III. Lucilie.

Es war in dem für Deutschland so verhängnisvollen Jahre 1813, in diesem Jahre, wo wir Frauen unsre Gatten doppelt liebten, weil sie für uns und die Befreiung des Vaterlandes in den Kampf hinauszogen, aber zugleich auch unaufhörlich für sie zittern mußten, wo auch ich, wie so viele Andere, gezwungen war, mich nach einem ruhigen Aufenthalte, nach einem Asyle umzusehen, wo ich gegen die Verfolgungen sicher wäre, von denen ich mich, als die Gattin eines in den Freiheitskampf Hinausgezogenen, bedroht sah.

Ich fand ein solches, und zugleich ein stilles Glück, einen segensreichen Wirkungskreis und liebevolle Verwandte und Freunde.

Es war das nahe Dänemark mit seinen vielen Inseln, das uns armen Umhergetriebenen groß müthigen Schutz verlieh, obgleich es, durch die[93] Gewalt der Umstände vielleicht mehr, als durch die Neigung seines Beherrschers, seine Fahnen mit denen Napoleons vereint hatte. Als Eingeborene des Landes und noch zu jung, als daß ich durch den Aufenthalt in der Fremde mein Indigenats-Recht hätte verloren haben können, begab ich mich mit Vertrauen in die Heimath zurück, die meiner Erinnerung fast schon entschwunden, und so wieder frisch und neu für mich war.

An der nördlichsten Spitze Holsteins und von diesem Herzogthume nur durch eine schmale Meerenge getrennt, liegt eine kleine Insel, die sowohl durch die Biederkeit und Gastfreundlichkeit ihrer Bewohner, als durch ihre außerordentliche Fruchtbarkeit berühmt ist. Sie hat einen Umfang von sieben Meilen und zählt zwei und vierzig Dörfer, nebst einer kleinen Stadt, die ziemlich weit nach Süden und nur eine Viertelstunde vom Meere entfernt liegt. Eine weite, fruchtbare Ebene breitet sich vor den Blicken aus, so wie man ihren Strand betritt; unabsehbare Getraidefelder umgeben reizende Dörfchen und Weiler; schmale Flüßchen und Bäche durchströmen die Ebene; von Waldung findet man kaum eine Spur und selbst Bäume sind nicht allzuhäufig, ausgenommen vor den Häusern und in den Gärten,[94] anzutreffen, weil sorgsam jedes Fleckchen zum Ackerbau benutzt ist und der Schatten der Bäume diesem hinderlich sein würde.

Die meisten Bewohner dieser Insel, namentlich der weibliche Theil derselben, wissen vom Festlande wenig oder gar nichts, und obschon nur durch eine schmale Meerenge von diesem getrennt, giebt es doch noch viele, die es nie betreten haben. Dies hat den braven Leuten eine Einfachheit der Sitten erhalten, die man kaum noch antreffen zu können glaubt. Gastfreundlichkeit ist ein hervorragender Zug derselben, und der Fremde darf mit vollem Vertrauen in jedes Haus, in jede Hütte treten; man wird ihn mit dem Besten bewirthen, was man hat, man wird ihm Kuchen vorsetzen, die jede ordentliche Hausfrau stets im Vorrathe hat, Kaffee, Thee oder den schönen norwegischen Meth, der so lebhaft an die Götter der Vorzeit, die ihn in Walhalla tranken, und an so viele andere, ächt nordische Traditionen erinnert, und der hier so gut angetroffen wird, daß er den Wein völlig ersetzt.

Auf diesem so kleinen Flecke findet man noch eine unendliche Menge von Sagen; fast an jedes Dorf, an jeden Erdhügel knüpfen sich solche, und werden an den langen Winterabenden in den[95] Spinnstuben mit Lust erzählt und angehört. Auch eine Burg-Ruine hat die Insel aufzuzeigen; sie liegt auf einer langen, schmalen Erdzunge, am äußersten Rande derselben. Der Fuß der Burg, die einst hier stand, wird von den Meeres-Wellen gepeitscht; auch besteht das Fundament gänzlich aus ungeheuren Felsenblöcken und trotzt noch jetzt dem Wogendrange. Hier haben die berühmten, unter dem Namen der Victualien-Brüder bekannten Seeräuber, oder vielmehr See-Könige, wie sie sich gern nennen ließen, gehaus't, die so lange der Schrecken der Ost- und Nordsee, namentlich auch der Hanse- und Küstenstädte waren. Von dieser Burg aus erspähten die furchtbaren, zuletzt in Hamburg gefangen genommenen und hingerichteten Seeräuber, Störtebecker und Göthemicheels, die von fern her kommenden Handels-Schiffe, und machten Jagd auf sie, bis König Erich von Dänemark ihre Burg brach und sie in einen Schutthaufen verwandelte. Zahllose Grausamkeiten mögen hier verübt worden sein, denn noch jetzt findet man Kellergewölbe unter den Trümmern, in denen sich armdicke Ketten mit breiten Halsringen befinden, woran man wahrscheinlich die unglücklichen Gefangenen befestigte.

In der Nähe des Meeres findet man noch einige[96] Dörfer, von deren Bewohnern man behauptet, daß sie in directer Linie von jenen gefürchteten Seeräubern abstammen, auch zeichnen sie sich nicht nur durch eine fast unglaubliche Kühnheit auf dem Meere, das sie im heftigsten Sturme zum Behufe des sehr ergiebigen Fischfangs befahren, sondern auch durch ganz eigenthümliche Sitten und Gebräuche vor den übrigen Bewohnern der Insel aus, und vermischen sich durch Heirathen nie mit denselben. Die Männer gehen fast ohne Ausnahme mit dem vierzehnten oder funfzehnten Jahre zur See, besuchen, auf nicht eben großen Schiffen, die ihnen eigenthümlich angehören, die deutschen, englischen, französischen und spanischen Küsten, ja, zuweilen sogar die afrikanischen, und kehren dann, wenn sie sich durch Handel und Schifffahrt ein kleines Vermögen erworben, in ihr Dorf zurück, wohin sie ihre alten Sitten und Gewohnheiten, trotz der gemachten Reisen, zurückbringen, und ganz so leben, wie ihre Väter.

Die Zurückgebliebenen beschäftigen sich theils mit dem Ackerbau, theils mit dem überaus ergiebigen Fischfange; eine große Menge von Fischen werden von ihnen eingesalzen und an der Sonne getrocknet, wo sie dann einen guten Handels-Artikel bilden. Von der Kühnheit, womit sie in ihren[97] schmalen, schwankenden Fischer-Böten bei jedem Wetter das Meer befahren, hat man auf dem Festlande keinen Begriff; ich will von dieser Unerschrockenheit nur ein Beispiel erzählen und man wird daraus auf das Uebrige schließen können.

Adam, ein alter Seefahrer, der sich jetzt zur Ruhe begeben, weil er fünf wackere und bereits erwachsene Söhne hatte, die alle noch bei ihm lebten – dieser kräftige Menschenschlag verheirathet sich in der Regel spät – besaß eine schöne Jacht, auf der er früher seine Fahrten gemacht und sein Vermögen erworben hatte. Sie war seine Freude, sein Stolz, und er sah sie mit gleichsam verliebten Blicken an; auch war sie in allen ihren Theilen noch wohl erhalten und schön vermalt, und schimmerte und glänzte in ihrer grünen Ueberkleidung und mit den rothen Wimpeln, wie eine schöne Blume auf dem Meere.

Jetzt sollte sie wieder bemannt und von dem ältesten Sohne in Begleitung einiger seiner jüngern Brüder an entfernte Küsten geführt werden, damit die Söhne eben da anfingen, wo der greise Vater geendet hatte. Ein Theil der Ladung, bestehend aus Getraide und getrockneten Fischen, war schon an Bord gebracht; da gab es einen Fest- und Freudentag im Hause, und da die[98] Luft rein, das Meer spiegelglatt und still war, auch die Jacht gut vor Anker lag, begaben sich die bisher auf dem Schiffe beschäftigt gewesenen fünf Söhne auf dem Ruder-Boote an's Land, um daselbst das Fest mit zu feiern; nur ein einziger Matrose und der Cajütwächter blieben am Bord zurück.

Es ging lustig her im Hause des alten Adams; die Bursche und Mägde der Nachbarschaft hatten sich auf der großen Tenne versammelt; Meth und Bier, Brot und Kuchen wurden nicht geschont, und ein Fiedler spielte den fröhlichen jungen Leuten zum Tanze auf. Vater Adam aber stand, mit der Pfeife im Munde, und sah mit dem innigsten Behagen dem fröhlichen Treiben zu.

Es war bereits Abend geworden, und so hatte man nicht die drohenden Gewitter-Wolken bemerkt, die aus dem fernen Osten aufstiegen, und, von einem frischen Nachtwinde getrieben, pfeilschnell heraufzogen. Da ging's auf einmal: Krach! Krach! und der ganze Himmel schien plötzlich in Flammen zu stehen, zugleich aber erhob sich aus Osten ein Orkan, wie man ihn nur auf dem Meere, nur in jenen Gegenden kennt.

Vater Adam sank fast die Pfeife vor Schreck aus dem Munde; dann rief er: »Jungens, die Jacht!«[99]

– »Die Jacht! ja die Jacht!« riefen diese fast verzweiflungsvoll; »was soll nun aus der werden?!«

Und Alles eilte dem Strande zu, trotz Regen, heulendem Orkan und Gewitter; Vater Adam führte den Zug an, und lief fast schneller, als die jungen Leute. Er ging der Stelle zu, wo die Söhne bei ihrer Landung das Ruderboot angebunden hatten, fand dieses zu seiner Freude noch und ergriff das Tau, womit es angebunden war.

