[297] Assyrien ist in der alten Geographie der Name einer Landschaft am östl. Ufer des Tigris, das Athura der Altperser, dem heutigen Kurdistan entsprechend, etwa 1600 QM. groß. A. erscheint in der Geschichte als eine alte Monarchie, die über Asien vom Hindukusch bis an das mittelländ. Meer herrschte und Eroberungsversuche am Indus und Nil unternahm, als eine Zuchtruthe verdorbener Völker, bis sie selbst wegen grausamen Uebermuths und frevelnder Ueppigkeit dem Strafgerichte verfällt. Die Geschichte A.s wird noch sehr widersprechend dargestellt, weil man die Nachrichten der Bibel mit denen einiger griech. Geschichtschreiber zu vereinigen suchte, was nur durch ganz willkürliche Annahmen geschehen kann. Seit neuester Zeit beschäftigt sich die europ. Alterthumskunde vorzugsweise mit A., allein trotz der interessantesten Funde ist uns einstweilen bloß ein hellerer Blick in jene alten Culturzustände eröffnet, die politische Geschichte aber bei den gegenseitigen Widersprüchen der Erklärer der Inschriften, bei dem Schwanken und Abändern des berühmtesten dieser Archäologen, Layards, in seinen Erklärungen, hat noch kein sicheres Resultat gewonnen; bisher jedoch hat alles, was als sicher erscheint, die historische Treue der Bibel glänzend bestätigt. Demgemäß scheint so viel festzustehen: die alten Assyrer waren ein iranischer Volksstamm, jedoch stark mit Semiten gemischt; der Ausgangspunkt der großen Monarchie ist Babylon. Was die Griechen von Ninus, Semiramis und dem Sardanapal erzählen, ist Mißverstand der assyr. Mythe. Ninive war, scheint es, abwechselnd mit Babylon Sitz der Herrscher; beide Städte rivalisirten aber öfters, indem wohl auch Ninive vor seiner Unterwerfung unter Babylon die Centralstadt eines Stammes war, und nach babylon. Berichten residirten die Sultane in Ninive von 1296770 v. Chr. Von der Mitte des 8. Jahrh. an rückten die [297] Sultane gegen das mitelländ. Meer und Aegypten vor, von denen uns die Bibel den Phul, Tiglat Pilesar, Salmanassar, Senaharib und Asarhaddon nennt, deren Namen Layard auch in den Inschriften aufgefunden haben will. Allein schon gegen Senaharib empörten sich die Meder unter Dejoces, die Babylonier versuchten ebenfalls sich selbstständig zu machen, diesmal jedoch vergeblich. Dagegen dehnten die Meder ihre Eroberungen in das assyr. Reich hinein aus, und deren kriegerischer König Cyaxaras eroberte mit dem verbündeten Nabopolassar um 610 v. Chr. Ninive, nachdem sich der letzte assyr. Sultan, Sarak, mit seinem Palaste verbrannt hatte. Zwar erscheint Ninive auch nach dieser Zerstörung als eine Stadt, was bei seiner günstigen Lage und dem reichlich vorhandenen Baumateriale erklärlich ist, allein Herrscherstadt wurde es nicht mehr, diese Rolle spielte nun Babylon, bis auch seine Zeit gekommen war. Den Anfang der Untersuchungen über die Reste der assyr. Bauten, die sich meistens als überwachsene Hügel zeigen, machte der franz. Consul Botta in Mosul, indem er bei Chorsabad die verschütteten Reste eines Palastes aufdeckte; ihm sind Rouet und Place durch Ausgrabungen zu Maltaijah und im Schendakgebirge und Layard zu Nimrud und Kojundschik nachgefolgt. Die Form der Paläste ist immer ein ungeheures Viereck mit einem monumentalen Eingang in der Mitte jeder Façade. An jeder Pforte des zu Chorsabad ausgegrabenen Palastes stand ein kolossaler Stier mit einem Menschenkopfe und einer Inschrift zwischen den Beinen; die Verbindung des Menschen mit der Thiergestalt erscheint auch sonst ungemein häufig. Außer den monumentalen Bildwerken werden eine Menge Sculpturen, Gemälde, Inschriften, Geräthe und Zierrathen aus Glas, Elfenbein, Metall, Holz u.s.w., Waffen, Töpfe u. dergl. zu Tage gefördert. Säulen und Gewölbe scheinen die Assyrer nicht gekannt zu haben. Ihre Abbildungen von Menschen und Thieren zeigen eine nicht geringe Kunstfertigkeit; wir erhalten durch diese Darstellungen ein Bild des assyr. Lebens, vom Hofe, von den Gastmählern, von Schlachten und Belagerungen. Die Inschriften sind in der Keilschrift geschrieben, meistentheils auf Thoncylinder oder Thonplatten, wie wir bereits von griech. Schriftstellern wissen; man hat diese massenweise aufgefunden, in London und Paris liegen bereits ganze Archive und die Entzifferung derselben, die nach gelungenen Anfängen ohne Zweifel zu Stande kommen wird, verheißt einen wesentlichen Beitrag zu der Geschichte des Alterthums. Botta und Layard haben ihre Entdeckungen in eigenen Werken bekannt gemacht und Layard theilt seine gewonnenen Resultate, oft nur Ansichten, in öffentlichen Vorlesungen mit.