nach Sevilla (Hispalis), Cordova und Santarem (Sancta Irene), wo er starb. Die Boll. nennen das J. 1123 als das seiner Ernennung als Erzpriester in Soure, und setzen seine Gefangenschaft ins J. 1146, seinen Tod auf den 31. Jan. 1147. Uebrigens bemerkt der Biograph mit einer Bestimmtheit, die jede Annahme des Irrthums ausschließt, daß letzterer im 16. Jahre der Regierung des Königs Alphons von Portugal eingetreten sei. Da nun dieser im J. 1139 sich als König von Portugal erklärte, so dürfte die Gefangenschaft und der Tod des Heiligen ins J. 1155 oder 1156 zu setzen seyn. Im Mart. Rom. findet sich sein Name nicht. Bei Migne ist der Tod des Heiligen ins J. 1247, also hundert Jahre später angesetzt. Wegen seines in der Verfolgung um des Bekenntnisses Jesu willen erfolgten Todes führt er zuweilen den Titel Martyrer. (II. 1131).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 270-271.
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