– »In's Boot hinein und zur Jacht, ihr Jungens!« rief er dann mit einer Stentor-Stimme, die selbst das furchtbare Brausen des Orkans übertönte.

– »Ihr werdet die Söhne doch in diesem Sturme nicht in der Nußschaale da auf's Meer schicken?« riefen einige Umstehende von Entsetzen ergriffen.

– »Keiner von ihnen wird lebend an die Jacht kommen, Adam,« sagten Andere. »Wir wissen auch, was möglich ist, dies aber ist unmöglich: Eure Söhne werden von den Wellen verschlungen sein, bevor sie noch einen Knoten zurückgelegt.«

– »Laßt Euch sagen, Adam, und gebt die Jacht auf!« riefen wieder Andere.[100]

Allein Adam antwortete ihnen auf alle diese Vorstellungen nichts, sondern wiederholte nur die Worte: »Jungens, in's Boot und an die Jacht, und ich sage euch, rettet mir die!«

– »Ja, Vater!« erscholl es im Chor, und die fünf rüstigen Männer sprangen in das Boot, lös'ten das Tau, womit es am Ufer befestigt war, ergriffen die Ruder und stießen vom Strande ab.

– »Gott sei mit euch, ihr wackern Jungens!« rief der Alte ihnen nach; sie aber hörten ihn wohl nicht mehr vor Sturmgebraus und Wogendrang. Schwarz war der Himmel, schwarz das Meer; nur einzelne Blitze aus zerrissenen Wolken-Massen erleuchteten die grause Scene; die Wellen, zu Bergen aufgethürmt, wälzten sich, eine die andere überstürzend, an den Strand; immer furchtbarer heulte der Sturm und in Strömen schoß der Regen herab.

Alles floh in die Häuser; nur Vater Adam blieb am Strande zurück, die starren Blicke auf die Gegend geheftet, wo, seiner Meinung nach, die Jacht liegen mußte; ihm mochte seltsam zu Sinne sein!

Eine halbe Stunde, und drüber, floß so hin; da, als eine augenblickliche Windstille eintrat, ertönte[101] ein Kanonenschuß von der Jacht her; dann, nach einer Pause, noch einer; der dritte, vierte ließen nicht auf sich warten, der fünfte zögerte aber – Adam wußte, was dieses Signal zu bedeuten habe, und das Herz schlug ihm fast hörbar in der Brust; endlich fiel auch der fünfte Schuß, und der Alte, der jetzt alle seine fünf Söhne gerettet und auf der Jacht wußte, sank betend am Ufer auf seine Knie nieder.

Am andern Morgen, als der Sturm sich gelegt hatte, fuhr er zur Jacht hinüber und traf alle fünf Söhne ruhig plaudernd beim Morgen-Imbiß an.

– »Nun, Jungens,« sagte der Alte, sie mit Stolz und Freude zugleich betrachtend, »wie schmeckt's nach der gestrigen Fahrt? Gelt! das war ein Weter! Werdet Zeitlebens daran denken, und euern Enkeln noch davon erzählen. Die Jacht ist mir aber nun doppelt lieb, ich hab' sie sauer, Brett für Brett, Nagel für Nagel und Balken für Balken mir erwerben müssen, und ihr habt sie mir jetzt erhalten. Ich sage euch, schlagt sie nicht los, und wenn man euch auch noch so viel dafür bieten sollte, wenn ich nicht mehr bin! Sie kann noch lange das Meer befahren, wenn sie nur immer gut erhalten wird.«[102]

Die Söhne versprachen ihm das mit Hand und Munde; er setzte sich zu ihnen und theilte ihr Frühstück, das er durch Erzählungen aus seinem eigenen Seefahrer-Leben und der von ihm bestandenen Gefahren würzte.

Der alte Adam lebt noch und seine fünf Söhne haben die geliebte Jacht von mancher gefahrvollen Fahrt immer glücklich wieder nach dem vaterländischen Strande zurückgeführt; nachgerade ist sie aber wohl alt und invalide, wie ihr Erbauer, geworden.

Solcher Erzählungen kann man viele auf der Insel hören, und der Adame giebt's dort noch mehre, und weil ich einmal dabei bin, von der Kühnheit der Seeleute jener Gegenden zu erzählen, will ich noch eine andere hübsche Geschichte mittheilen, die gewiß Manchen ansprechen wird; die Wahrheit derselben kann ich verbürgen.

In dem hohen Königsschlosse zu Copenhagen saß der unglückliche, des Lichts des Verstandes beraubte König Christian der Siebente, als plötzlich die breiten Flügelthüren des Saales geöffnet wurden und einer der dienstthuenden Kammerherren fast athemlos mit den Worten hereinstürzte:

– »Se. Majestät, der König Gustav von[103] Schweden, sind eben gelandet und wollen Ew. Majestät mit einem Besuche überraschen!«

Dem war wirklich so, und schon nach einer kurzen Weile trat die schwedische Majestät, in Begleitung eines kleinen Gefolges, zu dem wahnsinnigen Dänen-König in den Saal. Letzterer hatte gerade einen von den lichten Augenblicken, durch die er seine Umgebung nicht selten erschreckte, und in einzelnen Blitzen den früher so glänzenden, etwas stark zur Satyre sich hinneigenden Geist zeigte; so empfing er den abentheuerlichen Besuch mit den Worten:

– »Ei, sieh da! König Don Quixote!«

Nie wohl wurde etwas Witzigeres und zugleich Passenderes gesagt; bis zu Ende seines Lebens ist dieser unglückliche Schweden-König bemüht gewesen, die Rolle eines Don Quixote zu spielen.

Ob sich der Gastfreund durch diese Worte getroffen fühlte, oder ob er wirklich nur einen Besuch auf wenige Stunden beabsichtigte, kurz, er verlangte bald wieder nach Hause zurück; allein man meldete ihm, daß das Wetter überaus stürmisch und ungünstig geworden sei, und er unmöglich auf dem kleinen Schiffe, auf dem er herüber gekommen, die Meerenge passiren könne.[104] Indeß bot ihm der damalige Kronprinz und Regent, der jetzige König Friedrich der Sechste, ein größeres Schiff zur Ueberfahrt an, da er diese mit Gewalt erzwingen wollte.

Man langte beim Holm an und eins der dort liegenden Schiffe wurde zur Ueberfahrt ausersehen, auf der der Kronprinz der Begleiter seines hohen Gastes sein wollte. Allein es fand sich ein unerwartetes Hinderniß, indem die sonst so unverzagten dänischen Seeleute erklärten, daß das Wetter so beschaffen und ein so heftiger Sturm im Anzuge sei, daß man nicht See halten und die Ueberfahrt wagen könne.

– »Hm!« rief der Schweden-König, verdrießlich über dieses Hinderniß, und, wie in seinem übrigen Leben, so auch jetzt eine Bravour zur Schau tragend, die nur eine gemachte war; »hm! hätte ich nur mehr von meinen schwedischen Jungens hier, so wollt' ich schon hinüber kommen!«

Dieses Wort wirkte wie ein elektrischer Funke auf die dänischen Seeleute; ein alter Matrose trat vor, dicht zu dem Könige hinan, und antwortete ihm mit Wuth in Blick und Miene:

– »Deine schwedischen Jungens brauchst Du nicht, um da hinüber zu kommen, und wenn Du[105] mit Gewalt Dein Leben in die Schanze schlagen willst, so sind wir dänischen Theerjacken da, um Dir zu zeigen, daß wir eben so muthig sind, als Die. Holla-ho! Brüder!« wandte er sich an die übrigen Matrosen; »an die Arbeit! Die Seegel aufgehißt! Wir wollen Den da – er wies auf den König – über den Sund bringen, und Gott sei uns Allen gnädig! Der Kronprinz (dieser genoß, wie bekannt, schon als Regent eine fast abgöttische Liebe, namentlich auch beim geringen Volke) aber, der muß zu Hause bleiben, denn wenn wir gleich zur Rettung unsrer Ehre unser Leben in die Schanze schlagen wollen, so soll Er die Gefahr doch nicht mit uns theilen.«

Mit diesen Worten sprang er in's Boot, ihm folgten die Andern; man lud den König, der weiß wie ein Marmor geworden war und einen solchen Erfolg seiner Großsprecherei nicht erwartet hatte, ein, gleichfalls in's Boot zu steigen, was dieser gut oder übel jetzt thun mußte, und fort ging's an das Schiff, das bald in die offene See hinauslief. Der gefürchtete Orkan blieb nicht aus; allein die Seeleute waren so ruhig und besonnen, als ob sie Land unter den Füßen hätten, und so groß auch die Gefahr, so nahe man auch oft dem Untergange war, so wurde doch kein Gesicht bleich,[106] als das des Königs, und die alten Theerjacken flüsterten einander nur zu:

– »Wir werden Alle kaput (zu Grunde) gehen; aber ein Glück ist's, daß wir Ihn (den Kronprinzen) zurückgelassen haben!«

Die Befürchtungen der wackern Männer gingen nicht in Erfüllung, und nach einer Fahrt, an die der König gewiß Zeit seines Lebens gedacht haben wird, landete man an der schwedischen Küste. Die Schiffs-Mannschaft schlug standhaft die ihr vom Könige dargebotene ansehnliche Belohnung aus, und der alte Matrose, der zuerst das Wort geführt hatte, nahm es auch jetzt, indem er zu dem Könige sagte:

– »Wir sind schon zufrieden, da wir Dir gezeigt haben, was die dänischen Jungens zur See vermögen.«

Als sie wieder auf der Rhede von Copenhagen anlangten, gab's Jubel auf allen Schiffen; alle diese Männer würden es aber ganz so gemacht haben, wie ihre von ihnen belobten und gefeierten Brüder; denn da es die Aufrechthaltung ihrer National-, besonders aber ihrer Seemanns-Ehre galt, und obendrein gegen die verhaßten Schweden, würde Keiner an sein Leben gedacht haben.

