[59] Doch ziehen die Sünden allerhand Plagen und Trübsalen nach sich, so sind die Übel, so auf die Sünde folgen, auch hinwiederum solche gesegnete Arznei-Mittel, die Sünde einem zu verleiden, und zu machen, daß man hinfüro lernet vorsichtiger sein, und wie ein gebrannt Kind sich vor dem Feuer fürchten; zum wenigsten eine Zeit lang. Das traf bei mir ein. Weil ich wohl wußte, was die Familiarität mit der obgedachten Magd mir vor Verdrüßlichkeit, Angst und Sorgen gemacht, so hütete ich mich vor dergleichen Leuten, so viel ich konnte, um mich nicht mit ihnen gemein zu machen. Die Gemüts-Kränkung auch, die ich noch hatte, daß ich nicht in Primum Ordinem gekommen, war zufälliger Weise mein Glücke, auch vor einem großen Unglücke mich zu præserviren [bewahren], in welches mich sonst die Gelegenheit leicht würde haben bringen können. Ich gieng denselben Sonnabend, da die Translocation [Versetzung] geschehen war, spazieren, die Grillen zu vertreiben. Ich machte eine Tour nach Tische zum Ziegel-Tor hinaus, das von dem Hause des Predigers nicht weit entfernet war, und gieng nach dem Ohlauischen Tore zu. Der große Durst, der mich ankam, veranlaßte mich, in das am Wege stehende Wirts-Haus hinein zu gehen, in willens, nur eine Kanne Bier zu trinken. Ich wußte[59] nicht, daß dieses die sogenannten eilf Breter wären; denn diese waren mir längst, als das ärgste Huren-Haus beschrieben worden. Proh Deum immortalem! [Allmächtiger Gott!] Was habe ich da gesehen, und gehöret! Cur aliquid vidi, cur noxia lumina gessi? Wie frei redete man da von der Sünde! Wie ganz ein anders Systema hatten da die bösen Buben, als wir in dem Gymnasio! Die Wirtin war, wie die Welt; und wollte mich reizen länger zu bleiben hier, und zeigte mir auch ihr liebes Gut, ihre Aufwärterin, und ihre Töchter, und alle ihre Zier, ermahnte mich, ich sollte es ihnen zutrinken; alleine ich achtete solches nicht, sondern eilete, so bald ich konnte, von dannen. Ich mag nicht erzählen, was sie vor einen liederlichen Reim machte, weil ich sagte, daß ich nicht könnte warten; ich kann aber so gewiß nicht sagen, ob mich damals mehr die Furcht Gottes, oder die natürliche Blödigkeit [Schüchternheit] der Jugend, und der damalige Verdruß, der mir im Kopf steckte, vom Bösen abgehalten. Zum wenigsten taten es Textoris Episteln nicht, die ich bei mir hatte, und die ich sowohl auf dem Wege, als in der Schenke las.