[565] 105Nicolaus (5. Dec.). Dieser gottselige Nicolaus war ein Sohn des Grafen Haldohald (Gaidoald) und seiner Gemahlin Helmunda von Bozen (Bauzan). Vor seiner Geburt hatte die Mutter ein Traumgesicht, in welchem ihr ein Bischof erschien und die Geburt eines Sohnes verkündigte, mit dem Auftrage, denselben in der hl. Taufe nach seinem Namen zu benennen. Da aber der Bischof seinen Namen nicht gesagt hatte, befragten die frommen Eheleute hierüber den Mönch und nachmaligen Abt Secundus (Secundinus) aus Trient, welcher um jene Zeit diese Gegenden als Missionär bereifte. Während nun der Vater der Meinung war, jener Bischof könne kein anderer als etwa Agnellus (Albundar) von Seben oder Ingenuin von Trient seyn, schritt Secundus an das Bett der Gräfin und sprach: »Ist der Traum von Gott, so wird der Bischof nochmal erscheinen und seinen Namen sagen; wo nicht, so ist der Rath des Ehemannes zu befolgen.« Helmunda gebar wirklich am 5. Aug. d.J. 582 einen Knaben; in der darauf folgenden Nacht erschien der Bischof aufs Neue und nannte seinen Namen – Nicolaus. Als die Eltern Bedenken trugen, ihren Sohn so zu heißen, ermunterte sie Secundus7 mit der Voraussagung, dieser ihr Drittgeborener werde ein würdiger Priester, ein Sieger im Kampfe mit irrgläubigen und ungläubigen Völkern (dieß bedeutet nämlich Nicolaus), groß vor Gott und vor den Menschen werden. So wurde also der Kleine unter den Schutz des hl. Bischofes Nicolaus von Myra gestellt und erhielt eine fromme und gottesfürchtige Erziehung. In einem Alter von dreizehn Jahren war er, für unsere Zeit gesprochen, Chorsänger und Zögling der Klosterschule der Benedictiner zu Bozen. Jetzt noch weiß die fromme Sage in Bozen zu erzählen, daß um d.J. 600 ein Benedictiner-Kloster auf dem Platze stand, wo gegenwärtig der Pfarrhof steht, und an ihre Stelle später Weltgeistliche traten. Als [565] die Eltern um das Jahr 595 nach Trient kamen (Haidoald wurde der Nachfolger Erins, Herzogs von Trient), hätten sie sehnlich gewünscht, auch ihren Sohn mitzunehmen. Er blieb aber in Bozen und ließ sich selbst durch die Nachricht, daß auch zu Trient ein Benedictiner-Stift im Entstehen sei, nicht von seinem Geburtsorte trennen. Die Mutter benutzte diese Weigerung ihres Sohnes, um durch seine Hände die Bozener Armen wie bisher zu unterstützen. Sonst ließ er bis in sein dreißigstes Jahr nichts von sich hören. Neben der Armenpflege beschäftigte er sich fast ausschließlich mit Abschreiben der hl. Schriften in Longobardischer Sprache und schenkte die gefertigten Abschriften armen Landgeistlichen. Vom J. 613 angefangen treffen wir ihn als Volksprediger auf dem Lande, wo er zugleich seine in der Heilkunde erworbenen Kenntnisse an Kranken und Leidenden jeder Art verwerthete. Es scheint, daß diese Missionsthätigkeit damals noch mit großen Gefahren verbunden war, denn er wollte sie üben, »bis man ihm den Tod anthäte.« Dennoch geschah ihm weder von den Juden, die er wegen der Kreuzigung unsers Herrn öfter scharf anließ, noch von den Arianern, welche ihn, wie er glaubte, von irgend einem Felsen herab, in den Martertod stürzen könnten, irgend ein Leid. Nur die Gassenbuben verhöhnten ihn einmal wegen seiner mönchischen und schmutzigen Gewandung. Nachdem er drei Jahre lang auf diese Weise für Gott und den Glauben zu wirken bemüht gewesen, verließ er, vom J. 615 angefangen, sein Kloster und die Stadt Bozen nicht mehr. Alljährlich an seinem Namenstage beschenkte er die armen Kinder mit dem Bemerken, der hl. Nicolaus hätte ihm diese Gaben für sie gebracht. Maurus, der Prior von Bozen, lobte seine Beständigkeit im einsamen und einförmigen Leben, und schloß in seinen Jahrbüchern bis zum J. 634 jedes Jahr mit der Bemerkung, Nicolaus sei immer noch derselbe. Nach dem Tode des Maurus (5. Jan. 635) wurde er an seine Stelle gewählt, nahm aber die Wahl nicht an, indem er einen andern würdigen Schüler des Secundus, Namens Placidus, vorschlug. Beide zogen fortan »selbander ihren Hauswirthschaftskarren«, wie das Jahrbuch sich ausdrückt, bis Placidus am 4. Nov. 639 starb. Jetzt ging Nicolaus nach Trient, um neuerdings die ihm zugedachte Vorsteherschaft abzulehnen, und setzte dann unter dem Abte Tolfilas, der sich nach Bozen zurückzog, sein einsames und wohlthätiges Leben noch bis zum J. 650 fort, wo er am Vorabend seines Namenspatrons starb, nachdem er noch das letzte Mal die alljährlichen Nicolaus gaben für seine lieben Kleinen gesammelt und hergerichtet hatte. (Emm.)