Ich bin einmal beim Erzählen von hübschen[107] Seemanns-Geschichten, und da ich hoffe, daß sie den Lesern nicht unwillkommen sein werden, füge ich noch einige hinzu.

Einer meiner nächsten Anverwandten, W. mit Namen, war von seiner frühesten Jugend an auf der See gewesen, und jetzt, in seinem acht und zwanzigsten Jahre, ein Capitain, wie es wenige giebt. Alle Meere hatte er befahren, eine Reise um die Welt mitgemacht, drei Schiffbrüche erlitten und Gott weiß wie viele Stürme bestanden. Zu Lande war er sanft, bescheiden, aber zur See, wie er selbst sagte, »ein Teufel,« das heißt, er hielt seine Leute strenge; allein trotz dem liebten sie ihn, weil er gerecht gegen sie war und es ihnen an nichts fehlen ließ. Einst im Spätherbste bekam sein mit einer reichen Ladung von Fellen befrachtetes Schiff in der Mündung der Elbe ein Leck; man segelte trotz dem bis Blankenese hinunter, hier aber drohte das Schiff zu sinken und der Capitain konnte die Mannschaft, die ihren Tod vor Augen sah, nicht länger abhalten, sich in die Boote zu werfen, um ihr Leben zu retten. Er aber blieb; denn hätte auch er das Schiff verlassen, so würden die noch in ihren Kirchen um einen »reichen Strandsegen« bittenden Blankeneser Schiff und Ladung für verlassen[108] und als gute Beute erklärt haben. So lange aber noch ein Mensch darauf war, durften sie das nicht, und daher blieb der Capitain, obgleich mit Gefahr seines Lebens. Dieses war nicht nur durch das im Schiffe immer höher steigende Wasser bedroht, sondern auch durch die im übelsten Rufe stehenden Küsten-Bewohner; daher schritt der Capitain vom Kopfe bis auf die Füße bewaffnet auf dem Verdeck einher und spähete während der 48 Stunden, die er so zubrachte, sorgfältig nach allen Seiten um, ob man sich ihm auch in feindlicher Absicht nahe.

Es war spät im November und fror bereits tüchtig, besonders des Nachts: »'s war ‚ne schlimme Tour,« sagte der Erzähler; allein er hielt Alles aus, um seine reiche Ladung, so Gott wollte, zu retten. Endlich kam Hülfe von Hamburg her; das lecke Schiff, das jeden Augenblick zu sinken drohte, wurde glücklich in den Hafen buxirt und die Ladung war geborgen. Diesen Heldenmuth belohnten die Hamburger Assecurateure, denen große Summen dadurch erspart wurden, durch das Geschenk eines silbernen Ehren-Bechers, der bis zum Rande mit neugeprägten holländischen Dukaten angefüllt war.

Ein Andermal führte Capitain W. 72 Auswanderer[109] nach Amerika hinüber, als sich, schon nahe an der Küste von Nord-Amerika, ein wüthender Sturm erhob, der das Schiff weit verschlug. Keiner glaubte mit dem Leben davon zu kommen und die armen Auswanderer erhoben ein Weinen und Wehklagen, daß dem Capitain angst und bange wurde und seine Besonnenheit ihn zu verlassen drohte. Da griff er zu einem energischen Mittel, trieb, mit der Pistole in der Hand, die 72 Auswanderer, die nicht vom Verdeck weichen wollten, in den Raum hinab, verschloß die Luke und stellte sich mit seiner tödtlichen Waffe davor, indem er hinabrief, daß der Erste, der den Versuch wagen würde, auf's Deck zu kommen und seine Manoeuvre zu stören, des Todes sein solle.

Jetzt ertheilte er seine Befehle mit der größten Kaltblütigkeit und Ruhe, und ihm wurde eben so gehorcht. Der Sturm legte sich; man hatte zwar einen Mast kappen müssen, aber das Schiff, das schon ganz auf der Seite gelegen, weil es auf ein Felsenriff gestoßen war, wurde wieder flott, man war so glücklich, den Leck zu stopfen und die braven Seeleute sahen ihre nahe Rettung vor Augen.

Jetzt stieg mein Capitain furchtlos und unbewaffnet in den Raum hinab.[110]

– »So, Kinder, nun sind wir mit Gott geborgen, und hoffentlich wieder gute Freunde,« sagte er, den Nahestehenden zutraulich die Hand reichend, die ihm herzlich geschüttelt wurde. »Aber was ist denn das?« rief er, sich nach einer andern Seite umdrehend, von woher die Stimme eines Neugeborenen sich hören ließ.

– »Ein Kind,« sagten Einige; »die arme junge Frau hat es während der Sturmes-Noth, vermuthlich vor Angst zu früh, geboren.«

– »Nun, dazu werd' ich Gevatter stehen müssen,« sagte der Capitain lachend, »und ich wil's, wenn's Euch recht ist,« wandte er sich an die junge Mutter, die sein Anerbieten mit Dank annahm. Dann ging er, um selbst eine gute, kräftige Weinsuppe für die Wöchnerin zu kochen, und er pflegte sie so, daß er mit Kind und Mutter glücklich in den Hafen von New-York einlief. Er überlieferte, trotz dem was vorgegangen war, statt 72 Auswanderer, deren 73, und alle amerikanischen Blätter waren voll seines Lobes, das ihm auch von Seiten der Staats-Behörde schriftlich auf die schmeichelhafteste Weise ertheilt wurde.

Jetzt kehrte er, von New-York nach Bordeaux gehend, nach Europa wieder zurück. Zu ihm an Bord hatte sich ein alter Franzose begeben, der[111] große Reichthümer in Amerika gesammelt hatte und sie nun im Vaterlande genießen wollte. Er hatte das Schiff des Capitains W. zur Ueberfahrt erwählt, weil der Führer desselben in dem besten Rufe, sowohl als Mensch, denn als Seemann stand.

Sein Unglück aber wollte, daß er einst, als er ruhig neben dem Capitain auf dem Deck saß, und mit diesem plauderte, sagen mußte:

– »Es ist wahr, Herr Capitain, Sie sind ein Seemann, wie es wenige giebt; allein im Schnellsegeln nimmt es doch keine andere Nation mit den Amerikanern auf.«

Dies ärgerte unsern Dänen; er ließ alle Segel beisetzen, und jetzt begann eine Fahrt, wie die des »fliegenden Holländers,« wovon die Seeleute so viele grausenhafte Geschichten zu erzählen wissen. Vergebens bat und beschwor der arme Franzose, der sein unbedachtes Wort gern wieder durch Tausende zurückerkauft hätte, unsern Capitain, es doch sachter angehen zu lassen, es ging nur um so schneller; vergebens fiel ihm sogar der unglückliche, um sein Leben besorgte Mann zu Füßen, nichts rührte den piquirten Capitain!

– »Ich wußte aber doch, was ich that,« fügte er lächelnd hinzu, als er mir diese Geschichte erzählte;[112] »und wirkliche Gefahr war keinen Augenblick vorhanden. Ich wollte dem Franzmann nur zeigen, daß ich eben so schnell zu segeln verstände, als die Amerikaner, die in ihrer tollen Segelwuth oft Schiff, Ladung und Mannschaft auf's Spiel setzen.«

Endlich lief das Schiff wohlbehalten und nach einer unglaublich schnellen Fahrt in die Garonne und dann in den Hafen von Bordeaux ein. Der arme Franzose, welcher vor Angst hatte weder essen noch trinken können, war zum Skelett abgemagert, als er den Fuß wieder auf das Festland und den heimischen Boden setzte, und er war so aufgebracht auf unsern Capitain, daß er, die ihm angeborene Höflichkeit beiseit setzend, ohne Lebewohl zu sagen vom Bord ging; lächelnd sah ihm W. nach.

Nach einigen Tagen traf er seinen armen Franzosen an der Börse; so wie dieser seiner aber ansichtig wurde, wendete er sich ab und vermied den Anblick seines Peinigers. Drei Tage ging das so fort; am vierten aber kam der Franzmann lächelnd auf ihn zu, reichte ihm die Hand und sagte:


»Soyons amis, Cinna!


Sie sind doch ein tüchtiger Mann, Capitain, und[113] wer das bestreiten wollte, würde es mit mir zu thun bekommen. Sie frühstücken morgen mit mir, nicht wahr?«

Die Einladung wurde angenommen und Beide wurden wieder die besten Freunde. Capitain W. erzählte diese Geschichte gern, und man hörte ihm gern zu, wenn er sie in seiner naiven Manier erzählte.

Jetzt sei es genug mit allen diesen Abschweifungen, die bei der Erinnerung an meine geliebte Heimath in mir auftauchten, und die ich nicht unterdrücken zu müssen glaubte, da ich dem Leser nicht nur »kleine Bilder,« sondern auch »Erinnerungen« in diesem Buche versprochen habe.

Obgleich durch meine Vorfahren fast mit der ganzen heimathlichen Insel verwandt, so waren meine nächsten Verwandten doch die Familie des Propsten H – daselbst, und ich fühlte mich um so mehr zu ihr hingezogen, da ich bei den Mitgliedern derselben neben wahrer Herzensgüte, Gastfreundschaft und vielen schönen Tugenden, auch eine Bildung antraf, die mir zusagte. Diese Familie bestand aus meinem Onkel, meiner Tante, zweien hübschen, liebenswürdigen Töchtern, einer Schwester meiner Tante, die lange in Frankreich gewesen war, und – Lucilien. Letztere war[114] kein Mitglied, sondern nur eine Freundin, oder wenn man will, Kostgängerin des Hauses.

Dieses zarte, kleine, fast ätherische Wesen mußte gleich auf den ersten Blick auffallen. Ein blendend weißer Teint, hellblaue aber doch sehr lebhafte, obschon nicht eben große Augen, eine feingebogene, sehr schöne, man möchte sagen, vornehme Nase, ein hübscher Mund, gute Zähne und eine schöne, edle Form des Gesichtes zeichneten Lucilie aus. Ihre Haut war so zart und weiß, daß man sie hätte durchsichtig nennen können, auch färbten sich die sonst bleichen Wangen bei jeder geistigen oder körperlichen Bewegung gleich mit jenem zarten Rothe, das dem der schönen Rose gleicht, die man das erröthende Mädchen nennt. Die Gestalt war, wie schon angedeutet worden, sehr klein, aber zugleich zierlich und wohlgebildet, und der Anzug zwar einfach, aber äußerst geschmackvoll.

Bald bemerkte ich auch, daß Lucilie nicht nur sehr viele Bildung, sondern den Ton der großen, ja den der wirklich vornehmen Welt besitze; auch hatte sie viel und mit Nutzen, selbst in fremden Sprachen, gelesen. Ihr Humor war einer jener leichten, anmuthigen, die machen, daß man sich so wohl und behaglich in seiner Nähe fühlt; Lucilie[115] war voll Witz und Verstand, sie hatte gleich für Alles eine passende, oft schlagende Antwort, liebte es aber auch, dasselbe Witzwort – ich nannte diese ihre stereotypen Witze – bei vorkommenden Gelegenheiten zu wiederholen, so daß man oft schon vorher wußte, was sie sagen würde. Allein sie sagte Dasselbe immer zwar mit denselben Worten, doch mit einer andern Manier, mit einer andern Betonung der Stimme, so daß es doch wieder neu war; fremde Witze eignete sie sich nie an, sondern bestritt Alles aus eigenen Mitteln.

Auffallend war es mir, daß man sie in der Familie, deren Mitglied sie seit Kurzem geworden war, zwar innig und aufrichtig liebte und ihren Wünschen in allen Stücken entgegen kam, zugleich aber eine Art von Aufsicht und Herrschaft über sie ausübte, die nicht wohl mit ihrem Stande, ihrer Geburt und ihrem Vermögen in Einklang zu bringen waren, und daß sie sich dies ohne Widerrede gefallen ließ. Zwar war sie, als ich sie kennen lernte, noch jung; allein sie war bereits Frau und Mutter; doch behandelte man sie in vielen Dingen, wie man etwa ein junges, leichtsinniges Mädchen behandeln würde, dessen Bewachung man übernommen.

Wenn ich, von einer leicht begreiflichen und[116] verzeihlichen Neugier getrieben, nach Luciliens früherem Leben und ihren jetzigen Verhältnissen fragte, erhielt ich ausweichende Antworten, und endlich sagte man mir gerade heraus: »Wenn sie selbst Ihnen nicht ihre Erlebnisse und Schicksale erzählt, dürfen wir es nicht thun, weil wir die Geheimhaltung derselben angelobt haben.«

Ihr Vertrauen wurde mir indeß nicht lange vorenthalten und bald fühlte sie selbst den innigsten Trieb, sich mir mitzutheilen. Das erste Band zwischen uns wurde durch die Musik gebildet, die ich gern übte und die sie fast mit Leidenschaft liebte. Abends, in der Dämmerung, mußte ich ihr nicht nur eine Menge Lieder vorspielen und vorsingen, sondern, was sie noch lieber hatte, auf dem Fortepiano phantasiren, worin ich zu jener Zeit einige Fertigkeit besaß; sie vergoß oft die süßesten Thränen dabei und konnte nicht genug davon bekommen. Dann wollte sie, weil das Clavier ihr zu schwer war, Guitarre von mir lernen; allein bei ihrer großen Flüchtigkeit wurde nicht viel daraus, und unsre Lectionen endeten gewöhnlich damit, daß ich spielen und singen mußte, und sie, in einen Winkel des Sopha's gedrückt, mir zuhörte.

An einem Abende, wo wir bis zum Dunkelwerden[117] musicirt hatten, und ich endlich aufstand, um mich nach meinem Hause zu begeben, das nur wenige Schritte von dem meines Onkels entfernt lag, und nachzusehen, ob mein Söhnchen von der treuen Magd zu Bette gebracht und Alles in gehöriger Ordnung sei, erbot sie sich, mich zu begleiten. Der Knabe lag, als wir in meiner Wohnung anlangten, bereits im tiefsten Schlafe; Kinder sind immer schön, wenn sie schlafen, und auch mein Carl war es in diesem Augenblick. Sein blühendes Antlitz, seine feine, weiße Haut, das von der weißen Stirn zurückgebogene Haar, die volle, fette kleine Brust und die allerliebsten, auf der Decke ruhenden Händchen machten ihn zu einem so hübschen Bilde, daß ich nicht umhin konnte, einen leisen Kuß auf seine rothen Lippen zu drücken.

Ihn betrachtend, stand Lucilie neben mir; sie hielt das Licht, und als ich mich nach ihr umsah, rollten große Thränen-Tropfen über ihre Wangen.

– »Sie weinen?« fragte ich, durch diesen Anblick überrascht.

– »Wie sollte ich nicht!« versetzte sie, und Thränen erstickten fast ihre Stimme. »Ich bin, wie Sie, Mutter; ich habe drei eben so holde[118] Kinder, als Sie eins haben; und auch nicht Eines haben die Grausamen mir gelassen – nicht Eines!«

– »Ich würde sie alle Drei fordern, würde mich um keinen Preis von ihnen haben trennen lassen,« sagte ich, ihre Hand nehmend, die heftig in der meinigen zitterte, und sie zu dem kleinen Sopha führend, das im Schlafzimmer stand.

– »Ich habe kein Recht, von den Meinigen etwas zu fordern; ich muß mich in Allem ihrem Willen fügen – ich kann sie nur durch strengen Gehorsam gegen diesen einigermaßen wieder mit mir versöhnen,« sagte sie, immer lauter und heftiger weinend, »und so habe ich ihnen denn auch dieses grausame Opfer bringen müssen. O, Sie wissen nur nicht,« fügte sie nach einer Pause hinzu, »wie schuldig, welche Sünderin ich bin, und was ich gut zu machen habe!«

Theils ihren eigenen Geständnissen, theils aus den Erzählungen meiner Anverwandten, die keinen Grund mehr hatten, über Luciliens Verhältnisse zu schweigen, nachdem diese mir ihr Vertrauen geschenkt hatte; theils endlich aus den Mittheilungen Fremder – denn die nachstehenden Begebenheiten erlangten nur zu bald eine traurige Oeffentlichkeit – entnahm ich die Geschichte der[119] zwar schuldigen, aber zugleich beklagenswerthen Frau.

Lucilie war die einzige Tochter eines bereits im Alter vorgerückten Officiers, der sich durch seine körperliche Wohlgestalt, vielleicht auch durch seine guten Eigenschaften, die Hand einer sehr reichen Erbin erwarb. Die beiden Ehegatten wurden bald durch die Geburt einer Tochter beglückt; allein theuer mußten sie dieses heißersehnte Glück erkaufen, indem Lucilie ihrer Mutter das Leben kostete. Ihr Vater, untröstlich über diesen Verlust, blieb unvermählt und so wuchs das arme Kind ohne Mutter-Liebe und Mutter-Pflege auf. Eine Fremde bewachte ihren Lebens-Morgen, und obgleich diese ihre Pflicht gegen Lucilie treu erfüllte, so entbehrte sie doch schmerzlich die Mutter, und konnte sich noch in spätern Jahren nicht darüber trösten, diese nie gekannt und sie so früh schon verloren zu haben.

So wie sich ihre Geisteskräfte zu entwickeln begannen, gab ihr Vater sie in eine Erziehungs-Anstalt, die, wie man sich denken kann, die beste in der Nähe war, und hier lernte das überaus heitre, lebenslustige und geistvolle Kind Alles, was in damaliger Zeit ein Mädchen von Stande lernen mußte.[120]

Kaum dieser Pension entwachsen, machte der Bruder ihres Vaters, ein Mann, der sich durch seine seltenen Kenntnisse zu einer der höchsten Stellen im Staate emporgeschwungen hatte, ihrem Vater den Antrag, seiner Sorgfalt die Tochter anzuvertrauen und zu gestatten, daß sie die Honneurs in seinem Hause mache, das der Sammelplatz der großen und vornehmen Welt in der Residenz war. Auch Herr von H. – so hieß Luciliens Oheim – hatte seine Gattin verloren und nur ein einziger Sohn war ihm aus seiner Ehe übrig geblieben. Vielleicht hegte er die Absicht, seine Nichte mit diesem Sohne, der ziemlich viel älter, als Lucilie war, zu verbinden, um so das große Familien-Vermögen zusammen zu halten; allein wenn dies wirklich sein Wunsch war, so scheiterte doch sein Plan theils an Luciliens deutlich ausgesprochener Abneigung gegen diese Verbindung, theils an den Grillen und Seltsamkeiten seines Sohnes, der, obschon ein Mann von den anßerordentlichsten Kenntnissen, doch so voll Grillen und Eigenheiten steckte, daß er selbst sich nicht für die Ehe gemacht fühlte und mit Bestimmtheit schon früh erklärte, daß er unvermählt bleiben wolle.

Indeß hatte Luciliens Vater dem Wunsche seines[121] Bruders nachgegeben, und statt nach Vollendung ihrer Erziehung in der Pension in das Vater-Haus zurückzukehren, wurde sie nach der Residenz gesandt, um dort dem glänzenden Hauswesen ihres Oheims vorzustehen.

Jung, heiter, lebenslustig und vergnügungssüchtig, wie sie war, konnte ihr dieses nur recht sein, und sie fühlte sich in den neuen, glänzenden Verhältnissen überaus glücklich. Auch sie gefiel allgemein und mußte gefallen, weil sie nicht nur sehr hübsch, sondern auch von jenem liebenswürdigen Humor war, der alle Herzen bezaubert und sich zu eigen macht. Bald jedoch sollte ihre Heiterkeit und jugendliche Unbefangenheit sich in das Gegentheil verwandeln, indem Lucilie einen jungen Mann kennen lernte, der mit dem gewinnendsten Aeußern einen liebenswürdigen und gediegenen Charakter und die feinsten Sitten verband.

T. – so hieß er, gab Lucilien bald Beweise seiner innigen Zuneigung und wagte es endlich, ihr von Liebe zu reden, obgleich seine äußern Verhältnisse nicht der Art waren, daß er um eine so reiche Erbin und um die Nichte und den Liebling eines so hochgestellten Mannes, wie von H. war, mit der Hoffnung auf einen glücklichen Erfolg[122] sich hätte bewerben können. Er hatte von Haus aus kein Vermögen und bekleidete zur Zeit noch eine ziemlich untergeordnete Stelle im Büreau des Herrn von H.

Die wahre Liebe läßt sich indeß weder durch solche Hindernisse unterdrücken, noch läßt sie sich dadurch abschrecken, und so fuhr T. in seiner Bewerbung um Luciliens Gunst um so eifriger fort, da er nur zu bald Gegenliebe in ihren Blicken zu lesen glaubte. Auch liebte sie ihn wirklich, und das Geständniß blieb nicht aus, da Beide oft Gelegenheit hatten, sich zu sehen und ohne Zeugen zu sprechen.

Indeß hatten die Liebenden ihr Spiel nicht so geheim treiben können, daß es dem scharfsichtigen und seinen Liebling sorgfältig bewachenden Oheim hätte verborgen bleiben können; allein die Klugheit wollte, daß er den Liebenden selbst nichts von seinen Entdeckungen sagte, und so war er nur darauf bedacht, den jungen T. von Lucilien zu trennen, wozu es ihm, in seiner hohen und ausgezeichneten Stellung, nicht an Mitteln fehlen konnte. Bald hatte sich die gewünschte Gelegenheit gefunden: eine kleine Beamten-Stelle in der Provinz war erledigt und von H. ertheilte die Bestallung dazu seinem Privat-Secretair.[123]

Man kann sich die Bestürzung des jungen Mannes denken, als sein Gönner ihm diese Gunst ertheilte, auch war seine Verwirrung so groß, daß er vergaß, den schuldigen Dank dafür abzustatten. Von H. stellte sich, als ein kluger Mann, als bemerke er nichts, und trieb seinen Secretair nur dazu an, schnell seine Angelegenheiten in der Residenz zu ordnen und sich ungesäumt auf seinen neuen Posten zu begeben; T. mußte gehorchen, allein er trug den Tod im Herzen und sein Schmerz über die so nahe bevorstehende Trennung von Lucilien versetzte ihn fast in Verzweiflung.

Es war ihm, trotz seiner Liebe für diese, nicht entgangen, daß eine gute Portion Leichtsinn in ihrem Charakter vorherrschend sei, und so erwartete er nicht die Treue und Ausdauer von ihr, die er vielleicht von einer andern Geliebten erwartet haben würde. Diese Trennung mußte also sein ganzes Liebesglück, und zugleich alle seine Hoffnungen untergraben, wenn es ihm nicht zuvor gelänge, sich Luciliens Besitz da durch zu sichern, daß er die Einwilligung ihres Oheims zu der so heiß von ihm ersehnten Verbindung erlangte, und beschloß, sich diesem zu entdecken.

Herr von H. hörte ihm mit der größten Ruhe zu, als er ihm seine Wünsche vortrug; dann[124] aber sagte er kalt und mit dem festesten, entschiedensten Tone von der Welt:

– »Schlagen Sie sich das aus dem Sinne, lieber T., denn so lange ich lebe, wird meine Nichte nie die Ihrige. Ich habe zwar gegen Ihren Charakter, gegen Ihre Talente und Kenntnisse nichts einzuwenden, sondern schätze Sie vielmehr Ihrem vollen Werthe nach; allein Sie haben noch einen zu langen Weg zu machen, bevor Sie zu dem Punkte gelangen können, der Ihnen erlauben würde, an eine so glänzende Partie Anspruch zu machen, wie meine Nichte ist. Sie wissen, welches Leben diese zu führen gewohnt, und zu welchen Ansprüchen sie durch Geburt, Vermögen und Stellung berechtigt ist; Sie aber, lieber Freund, werden kaum in zehn Jahren im Stande sein, Lucilien ein ihr und mir genügendes Loos anzubieten; auch habe ich, aufrichtig gestanden, ganz andere Pläne und Absichten mit ihr, und wollen Sie meine Gunst nicht ganz verscherzen, so entsagen Sie meiner Nichte und Ihren chimärischen Hoffnungen gänzlich.«

Dies war deutlich genug gesprochen, und T. blieb jetzt keine andere Hoffnung, als die freilich sehr schwache, auf die Treue seiner Geliebten, mehr übrig. Er mußte abreisen, ohne sie noch einmal[125] gesprochen zu haben, und als er es wagte, ihr von seinem neuen Bestimmungsorte aus zu schreiben, erhielt er seinen Brief in einem Couvert zurück, worin von des Oheims Hand einige sehr harte Zeilen geschrieben waren, die ihm sein Beginnen auf das Ernsteste und Nachdrücklichste verwiesen und ihn zugleich mit der völligen Ungnade seines bisherigen Gönners im Falle der Wiederholung eines solchen Versuchs bedroheten.

Der Roman war also fertig: zwei hübsche, liebenswürdige Leutchen von ungleichem Stande und Vermögen, die sich leidenschaftlich liebten; ein mächtiger, harter und unerbittlicher Oheim und eine erzwungene Trennung; Meister Lafontaine hätte sich keinen bessern Stoff wünschen können, um zwei starke Bände hindurch seine gefühlvollen Leserinnen in Thränen zu erhalten. Indeß kann ich, die ich keinen Roman, sondern eine wirkliche Geschichte schreibe, meine Leser weder durch so vielen nassen Jammer, noch durch ein fröhliches Ende dieser Begebenheit entzücken, die vielmehr auf eine ganz ungewohnte, durchaus unerwartete Weise endete.

Zu Anfang schien Lucilie untröstlich zu sein, und wurde, ihrem heftigen Naturell gemäß, sogar ernstlich krank, so daß sie ihrem sie zärtlich[126] liebenden Oheime die lebhaftesten Besorgnisse einflößte. Allein es war nur ein Strohfeuer, das durch die Leidenschaft für T. in ihr angefacht worden war; sie genas bald wieder und gab sich, wie früher, allen den Zerstreuungen hin, die ihr von ihrer glänzenden Lage dargeboten wurden. Auch zürnte sie T., daß er sich ohne Abschied von ihr zu nehmen und jetzt sogar, ohne ihr zu schreiben – von seinem Briefe wußte sie begreiflicherweise nichts – von ihr hatte trennen können; ja, sie ging in ihrer Ungerechtigkeit gegen diesen so weit, daß sie wähnte, er habe sie nie wahrhaft geliebt, sondern sich nur durch ihren Besitz poussiren wollen, und sei so jetzt mit der ihm von ihrem Oheime ertheilten Anstellung vollkommen abgefunden und für ihren Verlust entschädigt. Aus diesem Wahne sollte sie aber bald gerissen werden.

T. besaß einen Freund – W. – oder glaubte doch ihn zu besitzen, und da dieser, der vermöge seiner außerordentlichen Kenntnisse sich schnell poussirt hatte, nach der Residenz berufen ward, ertheilte er ihm den Auftrag, Lucilien einen Brief von ihm zu überbringen, und sie auf das Dringendste zu ermahnen, ihrer Liebe und den ihm geleisteten Schwüren getreu zu bleiben.

W. richtete seinen Auftrag aus, wozu sich ihm,[127] da er in demselben Departement arbeitete, dessen Vorstand Herr v.H. war, leicht Gelegenheit darbot; allein er bewies sich keineswegs als treuer Freund gegen T., sondern war vielmehr von vorn herein darauf bedacht, die Neigung Luciliens von ihrem frühern Geliebten ab und auf sich selbst zu lenken.

