[60] Schäferpoesie, näher das Schäferdrama und der Schäferroman, eine Hauptgattung der bukolischen od. idyllischen Poesie, s. Bukolische Poesie und Idylle. Schäfergedichte in allen möglichen Kunstformen verbreiteten sich seit dem 16. Jahrh. von Italien aus allenthalben und kamen erst gegen das Ende des vorigen Jahrh. alsgemach aus der Mode. Den ersten, noch jetzt als classisch geltenden Schäferroman, Arcadia, schrieb der lat. Dichter Sannazaro aus Neapel (geb. 1458, gest. 1530). Die Italiener Poliziano und Agosto Beccari führten das Schäferdrama ein, durch Torquato Tassoʼs »Aminta« erhielt dasselbe seine kunstmäßig veredelte Gestalt, durch den Pastor fido (1590) des G. Guarini kam es überall in Aufnahme; G. Marino (geb. 1569, gest. 1625) machte seine regellose excentrische Manier auch in der S. geltend u. fand Nachbeter genug. In Spanien war Garcilaso de la Vega (gest. 1536) in der S. classisch, ihm folgten Cantoral, die Portugiesen Montemayor und Miranda, Padilla (gest. 1595), Cervantes, Balbuena (gest. 1627) u.a.m. Die S. der Franzosen glänzte durch Prunk und Unnatur; der dickleibige Schäferroman lʼAstrée (1610) des Honoré dʼUrfé war im Zeitalter Ludwigs XIV. ein vielgelesenes Buch, ist aber als monströses Machwerk jetzt längst vergessen. Die Engländer ahmten in der S. theils die [60] Alten theils die Italiener nach, Ph. Sidney (gest. 1586) machte mit seiner Arcadia, einem politisch-allegorischen Schäferroman in schwerfälligen Hexametern, bedeutendes Glück, wurde aber von andern, namentlich von Spencer überflügelt. Von der S., die in Deutschland im 17. Jahrh. durch den Palmenorden u. namentlich durch die süßlichen, tändelnden Pegnitzschäfer aufkam, ist das Beste was gesagt werden kann, daß Göthe die dramatische Form derselben mit seinen Singspielen, namentlich mit »Erwin und Elmire« frühzeitig zum Abschluß brachte, nachdem die Seladone anderer Formen der S. bereits ausgetändelt und ausgeseufzt oder doch eine naturgemäßere Tracht und Sprache sich angeeignet hatten. Vgl. Oper.