Paulinus, S. (17)

[715] 17S. Paulinus, Ep. Conf. (10. Oct., al. 10. Jan.). Dieser hl. Erzbischof und Bekenner von York (Eboracum) in England wird im römischen und im großbritannischen Martyrologium »Apostel der sieben angelsächsischen Königreiche« genannt. Als der heil. Augustinus vom heil. Papste Gregorius für England Arbeiter begehrte, wurde er mit Mellitus1, Justus61, Russinianus und Andern, die Beda alte Mönche nennt, im Jahre 601 nach England geschickt. Wie schon erwähnt (o. S. 413) zählt er auch zu den »vier Evangelisten« dieses Landes. Der hl. Paulinus arbeitete nach seiner Ankunft mit großem Seeleneifer im Königreiche Kent. Während seines apostolischen Wirkens daselbst kam eine Gesandtschaft von dem Könige Edwin V. von Northumberland, welche für ihren Herrn die Prinzessin Edelburga (Tatia) von Kent zur Ehe begehrte. Der heil. Paulinus trat dieser Ehe wegen des Hindernisses der gemischten Religion entgegen. Edwin ließ hierauf zurückmelden, er würde der Prinzessin nicht bloß volle Freiheit lassen, ihre Religion auszuüben, sondern er sei auch nicht abgeneigt, das Christenthum selbst anzunehmen, wenn er von der Wahrheit seiner Lehren nach reiflicher Prüfung sich Ueberzeugung verschafft hätte. Unter dieser Bedingung ward nun Edelburga in Begleitung des hl. Paulinus, der am 25. Juni 625 vom Erzbischofe Justus von Canterbury zum Bischofe consecrirt worden war, nach Northumberland als Braut des Königs Edwin geschickt. Der heil. Paulinus suchte alsbald dem Namen Jesus Bekenner zu sammeln. Der König, obwohl dem Christenthum günstiger, zögerte noch und hielt eine Versammlung von Großen des Landes, auf welcher jedoch nur beschlossen wurde, daß jene, die das Evangelium anzunehmen geneigt seyen, deßhalb nicht beunruhigt werden sollten. Dieser Beschluß hatte gleichwohl die segenreichsten Folgen. Der Papst Bonifacius V. hatte in demselben Jahre durch Briefe und Geschenke, die er dem königlichen Brautpaar überreichen ließ, die Bemühungen der Missionäre unterstützt, starb aber bald darauf. Am Osterabend des J. 627 empfing der König Edwin zu York, sammt seinem Sohne Osfried und seiner Nichte Hilda aus der Hand des heiligen[715] Paulinus in einer zu diesem Zwecke zu Ehren des heil. Petrus in Eile aufgeführten Nothkirche die heil. Taufe. Bereits an Pfingsten des vorhergehenden Jahres hatte der König in die Taufe seines ersten Töchterchens Enfleda gewilligt. Kaum war der König Christ geworden, als von allen Seiten die Heiden herbeiströmten und Unterricht begehrten. Die damals noch kleinen Kirchen konnten die Christenlehrlinge nicht fassen, und Paulinus taufte deßhalb theils in dem Bache Glan, theils in der Swale bei Cataract, einer ehemals bedeutenden Stadt, die aber heutigen Tages nur noch ein kleines, unter dem Namen Catarrik bekanntes Dorf ist. Der hl. Paulinus dankte diese Erfolge viel weniger seinen fortgesetzten Belehrungen und Predigten als den Gebeten, die er verrichtete und verrichten ließ. Edwin baute bei seinem Schlosse in Yorkshire eine geräumige Kirche, die gewöhnlich den Namen Almondbury (Albanbury) führt, weil sie der heil. Paulinus unter den Schutz des hl. Albanus gestellt hatte. Von dort setzte der hl. Paulinus über den Humber-Busen und predigte im Königreiche Mercia die christliche Religion. Er taufte dort den Statthalter von Lincoln, Blecca mit Namen, der wie die vornehmsten Könige Englands von Wodan, dem Gründer der sächsischen Heptarchie, abzustammen behauptete. In der Stadt Lincoln ließ er eine Kirche aufführen, in welcher er nach dem Tode des hl. Justus, den Priester Honorius zum Erzbischof von Canterbury weihte. Der Papst Honorius hatte dem König Edwin die Bitte erfüllt, die er an ihn in Bezug auf die Weihe der Bischöfe seiner Staaten gerichtet hatte; er schickte ihm nämlich zwei Pallien für seine zwei Metropoliten – den von Canterbury und den von York mit dem Bemerken, daß jedesmal jener, der den Andern überlebe, das Recht haben solle, den Nachfolger des Verstorbenen zu consecriren. – Zahlreiche Heiden, welche die Lehre Christi angenommen, wurden auch von dem heil. Paulinus und seinem Diacon Jakobus im Trent getauft. Ebenso wurden durch seinen und des Königs Edwin. Eifer die Ostangeln mit ihrem König Carpuald zum christlichen Glauben bekehrt. Ein großes Unglück traf aber die christliche Kirche in England durch den Tod des Königs Edwin, der am 12. Oct. 733 in der Schlacht von Hethfeld gegen den aufrührerischen Brittenkönig Cardualla und dessen fürstlichen Bundesgenossen Penda von Marcien getödtet wurde. Unter diesen Umständen sah sich der heil. Paulinus genöthigt, York zu verlassen und sich mit der Königin Edelburga und ihrem Sohne und Enkel nach Kent zu flüchten, nachdem er die Sorge für seine Kirche dem Diacon Jakobus übertragen hatte. Northumbrien wurde großentheils wieder heidnisch, aber der Diacon hielt muthig aus und erlebte in der That wieder bessere Zeiten. Liebevoll ward der Heilige von dem Erzbischofe Honorius und dem Könige Eatbaldus, dem Bruder der Edelburga, aufgenommen. Seit langer Zeit ward der bischöfliche Stuhl zu Rochester (Roffa) erledigt. Für diese Kirche wurde nun der hl. Paulinus, da an eine Rückkehr nach York nicht zu denken war, vom Erzbischof Honorius als Oberhirt aufgestellt. Der hl. Paulinus starb am 10. Oct. 744, nachdem er 19 Jahre 2 Monate und 21 Tage den Kirchen von York und Rochester vorgestanden. Er wurde in der Kapelle des heil. Apostels Andreas, welche der König Edelbert erbaut hatte, begraben. Dort lag sein hl. Leib bis zum Jahre 1080, wo ihn der Bischof Gundolphus von Rochester in eine neue Kirche feierlich übertragen ließ. Er war ein stattlicher Mann mit magerm Gesichte, schwarzen Haaren und einer schön gebogenen Nase, der schon durch seine äußere Erscheinung, obwohl er demüthig gebückt einherging, Ehrfurcht einflößte. Die Feier seiner Erhebung wurde am 10. Januar begangen. Im Mart. Rom., sowie in dem der Benedictiner, steht der Name des Heiligen auch am 10. Oct. (V. 102–114.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 715-716.
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