Er konnte diese um so ungehinderter sehen, da der Oheim nichts gegen seine häufigen Besuche einzuwenden hatte, sondern sie vielmehr gern sah; denn schon damals sah dieser kluge Diplomat ein, daß W. dazu berufen sein würde, eine glänzende und zugleich ehrenvolle Rolle in seinem Vaterlande zu spielen – und er hat sie gespielt! Bei Lucilien aber machte sich W. dadurch interessant und beliebt, daß er mit dem Feuer der Beredtsamkeit von den trefflichen Eigenschaften seines sogenannten Freundes T. zu ihr redete und das unglückliche Geschick ihrer Jugendliebe beklagte; indeß vergaß er doch nicht, sie von Zeit zu Zeit darauf aufmerksam zu machen, daß die sich dieser Neigung in den Weg stellenden Hindernisse unüberwindlich sein würden, und daß T. sich vielleicht in's Unglück stürzen dürfte, wenn er seinen Hoffnungen auf ihren Besitz nicht freiwillig entsagte, da weder Luciliens Vater, noch ihr Oheim je die[128] Verbindung zwischen ihnen zugeben, und Beide es sehr übel vermerken würden, wenn er seine Bewerbungen noch ferner fortsetzte.

Zu Anfang wollte Lucilie diesen Einflüsterungen kein Gehör geben und gelobte es sich und dem Geliebten mit erneuten Schwüren, ihm treu bleiben zu wollen; allein nach und nach übten Zeit und Trennung ihr Recht auf sie aus und es gelang W. – der übrigens nichts weniger als hübsch und angenehm von Person war – ihr Interesse, wenn auch nicht ihre Neigung, für sich in Anspruch zu nehmen. Er hatte angenehme gesellige Talente, besaß die allgemeine Achtung und wurde von ihrem Oheime sichtbar begünstigt, der ihm und seinen großen Kenntnissen und Talenten das ausgezeichnetste Lob bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ertheilte.

Einmal so weit gekommen und der Einwilligung des Herrn von H. gewiß, wagte W. es, mit seiner Bewerbung offen hervor zu treten. Es gelang ihm gleichsam im Sturme, das Ziel seiner Wünsche zu erreichen – Lucilie war so verwirrt, so überrascht durch seinen Antrag, und zugleich so schwach gegen seine flehenden Bitten, daß er ihr Jawort errang, und sie wurde seine Verlobte, ohne daß sie ihn liebte.[129]

Durch die glänzenden Feste, die man dieser Verlobung zu Ehren gab, fast betäubt, in einen wirbelnden Strudel von Vergnügungen aller Art durch ihren Verlobten hinabgezogen, kam die Arme erst an ihrem Hochzeits-Tage, ja erst in dem Augenblick, wo sie das verhängnißvolle Ja aussprechen sollte, über den von ihr begangenen Leichtsinn zur Besinnung. Allein Alles war jetzt zu spät und der Segen des Priesters machte sie zur Gattin eines Mannes, den sie nicht liebte und nie lieben sollte.

Um das Unglück, das dadurch über ihr Leben gekommen war, zu vermehren, erhielt W. bald eine Anstellung in der Provinz, und zwar in einer an Natur-Schönheiten durchaus dürftigen Gegend, wo zugleich der Umgang sich fast auf Null reducirte.

Da lebte nun die junge, an geistreichen Umgang, glänzende Verhältnisse, Feste und Zerstreuungen gewöhnte Frau in einer völligen Einöde an der Seite eines ungeliebten und, was dies Unglück noch weit größer machen mußte, nicht einmal von ihr geachteten Mannes; denn jetzt erst fiel es ihr schwer auf das Herz, was W. gegen T. gethan hatte, dessen Freund er sich nannte.

Ein bisher noch ungekanntes Glück sollte ihr[130] indeß diese traurige Lage in Etwas versüßen: sie wurde Mutter eines Knaben, der bald ausschließlich ihre ganze Sorgfalt und Zärtlichkeit in Anspruch nahm; auch schien die Geburt dieses Sohnes wenigstens auf einige Zeit die Gatten einander mehr zu nähern. Beide hatten seither, obgleich nicht im offenbaren Unfrieden, doch ziemlich getrennt von einander gelebt; W. hatte den ganzen Tag über Geschäfte, und Abends, wenn er von diesen ermüdet war, ging es, wie dies in kleinen Städten leider Sitte ist, regelmäßig in einen Spiel-Clubb, dessen Sitzungen oft bis Mitternacht dauerten; so sah Lucilie den Gatten kaum auf flüchtige Augenblicke und hatte kaum Gelegenheit, auch seine guten Eigenschaften kennen zu lernen.

W. mochte fühlen, daß er die Neigung seiner Gattin nicht besaß, und wenn ihre Lippen es ihm nicht sagten, daß sie sich unglücklich fühlte, so sagten es ihre von heimlich vergossenen Thränen gerötheten Augen. Sein Stolz mochte sich dadurch beleidigt fühlen, denn kein Mann vergiebt so Etwas, selbst dann nicht, wenn er es sich bewußt ist, weder Liebe zu verdienen, noch sich um dieselbe ernstlich bemühen zu wollen, und so war fast von den ersten Tagen ihrer Ehe an eine Kälte zwischen den Gatten eingetreten, die Alles für[131] die Zukunft und eine eben so unglückliche, als unwürdige Ehe fürchten ließ.

Die Geburt des lieblichen Knaben schmolz indeß das Eis, das sich um W–s Herz gelegt hatte; er war zärtlicher, zuvorkommender und aufmerksamer gegen die junge Mutter, als er je gegen Lucilie seit ihrer Vermählung gewesen war; ja, er opferte ihr sogar, als ihre Gesundheit einige Besorgnisse einflößte, mehre Clubb-Abende auf und blieb neben ihrem Bette.

Bald jedoch kehrte Alles in das gewohnte Gleis zurück und Lucilie blieb wieder allein mit ihrem Kinde, das jetzt ihr einziger Trost war. Dieses Verhältniß wurde nicht durch die Geburt einer Tochter und auch nicht dadurch gebessert, daß W. zu einer höhern Stelle berufen und in eine kleine Residenz-Stadt versetzt wurde. Er war bereits seiner Häuslichkeit entfremdet; er fühlte sich nicht behaglich in der Nähe Luciliens, da er sich nicht von ihr geliebt wußte; er hatte überhäufte Geschäfte und sehnte sich, wenn er sein Tagewerk vollbracht hatte, nach Erholung, die er am Spieltische und außer dem Hause suchte und fand. Thun wir indeß diesem Manne, obgleich er schwere Verschuldung auf sich geladen hat, kein Unrecht: W. war kein Spieler von Profession,[132] er wagte nie Summen an das Spiel, die seinen Wohlstand hätten untergraben können, sondern begnügte sich mit einer einfachen Partie Whist oder L'hombre, in welchen beiden Spielen er Meister war. Nie auch ließ er es sich zu Schulden kommen, seine Gattin rauh oder ungeziemend zu behandeln; nie fiel ein Streit oder auch nur ein Wortwechsel zwischen ihnen vor; aber mit kaltem, eiskaltem Herzen standen Beide einander gegenüber und wußten sich nie etwas zu sagen. Das aber ist eben der traurigste Zustand von allen, es ist der, welcher wie ein langsames Gift am Leben zehrt; der, welcher eine tödtliche Erschlaffung, für uns arme Frauen namentlich, herbeiführt; der, in dem wir alle Energie unserer Seele einbüßen. Er war es endlich auch, dem Luciliens Tugend erlag, nachdem sie, die von Natur schwach war, vergebens gegen sich und eine neue, in ihr erwachende Neigung angekämpft hatte. Sie fühlte, daß sie ihrem Gatten nie Etwas würde sein können, noch dieser ihr, und willigte so endlich ein, den Schatz von Liebe und Zärtlichkeit, den die Natur ihr in das Herz gelegt hatte, zur Beglückung eines Andern zu verwenden, der, wie sie wähnte, sie zu würdigen verstände: so wurde die Bedauernswerthe ihrer Pflicht und der Moral untreu, an denen sie früher mit Begeisterung gehangen hatte.[133]

Das Walten der Nemesis zeigte sich bei dieser Gelegenheit: ein verrätherischer Freund vergalt an W., was dieser gegen seinen Freund T. verübt hatte.

W. bewohnte ein sehr großes Haus und stand so nicht an, der Bitte eines Universitäts-Freundes nachzugeben, ihm einige Zimmer davon einzuräumen und ihn, gegen eine sehr brillante Vergütung, in den Kreis seiner Häuslichkeit aufzunehmen. Vielleicht waren es ökonomische Rücksichten, die W. zu einer solchen Unvorsichtigkeit bewogen, vielleicht war es aber auch die Freundschaft für A. – so hieß der neue Hausfreund – die ihn dazu bewog, diesen unüberlegten Schritt zu thun.

A. war ein junger Mann ohne Tiefe und Gemüth ohne Grundsätze sogar, wie die Folge zeigen wird; aber er brillirte in der Gesellschaft und wußte seine Kenntnisse und Talente auf die vortheilhafteste Weise geltend zu machen. Seine vornehme Geburt, seine glänzenden Vermögens-Umstände, seine Aussichten für die Zukunft, verbunden mit den angenehmsten Manieren und dem feinen Welttone, den man nur in großen Städten und namentlich in Residenzen erwirbt, sicherten ihm eine beneidenswerthe Stellung in seinem neuen[134] Wohnorte, und da er mit allen diesen Vorzügen auch noch die einer hübschen Gestalt verband, konnte es nicht fehlen, daß er Glück beim weiblichen Geschlechte machen mußte, und manches Herz ihm entgegen schlug, manches Netz ausgespannt wurde, um den seltenen Vogel zu fangen.

