[420] Parole intérieure, stille Rede, nennt Victor Egger (La parole intérieure. Paris 1881) im Gegensatz zur äußeren, vernehmbaren Rede den Gebrauch, den wir bei jeder inneren geistigen Tätigkeit von der Sprache machen, bei der wir äußerlich schweigen. Die innere geistige Tätigkeit verläuft nicht ohne ein stilles Mitsichselbstsprechen. Wir reden still, wenn wir für uns lesen, wenn wir schreiben, wenn wir denken. Zu unserer Qual verläßt uns die stille Rede nicht, wenn der Schlaf unsere müden Glieder flicht, weil der Geist nicht zur Ruhe kommen kann. Selbst wenn wir laut reden, fehlt in den Zwischenräumen das stille Wort nicht. Es weist uns die Fährte und sagt uns das Nächste vor. Es ist ein Mittelglied zwischen dem vernehmbaren Worte und dem lautlosen Gedanken, eine Zwischenstufe zwischen Außen- und Innenwelt. Die innere Rede ist eine Nachahmung der äußeren Rede, aber sie fließt bald[420] schneller, bald langsamer als dieses erlaubt sich Abkürzungen und Sprünge und sieht sich andrerseits gehemmt und aufgehalten. Sie ist das Vehikel des Gedankens, kann aber auch der Ausdruck der Gefühle und Leidenschaften sein. Ohne das innere Wort wäre der Geist wie vernichtet, gelähmt und ohne Fährte und Richtung. Es erlaubt ihm, an Stelle der Idee selbst, sich mit dem Zeichen der Idee und seiner Reproduktion zu behelfen, und erleichtert den Gedankenprozeß im höchsten Maße.