Nothwendigkeit und Macht der Obrigkeit.

[249] Es muß Obrigkeit in der Welt sein, damit Recht und Ordnung erhalten werde. Denn[249] was meinest du, würde aus einem Lande werden wo keine Obrigkeit wäre? Ich halte dafür, sie würden sich allesamt einander die Hälse brechen, und, wer den andern vermöchte, der träte ihn mit Füßen. Wir würden nicht können unverletzt bleiben, und sicher sein vor Dieben und Mördern, wenn man ohne die Regenten wäre. Es würden alle Städte und Dörfer erfüllet werden mit Dieberei, Betrug, Mord, Ehebruch und allen greulichen Lastern. Denn es kann also noch schwerlich Zucht erhalten werden, da man doch Obrigkeit hat, daß nicht bisweilen böse unruhige Menschen unsern Leib und Gut angreifen und uns daran beschädigen. Derohalben müssen solche böse Buben mit Feuer, Schwert und andern Strafe gezwungen werden, denn sonst würden die Leute ungestraft thun alles, was sie nur selbst gelüstet. Das hat denn auch der liebe Gott eingesehen, und gar weislich verordnet, daß Obrigkeiten sein sollen, damit dem Bösen durch Zwang und Strafe, so viel geschehen kann, gesteuert werde. Wie denn auch ich von keinem Lande weiß, wo nicht Obrigkeiten wären, die andern befehlen und[250] sie strafen, wo sie wider die Gesetze des Landes handeln. Derohalben müssen die Obrigkeiten und Aemter bleiben, davon Röm. 13, 3. saget: »Willst du dich nicht fürchten vor der Obrigkeit, so thue Gutes, so wirst du Lob haben. Denn sie ist Gottes Dienerin dir zu gut. Thust du aber Böses, so fürchte dich, denn sie trägt das Schwert nicht umsonst«. Es ist auch vonnöthen, daß die Obrigkeit, Könige und Fürsten mit äußerlichem Gepränge und Schmuck umgeben sein, nicht zur Hoffarth, sondern zur Noth, welche solchen Unterschied der Personen fordert und haben will. Denn die Obrigkeit soll den Leuten in die Augen fallen, damit sie dieselbe nicht verachten und mit Füßen treten.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 249-251.
Lizenz:
Kategorien: