Wiborada, S.

[782] S. Wiborada, V. M. (2. al. 25. Mai). Diese hl. Clausnerin haben wir schon in der Lebensgeschichte des hl. Ulrich von Augsburg kennen gelernt. Sie war gleichsam seine geistliche Mutter. Man muß sich daher billig wundern, daß für sie im Bisthum Augsburg kein eigenes Officium besteht. Der hl. Bischof blieb ihr sein Leben lang dankbar, und gab Anlaß, daß der Mönch Ekkehardus sich anschickte, ihr Leben zu beschreiben. Da dieser im Jahre 978 vor Vollendung seiner Arbeit starb, übernahm der Mönch Hartmann diese Aufgabe. Die von ihm verfaßte Biographie ist wie die spätere des Hepldaunus, geschrieben in zwei Büchern im J. 1072, von dem Boll. Henschen herausgegeben worden. Die neueste und beste Ausgabe der Biographie von Hartmann findet sich bei Pertz, Mon. scr. VI. 452.) Spätere Bearbeitungen gibt es nicht viele; solche finden sich bei Butler, Stälin (württ. Gesch. I. 421), Sauter, K.-G. Schwabens S. 141, u. e. A. Ihr Name wird auch Virreda, Vilreda, Wyborada geschrieben. Sie stammte von vornehmen, hochadeligen Eltern aus Schwaben, angeblich ist Klingen im Aargau ihr Geburtsort, zeigte aber von Jugend auf eine unüberwindliche Neigung zur Erfüllung der evangelischen Räthe. Sie besuchte baarfuß Kirchen und heilige Orte, spendete reichliche Almosen, schlief auf dem Boden, oblag fleißig weiblichen Arbeiten, fastete viel, und las gerne die hl. Schriften. Mit ihrem Bruder und Lehrer Hitto, dem spätern Propste an der St. Magnuskirche, besuchte sie die Kirchen und Heiligthümer der Stadt Rom, und kehrte mit noch strengern Grundsätzen zurück, als sie dahin abgereist war. Von dem Bischofe Salomon III. ließ sie sich nach kürzerem Aufenthalte zu Constanz am Pfingsttage des J. 915 in ihre Zelle einschließen, mit dem festen Vorsatze, sie bis zum Tode nicht mehr zu verlassen. Zugleich mit ihr wurde die Nichte des sel. Notker Balbus, ein weiblicher Job, Kerhill mit Namen, eingeschlossen. Von jetzt angenoß sie weder Fleisch noch Wein, und trug beständig einen Bußgürtel. Von den Ordalien, welche sie glücklich bestanden haben soll, um sich verleumderischer Anklagen zu erwehren, enthalten die ältesten Quellen nichts. Um ihre Zelle bildete sich eine Colonie gottgeweihter Clausnerinnen. Sie selbst stieg immer höher im geistlichen Leben; sie sah die ferne Zukunft, wie wir aus dem Leben des heil. Ulrich wissen, wie gegenwärtig vor sich liegen. An ihrer Clause befand sich ein Glöcklein. Wollte sie Jemand sprechen, so zog er an demselben, worauf sie am Fensterchen erschien. Ihre Ermordung durch die Ungarn wurde ihr in einem Gesichte geoffenbart. Das J. 928 bezeichnet ihr glorreiches Ende. Sie erlitt einen freiwilligen Martertod, indem sie es verschmähte, sich im Castell zu retten. Als nämlich einige Ungarn, welche ihre Clause nicht zu erbrechen vermochten, das Dach abhoben und sich in die Zelle hinabließen, gab es für die fromme Dulderin keine Rettung mehr. Die Barbaren beraubten sie aller ihrer Kleider und schlugen sie mit ihren Aexten (libratis ascibolis) zu Boden, so daß die Wände von ihrem Blute bespritzt wurden. Als ihr Todestag wird gewöhnlich der 25. Mai angegeben, nach den Quellen ereignete sich ihre Ermordung einige Tage vor dem 29. Juni. Sie war ungefähr 65 Jahre alt. Die an ihrem Grabe geschehenen zahlreichen Wunder gaben Anlaß zu ihrer Heiligsprechung. Dieselbe wurde auf Betreiben des Kaisers Heinrich III. von Clemens II. im J. 1046 vollzogen.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 782.
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