Diabetes

[368] Diabetes, auch Polyuria, Harnruhr, Vielharnen, eine Krankheit, welche nach vorausgegangenen Verdauungsleiden, verbunden jedoch mit starker Eßlust und heftigem Durste eintritt, und sich durch eine ungewöhnliche, oft ganz unglaubliche Vermehrung der Absonderung des Harns äußert. Der Harn ist seltener geschmacklos (D. insipidus), in der Regel süßlich schmeckend (D. mellitus, Honig-Harnruhr), mit Zuckergehalt; er fault deßhalb beim Stehenlassen an warmem Orte nicht, erhält nicht den Ammoniakgeruch, sondern geht in weinige Gährung über. Der Kranke magert zusehends ab, der Durst wird fast unlöschbar, die Haut trocken, schuppig, das Zahnfleisch geschwollen, die Gemüthsstimmung sehr trübe; die Geschlechtsfunktion hört auf, und unter Lähmungen und hektischem Fieber führt endlich die Krankheit zum Tode. Die nächste Ursache der Krankheit liegt in einem Leiden der Verdauungsorgane, wobei der Nahrungsstoff nicht gehörig animalisirt, sondern mehr vegetabilisch, auf der Stufe d. Zuckerbildung, in die Blutmasse übergeht, dieß namentlich beim Genusse mehlig-schleimiger Speisen. Die entferntern Ursachen sind dürftige Lebensweise, beständiger Genuß mehliger, säuerlicher Speisen, Ausschweifungen, Erkältungen, Zurücktreten von Gicht, Rheumatismen. Die Krankheit ist selten heilbar. Ihre Behandlung erfordert Vermeidung aller zuckerigen, mehligen Nahrung, dafür Fleischspeisen, Eier etc.; ferner Bethätigung der Hautfunktion durch warme Bekleidung, Flanellhemden, Reibungen, Bäder. Innerlich kommen in Anwendung die bittern Mittel, namentlich Ochsengalle, die tonischen und astringirenden Mittel, Eisen, China, Alaun etc., die Alkalien und Opium.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 368.
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