A. indeß, dem es durchaus nicht um eine ernstliche Verbindung zu thun war, flatterte von Blume zu Blume, und bemerkte endlich, daß die reizendste von allen in dem von ihm bewohnten Hause blühe, und Lucilie war nicht nur reizend, sondern durch den geheimen Kummer, den sie nährte, so wie durch ihre Verlassenheit, auch im höchsten Grade interessant. Es dauerte nicht gar lange, so war er von einer heftigen Leidenschaft für seine Hausgenossin entbrannt, und, da es ihm an Grundsätzen fehlte, oder er sich solche zu eigen gemacht hatte, die dem Sitten-Gesetze entgegen sind, stand er nicht an, Lucilie auf alle nur erdenkliche Weise auszuzeichnen, um in ihrem Herzen dieselbe verbrecherische Flamme anzuzünden, die in dem seinigen loderte.

Sie, die es seit Jahren schon nicht mehr gewohnt war, ausgezeichnet, mit Huldigungen umringt zu werden, und für die dies doch ein, wenn auch sich nicht selbst gestandenes, doch unabweisbares[135] Bedürfniß war; sie, die nach Liebe schmachtete und sich mit dieser gerechten Forderung kalt von dem Manne abgewiesen sah, der sie zu befriedigen schuldig und verpflichtet war, sah sich plötzlich von den zartesten und liebevollsten Aufmerksamkeiten umringt, und las in den Blicken eines schönen jungen Mannes eben das Feuer, das heimlich ihr Herz verzehrte.

Lange sträubte sich ihre Moral dagegen, sich selbst zu gestehen, welchen Eindruck A. auf ihr Herz, vielleicht sogar auch auf ihre Sinne gemacht habe; allein als er zu ihren Füßen lag und ihr seine Gluth bekannte; als er sie unter Thränen beschwor, Mitleid mit ihm und seiner unbesiegbaren Leidenschaft zu haben und ihm eine Zuneigung zu weihen, deren Werth von dem Manne nicht anerkannt würde, der die nächsten Ansprüche daran hatte; da gestand sie nicht nur sich selbst, daß sie den Verführer liebe, sondern ihre bebenden Lippen gestanden es auch diesem unter einem Strom von Thränen.

Von diesem Augenblicke an war Lucilie schuldig; der reißende Strudel des Verderbens, der zugleich ihren Seelen-Frieden und ihr äußeres Glück in seine Tiefen hinabziehen sollte, hatte sich zu ihren Füßen eröffnet; das Uebrige thaten Leidenschaft,[136] Zeit und Gelegenheit: Lucilie siel so tief, als ein Weib nur fallen kann, und A. trug den vollkommensten Sieg über sie davon.

Seltsam genug, kam W., der doch aus eigener Erfahrung wußte, wie treulos ein Freund an dem andern zu handeln vermöge, auch nicht entfernt auf die Vermuthung dessen, was ihm von seiner Gattin und seinem vermeinten Freunde geschah. Er sah Lucilie wieder heiterer werden, als sie seit lange gewesen war; sah die Rosen wieder auf ihren Wangen aufblühen, ihr strahlendes blaues Auge wieder glänzen, wie früher; er sah auch, daß A. fast gar nicht mehr in Gesellschaft ging, sondern fast immer zu Hause blieb, und nicht die geringste Unruhe wandelte ihn darüber an. Er allein wußte nicht, was die halbe Stadt ahnete und jeder Domestik in seinem Hause wußte, denn die Leidenschaft der beiden Schuldigen war zu mächtig, als daß es ihnen möglich gewesen wäre, die so nöthige Vorsicht zu üben, auch sieht die geringe Classe schärfer in solchen Dingen, als wir glauben.

So verfloß ein Jahr für ihn in der unglaublichsten Verblendung; ja, er nahm mit Entzücken die Nachricht entgegen, daß Lucilie sich wieder Mutter fühle, und überhäufte sie, wie früher, mit[137] kleinen Aufmerksamkeiten, mit Liebkosungen, an die sie seit lange nicht mehr von ihm gewöhnt war.

Vielleicht fielen ihm, wenn Lucilie sich in diesen Umständen befand, seine Verschuldungen gegen sie schwer auf das Herz, denn er war weder ein böser, noch gefühlloser Mann, und er suchte sie durch seine Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit wieder gut zu machen; vielleicht auch war sie ihm heiliger als sonst, wenn sie auf dem Punkte stand, Mutter zu werden, denn er war ein großer Kinderfreund und freute sich jedesmal herzlich über die Vermehrung seiner Familie.

Indeß war Alles zu spät – die Würfel waren bereits gefallen und diese Ehe, die bisher nur eine unglückliche gewesen, war zu einer durchaus unwürdigen geworden. Es war Lucilien schon nicht mehr möglich, ihrem Gatten irgend Etwas zu sein, noch mehr irgend einen Beweis seiner wiederkehrenden Liebe nur zu dulden; nicht einmal die resignirte Freundlichkeit, die sie seither gegen ihn zu bewahren gewußt hatte, konnte sie mehr gegen ihn üben: sie wurde kalt, oft sogar herrisch und zurückstoßend in ihrem Betragen gegen ihn, was ihn allerdings einigermaßen betroffen machte, da er an ein so gelassenes, sanftes und duldungsvolles gegen ihn gewöhnt war, auch[138] ein solches mit Luciliens Naturell übereinstimmte, das sanft und hingebend, duldend und entsagend sich bisher gezeigt hatte.

Vielleicht war es ein geheimer Instinct, der ihr sagte, daß ihr Gatte nicht nur ihr Mitschuldiger, sondern die erste Veranlassung zu dem gewesen war, was ihre zart besaitete Seele jetzt so sehr verstimmte, ja, was sie namenlos elend machte; denn sie gehörte nicht zu den Wesen, die sich behaglich im Schlamme des Lasters wälzen, sondern ihr Herz war für die Tugend gemacht, konnte nur wahrhaft glücklich im Einklange mit derselben sein – und jetzt mußte sie sich selbst verachten, jetzt erduldete sie alle Qualen eines schuldbelasteten Gewissens!

Freilich gab es auch Stunden, in denen sie Alles vergaß, was sie in andern nicht nur zu Boden drückte, sondern wahrhaft schmetterte; freilich berauschte sie sich, um sich selbst zu entfliehen, aus dem schäumenden Becher der Lust; freilich fiel ein Sonnenstrahl des Glücks in ihre verdüsterte Seele, wenn sie sich der Macht bewußt ward, den über Alles Geliebten so beglücken zu können; aber um ihr wirkliches Glück war es geschehen, und zwar für immer, und es gab jetzt[139] Stunden, in denen ihre Seele fast der Verzweiflung erlag.

Bald sollte ihr Unglück noch vermehrt werden, indem sie bemerken mußte, daß A. kälter gegen sie wurde, als er zu Anfang ihrer Liebe gewesen war. Er ließ sie oft die Abende allein, wozu es ihm freilich nie an einem Vorwande fehlte, und sie verbrachte solche Abende unter Thränen, die um so schmerzlicher flossen, da sie sie vor den Augen Aller verbergen mußte und sich ihrer selbst vor Gott schämte.

So nahte die Zeit ihrer Entbindung heran, und sie sah ihr mit Zittern entgegen. Wenn das Kind, das sie gebären würde, die Züge des Geliebten, die sehr markirt waren, an sich trüge und so ihr schmerzliches Geheimniß nicht nur dem beleidigten Gatten, sondern auch der Welt offenbart würde? Sie zitterte, dies nur zu denken, und doch, welche Wonne lag auch wieder für sie in dem Gedanken, ein Kind unter ihrem Herzen zu tragen, das dem heißgeliebten Manne – darüber hatte ihr kein Zweifel bleiben können – sein Dasein verdanke! Nur eine Frau, und zwar eine liebende, wird der unglücklichen Lucilie dies Alles nach empfinden können.

Endlich war die entscheidende Stunde da, und[140] sie genas eines schönen, kräftigen Knaben, den sie, nachdem sie ihn geboren hatte, mit einer schmerzlichen Unruhe und Aufmerksamkeit betrachtete.

Ja, es war sein Kind! In diesem kleinen Gesichte entdeckte sie im verjüngten Maaßstabe alle die Züge, die sie so oft mit Entzücken betrachtet hatte! Dies waren seine dunklen Augen und Haare; diese Nase hatte ganz den Schnitt der seinigen; wie hätte das auch anders sein können? Sie übergab das Kind der Wärterin und sank mit Gefühlen auf ihr Lager zurück, die nicht zu beschreiben sein dürften.

