[258] Die Obrigkeit sei, wie sie wolle, gut oder böse, so darfst du des gemeinen Friedens willen dich nicht dawider setzen. Es ist wohl leicht, eine Obrigkeit und Regenten bei Seite schaffen aber es ist nicht gleich eine bessere da. Da wollte wohl Kunz und Hans Herr sein und regieren, und keiner gehorchen, und alles voller Regenten sein, daß man vor lauter Herren davon laufen möchte. Und meinest du nicht, daß das weit schlimmer wäre als vorher. Es ist doch besser, von einem geschunden zu werden, als on allen, weil einer doch wohl endlich des Schinden satt wird, und einem doch wohl noch ein wenig heile Haut läßt. Und wenn es erlaubt wäre, Gewalt zu brauchen, so dürfe man wohl gute Obrigkeiten für böse ansehen, und sie unter die Füße treten, da denn alles drunter und drüber gehen würde. Denn welche Obrigkeit, auch wo sie die christlichste ist,[258] hat nicht ihre Feinde, denen sie nicht genug geben oder verstatten kann. Ich möchte die Obrigkeiten wohl auf den kleinen Finger alle zusammen schreiben können, die nicht Feinde und Widersacher hätten. Aber sprichst du: es giebt wohl auch schlimme Obrigkeiten. So will ich dir sagen, daß du auch sie dulden mußt, wo du nicht größer Unglück über Land und Leute bringen, und Blut und Menschenköpfe auf deinen Hals laden willst. Fahre du nur fort und gieb ihr die Ehre, es wird schon besser werden, denn bei allem Bösen, was sie thut, thut sie dir doch auch Gutes und giebt dir Ruhe und Schutz vor Bösewichtern. Darum darf es durchaus nicht sein, daß dem Pöbel erlaubt sei, die Faust wider die Obrigkeit aufheben und zum Schwerte zu greifen, als der da wollte die Obrigkeit strafen und richten. Nein das sollen sie lassen. Gott will und hat es ihnen nicht befohlen. Darum sollen sie nicht selbst Richter sein und sich selbst rächen oder mit Frevel und Gewalt verfahren. Ist die Obrigkeit ungerecht, so will er sie wohl selbst finden, und besser, denn sie sonst niemand finden kann. Wie denn[259] auch gesagt ist: Gott stehet in der Gemeinde Gottes, und ist Richter unter den Göttern, das ist, unter den Obrigkeiten und Vornehmen. Als wollte er sagen: Niemand unterwinde sich, die Obrigkeiten zu richten und zu meistern, sondern sei stille, halte Friede und leide. Wiederum auch die Obrigkeiten sollen nicht stolz und muthwillig sein, denn sie sind nicht also über die Gemeinde Oberherren, als wären sie alleine, und möchten es machen, wie sie wollten. Nein nicht also: sondern Gott ist selbst auch da und will sie richten und strafen. Er stehet in seiner Gemeinde, denn die Gemeinde ist auch sein; wiederum, er richtet die Obrigkeit, denn sie ist auch sein. – Im äußerlichen weltlichen Leben soll die Ungleichheit bleiben; wie denn die Stände ungleich sind. Ein Bauer führet ein ander Leben und Stand, denn ein Bürger; ein Fürst einen andern Stand, denn ein Edelmann. Das will Gott also haben! Wer da wollte eine Gleichheit machen, daß der Knecht so viel gelten soll, als sein Herr, die Magd so viel Gewalt haben, als die Frau, ein Bauer so viel als sein Fürst, der würde ein sehr löbliches Regiment[260] einführen, wie man an den Aufrührern wohl gesehen hat. Da würde wohl niemand seines Lebens, Ehre und Gutes sicher sein können und keine Nacht ruhig schlafen. – Die Heiden sagen auch, die Aenderung der Regimente und Rechte gehe ohne großes Blutvergießen nicht zu; und ehe man in Deutschland eine neue Weise des Reichs anrichtete, so wäre es dreimal verheeret. Darum ich mir nicht lasse gefallen den Meister Klügling, so die weltlichen Rechte meistert, oder alle, die es besser machen wollen. Es ist nicht zu rathen, daß man es ändere, sondern flicke daran, wer kann, weil wir leben, strafe den Misbrauch, und lege Pflaster auf die Blattern. Wird man aber die Blattern ausreißen mit Unbarmherzigkeit, so wird den Schaden und Schmerzen niemand bas fühlen, denn solche kluge Balbierer, die den Schwären lieber ausreißen, denn heilen wollen. Es bleibet wohl dabei, wo ein ungesunder Leib ist, daß daselbst auch Blattern und Eiter sind. Regiment aber ist ein solches blatterichtes Kind, das die Bocken und Masern hat. Darum müssen darinne etliche fromme[261] sein, die es bei dem Leben und Wesen erhalten, daß es nicht zu Grunde gehe. Ich setze euch selbst hier zu Richtern, und stelle es in euer Urtheil, welcher Räuber der ärgste sei: ob es der sei, der einem ein groß Stück Gut nimmt und läßt ihm doch etwas, oder der, so einem alles nimmt, das er hat. Ihr wollt nun der Obrigkeit alle ihre Gewalt nehmen. Darum seid ihr die größten Räuber. Könnt ihr nicht denken, daß, wenn euer Vornehmen soll recht sein, so würde ein jeglicher wider den andern Richter werden und keine Gewalt noch Ordnung und Recht bleiben in der Welt, sondern eitel Mord und Blutvergießen? Denn sobald er sähe, daß ihm jemand unrecht thäte, würde er zufahren und selbst ihn richten und strafen. Ist nun das unbillig und nicht zu leiden von einer einzeln Person, so ist es auch von keiner Rotte und Haufen zu leiden. Denn es ist auf beiden Theilen gleiches Unrecht. Darum ist über einen jeden Aufrührer jeglicher Mensch beides, Oberrichter und Scharfrichter. Gleich als wenn ein Feuer angehet, wer am ersten löschen kann, ist der beste. Denn Aufruhr ist nicht ein schlechter[262] Mord sondern wie ein groß Feuer, das ein Land anzündet und verwüstet. Darum soll hier zuschmeißen, würgen und stechen, wer da kann, und gedenken, daß nichts giftigeres, schädlicheres und teufelischeres sein kann, als ein Aufrührer. Gleich als wenn man einen tollen Hund todtschlagen muß schlägst du nicht, so schlägt er dich und mit dir das ganze Land. Denn ein Mörder oder anderer Uebelthäter läßt das Haupt und die Obrigkeit stehen, und greift nur seine Glieder und Güter an; ja er fürchtet sich vor der Obrigkeit. Aber ein Aufrührer greift das Haupt selbst an, und fällt ihm in das Schwert und Amt, daß sein Frevel kein Gleichen hat gegen den Mörder. – Dem gemeinen Mann ist nun sein Gemüth zu stillen und zu sagen, daß er sich enthalte auch der Begierden und Worte, so zum Aufruhr sich lenken. Denn die Weise ist nichts nütze, bringt auch nimmermehr die Besserung, die man damit suchte. Denn Aufruhr hat keine Vernunft, und geht gemeiniglich mehr über die Unschuldigen, als über die Schuldigen.