Nach einer Stunde erschien ihr Gatte, den man von ihrer glücklichen Entbindung benachrichtigt hatte, und der erfreut herbeigeeilt war, den neuen Ankömmling zu begrüßen. Der Zufall wollte, daß Lucilie gerade in dem Augenblick von der Wärterin verlassen war, als ihr Gatte zu ihr eintrat. Dieser begrüßte erst sie und ging dann zur Wiege, in der das Neugeborene schlummerte; er ließ sich nicht dadurch abhalten, den Knaben auf seinen Arm zu nehmen, ihn empor zu halten und in der Freude seines Herzens auszurufen:

– »Lucilie, welchen holden Knaben hast Du mir wieder geboren!«

– »Dir?!« rief sie, sich aus ihren Kissen[141] aufrichtend, und ihn in halbem Wahnsinne anstarrend, »Dir? Freue Dich nicht über dieses Kind, W., denn es gehört nicht Dir!«

Ihr war, als sei eine Last von ihrer Seele genommen, nachdem sie dieses Geständniß gethan hatte, und sie lehnte sich beruhigter wieder in ihre Kissen zurück. Mochte nun kommen, was da wollte, ihr Gewissen war erleichtert, und sie brauchte nun nicht mehr zur geheimen Schuld die erniedrigende Lüge hinzuzufügen.

W. starrte sie, so wie sie diese verhängnißvollen Worte gesprochen hatte, zum Marmor erbleicht einige Augenblicke an; dann, das Kind in die Wiege zurücklegend, trat er an ihr Lager, schob die Vorhänge desselben zurück und sprach mit bebender Stimme:

– »Du bist krank, sehr krank, arme Lucilie!«

Er wähnte wirklich, daß der bei Kindbetterinnen nicht ganz seltene Wahnsinn, eine durch die erlittenen Schmerzen und Anstrengungen hervorgerufene Geistes-Störung aus ihr gesprochen habe; denn wie konnte das wahr sein, was sie sagte, und wenn es wahr war, wie hätte sie es sagen können?

Sie verstand, was er sagen wollte, und fest[142] entschlossen, jetzt Alles auf einmal zu enden, antwortete sie ihm mit ruhigem Tone:

– »Ich bin nicht kränker, als bei meinen frühern Entbindungen, und es bleibt bei dem, was ich Dir eben gesagt habe. Jetzt verfahre mit der Ehebrecherin, wie es Dir gefällt. Es mußte endlich zwischen uns tagen, Du mußtest die Wahrheit erfahren; ich vermochte die Last nicht mehr zu tragen, die mich schon so lange zu Boden drückte. Nun ist Alles gut, und ich erwarte mein Schicksal in Ruhe.«

W. schwieg einige Augenblicke; dann sagte er:

– »Wenn das Fieber nicht aus Dir redet, Lucilie, so sind wir ja Beide unglücklich und auf immer getrennt; wer aber ist der Vater dieses Kindes? – Ha! ich errathe! Treuloser, verrätherischer Freund!«

Lucilie antwortete ihm nicht mehr, und er verließ das Zimmer, um in der Einsamkeit des seinigen zu überlegen, was jetzt von ihm geschehen müsse, um, so viel als möglich, Aufsehen zu vermeiden; dies war er sowohl sich selbst, als Luciliens Onkel schuldig, dem er sein schnelles Steigen im Staats-Dienste verdankte.

An diesen schrieb er, so wie er einigermaßen ruhig geworden war, zuerst, und bat ihn um seinen[143] Rath, wie sein Verhältniß zu Lucilien gelös't werden könne, ohne vor der Welt ein allzugroßes Aergerniß zu geben. Bis die Antwort auf diese Frage eingegangen sein würde, versprach er, sich ganz ruhig zu verhalten und sich Allem, nur nicht seiner Entehrung, zu unterwerfen.

Statt der ersehnten Antwort, kam der Oheim selbst; vielleicht hoffte dieser durch seine Gegenwart das so locker gewordene Band dieser unglückseligen Ehe wieder fester zu knüpfen; allein nur die leiseste Andeutung von seiner Seite brachte den sonst so ruhigen und besonnenen W. außer sich, und er erklärte mit Festigkeit, daß an ein, wenn auch nur scheinbares, Fortbestehen des bisherigen Verhältnisses zu Lucilien nicht zu denken sei; doch wolle er gern die Hand dazu bieten, von ihr getrennt zu werden, ohne daß es ein allzugroßes Aufsehen in der Welt errege, wenn A. einwilligen sollte, Lucilie nach der Scheidung zu seiner Gattin zu machen.

Dies war ein Abkommen, das von H. ganz erwünscht war, und er verfügte sich auf der Stelle zu A., welchem er, nachdem er ihm die gerechtesten Vorwürfe über das von ihm angerichtete Unheil gemacht hatte, vorschlug, Luciliens Gatte zu werden, nachdem sie von W. getrennt sein würde,[144] welche Scheidung auf eine schonende Weise zu bewirken, es ihm, bei seinen Verhältnissen, nicht an Mitteln fehlen würde. Im Falle der Einwilligung A–s, sollte Lucilie auf eine Zeitlang zu ihm in die Residenz kommen, und dort die nöthige Scheidung eingeleitet und bewirkt werden.

Allein dieser Vorschlag war keineswegs nach A–s Sinne: er liebte Lucilie schon nicht mehr und erklärte dem Oheime derselben mit einer an Frechheit grenzenden Freimüthigkeit, daß, wenn er sich je vermählen würde, worüber er noch nicht völlig einig mit sich sei, die von ihm gewählte Gattin ein durchaus makelloses Mädchen sein müsse, und dabei blieb er trotz der Gegenvorstellungen und sogar der Drohungen des mächtigen Mannes, dem er gegenüber stand. Schon am folgenden Tage verließ er W–s Haus und kurz darauf die Stadt; er hatte Urlaub erbeten und ihn erhalten.

Von dieser Seite war also nichts mehr zu hoffen, und man mußte auf ein anderes Abkommen denken. W. bezeigte sich bei dieser Angelegenheit nicht nur ehrenvest und besonnen, sondern auch sogar edel und großmüthig. Er sah Lucilie nicht wieder und machte ihr weder schriftlich noch mündlich Vorwürfe, obgleich sie, die heftig erkrankt[145] war, noch längere Zeit in seinem Hause lebte; auch überließ er es dem Oheime, die Sache ganz nach seinem Sinne zu arrangiren, doch bedung er es sich aus, daß ihm die beiden ersten ihm von ihr geborenen Kinder bleiben, und das zuletzt geborene nicht auf seinen Namen getauft werden sollte.

Dieser letztere Punkt, der Alles an den Tag bringen mußte, wenn W. darauf bestand, beunruhigte v.H. am meisten; endlich gab W. auch in dieser Hinsicht nach, und der arme Knabe erhielt seinen Namen, auch versprach er für ihn zu sorgen, wie für seine eigenen Kinder.

Lucilien blieb nichts übrig, als sich Allem zu unterwerfen, was man über sie verhängen würde; auch war sie jetzt so schwach an Geist und Körper, daß sie in Alles einwilligte, was man von ihr verlangte.

Ihr Oheim mittelte ihr jetzt einen anständigen und sichern Zufluchtsort im Hause meiner Anverwandten aus, wo sie, getrennt von der Welt und den Kreisen, in denen sie bisher gelebt hatte, das Leben der Reue und der Entsagung leben sollte. Meine Anverwandten waren durch v.H. von Allem unterrichtet und Lucilie ihrer Aufsicht und Bewachung übergeben worden. Daher schrieb[146] sich der kleine Zwang, den man in dem sonst so freundlichen Verhältnisse dieser Personen wahrnahm.

Indeß hatte Fama, trotz aller angewandten Vorsicht, nicht geschwiegen, und die Welt ließ sich nicht täuschen; man kannte so ziemlich das ganze Verhältniß, wenn man auch nicht die innern Beweggründe kannte, die das Unglück herbeigeführt hatten, und Lucilie wurde, wie es sich von selbst versteht, bitter getadelt und lieblos selbst von Solchen beurtheilt, die noch weit schwerer gesündigt haben mochten, als sie.

Ihre spätere Aufführung war untadelhaft, und endlich verwischte die Zeit auch wieder die Falten des Grames von ihrer noch so jugendlichen Stirn. Ihr angeborener Leichtsinn kam ihr zu Hülfe: sie verachtete erst A., wie er es verdiente, und dann vergaß sie ihn vielleicht gänzlich.

In ihren neuen Verhältnissen, die zugleich angemessen und anmuthig waren, weil man sie gleichsam in der Familie, in der sie lebte, auf Händen trug, gefiel sie sich sehr, und nur dann bewölkte sich ihre Stirn, wenn sie hübsche Kinder sah, die in dem Alter waren, worin sie die ihrigen, zur Büßung ihrer Schuld, hatte verlassen müssen.

W. aber zeigte sich späterhin großmüthig und[147] selbst gefühlvoll gegen sie, und es wurde ihr verstattet, an einem dritten Orte, im Hause ihrer Tante, wohin sie alljährlich eine Reise machte, ihre Kinder zu sehen; dies wurde selbst dann noch fortgesetzt, als W. zu einer zweiten Ehe schritt.

Jetzt sind Luciliens Kinder erwachsen und ein trefflich gerathener Sohn hat sie zur glücklichen Großmutter gemacht. Die Reize aber, welche früher so gefährlich für sie geworden waren, sind erblichen und der frühe Gram, der an ihrer Jugend-Blüthe nagte, hat tiefe Furchen in ihr einst so anmuthiges Gesicht gegraben.

Wer Lucilie kennt und von ihren Verirrungen etwas weiß, urtheile nach dieser getreuen Darstellung ihrer innern und äußern Ergebnisse milder über sie, als er vielleicht zuvor gethan hat, wo er nur die äußern Umrisse ihres Lebens kannte.[148]

Quelle:
Schoppe, Amalia: Erinnerungen aus meinem Leben, in kleinen Bildern. Altona 1838, S. 91-149.
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Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

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Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

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