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Schon von den ältesten Zeiten her schreibt sich der Brauch, dass die Kurfürsten und Könige des Hohenzollern-Brandenburgischen Hauses bei feierlichen Gottesdiensten im Zuge, d.h. mit dem grossen oder kleinen Hofstaat (Cortège), zur Kirche gingen, und zwar ursprünglich in den alten Berliner Dom, welcher auf dem Schlossplatze stand und mit dem Schlosse durch einen Gang (eine Galerie, die zuweilen mit Teppichen behängt war) in Verbindung stand, später in die alte, so wie gegenwärtig in die neue Schlosskapelle. Der Vortritt bestand aus den Hoffourieren, Pagen, Kammerherren, Hof- und Ober-Hofchargen; das Gefolge aus den Adjutanten und event. auch aus der Oberhofmeisterin und den Hofdamen. Bei ausserordentlichen Veranlassungen vermehrte der Vortritt sich noch durch die Wirklichen Geheimen Räthe, Minister und Grosswürdenträger, welche letzteren die Insignien trugen, während dem Gefolge nicht selten die gesammte Generalität hinzutrat, welcher der erste Feldmarschall mit dem Reichspanier voranschritt. In der Regel begleiteten auch die Hatschiere und Leibgardisten den Zug, dem dann das Musikchor der Leibgarde vorausging. Diesem alten Brauche ist bis auf die neuste Zeit am Königlichen Hofe bei freudigen wie bei traurigen Veranlassungen vielfach Rechnung getragen worden. Als eines der bedeutendsten Ereignisse dieser Art ist die am 18. October 1861 zu Königsberg stattgehabte Krönung Ihrer Majestäten des Königs Wilhelm und der Königin Augusta hervorzuheben, worüber das auf Allerhöchsten Befehl im Druck herausgegebene, im Verlage der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei, R.v. Decker1 erschienene Krönungswerk auch in vorliegender Beziehung die umfassendsten Details liefert, deren Wiedergabe der knapp bemessene[1] Raum dieser Blätter nicht gestattet, weshalb hier auf jenes Werk verwiesen werden muss.
Ein solches bemerkenswerthes Ereigniss ist auch die alljährlich am 18. Januar wiederkehrende Feier des Krönungs- und Ordensfestes, bei welcher Ihre Majestäten Sich nach der neuen Schlosskapelle in gleicher Weise begeben, wie Allerhöchstdero Vorfahr König Friedrich I. seit dem Jahre 1701 zu thun pflegte. Die bei dem Krönungs- und Ordensfeste hergebrachte Ordnung in der Schlosskapelle ist folgende:
Sobald die Feier des gedachten Festes so weit vorgeschritten ist, dass die Proclamation der Allerhöchstbefohlenen Ordensverleihungen im Rittersaale stattgefunden hat, werden die als Deputirte dazu eingeladenen älteren Ritter und Inhaber von Orden und Ehrenzeichen, insbesondere die Ritter des hohen Ordens vom Schwarzen Adler, die Königlichen Staats-Minister und die Generalität, durch einen Ceremonienmeister nach der Schlosskapelle geleitet. Ihnen folgen dorthin successive, geführt von den betreffenden Ceremonienmeistern, oder den als solche fungirenden Kammerherren, oder den dazu designirten Beamten der General-Ordens-Commission, die verschiedenen Ordens-Kategorien, nämlich zunächst:
a) die im Laufe des vorhergehenden Jahres ernannten Ritter und Inhaber des Rothen-Adler-Ordens, welche in der Brandenburgischen Kammer, und des Kronen-Ordens, welche in der Rothen (drap d'or-) Kammer versammelt waren, sodann:
b) die im Laufe des vorhergehenden Jahres ernannten Ehrenritter des Johanniter-Ordens und die Ritter des Königlichen Hausordens von Hohenzollern, welche im Königszimmer versammelt waren, demnächst:
c) die im Laufe des vorhergehenden Jahres und die am Tage des Festes ernannten Inhaber von Ehrenzeichen und Rettungs-Medaillen, welche in den Vorkammern versammelt waren,
und zwar immer, sobald sie Seiner Majestät dem Könige vorgestellt worden sind, und schliesslich:
d) die am Tage des Festes ernannten Ritter und Inhaber des Rothen Adler-Ordens, des Kronen-Ordens und des Königlichen Hausordens von Hohenzollern,
sobald dieselben im Rittersaale vor Ihren Majestäten defilirt sind.[2]
Demnächst begiebt die General-Ordens-Commission sich nach der Schlosskapelle, in welcher inzwischen auch noch alle anderen zum Feste eingeladenen älteren Ritter und Inhaber erschienen sind, und in der bereits durch die successive früher dahin gelangten Ceremonienmeister und Kammerherren und die dieselben unterstützenden Beamten der Königlichen General-Ordens-Commission und des Königlichen Ober-Hofmarschall-Amts die Vertheilung und Reservirung der Sitzplätze stattgefunden hat, was wesentlich dadurch erleichtert wird, dass die Ceremonienmeister und Kammerherren das Placement je bei derjenigen Abtheilung der Gesellschaft übernehmen, welche sie in den Paradekammern empfangen und auch nach der Kapelle geleitet haben.
Sobald die Anordnung der Plätze in der Kapelle beendigt ist, wird Seiner Majestät dem Könige hiervon durch den Ober-Ceremonienmeister Meldung gemacht.
Ihre Majestäten der König und die Königin, begleitet von den Prinzen und den Prinzessinnen des Königlichen Hauses, erheben Sich sodann aus dem Kurfürsten-Zimmer nach der Schlosskapelle, unter Vortritt der Obersten Hof-, Ober-Hof-, Vice-Ober-Hof- und Hofchargen, und gefolgt von dem Minister des Königlichen Hauses und allen anderen Personen des Gefolges Ihrer Königlichen Majestäten und der Höchsten Herrschaften. Vor den Hofchargen, an der Spitze des Zuges, gehen herkömmlicher Weise die Fouriere und die Pagen, insofern letztere nicht zum Tragen der Schleppen der Allerhöchsten und Höchsten Damen verwendet sind.
Im ehemaligen Königinnen-Gemach – Raum unmittelbar vor dem Eingang zur Weissen Saal-Galerie – werden Ihre Königlichen Majestäten von den Damen des Luisenordens und des Verdienstkreuzes, welche sich daselbst versammelt haben, und deren Empfang durch einen Ceremonienmeister bewirkt worden ist, erwartet; dieselben schliessen sich den Damen des Gefolges an.
Auf der Treppe vor dem Eingange zur Kapelle bilden die Pagen Spalier.
Von den vortretenden Hofchargen schreiten nur die Obersten Hofchargen bis zu den für die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften dem Altare gegenüber aufgestellten Stuhlreihen vor und nehmen sodann, zusammen mit den Damen der Höfe, rückwärts Ihrer Majestäten die daselbst reservirten Plätze ein,[3] während die Ober-Hof-, Vice-Ober-Hof- und Hofchargen beim Eintritt in die Kirche aus dem Zuge ausscheiden und in die für sie rechts vom Altare freigehaltenen Stuhlreihen treten.
Die am Altare versammelte Geistlichkeit geht dem Zuge entgegen; an der Schwelle des Eingangs empfängt sie Ihre Majestäten; sie befindet sich bereits dort, wenn die Spitze des Zuges in die Kirche eintritt.
Sobald die Allerhöchsten und die Höchsten Herrschaften Ihre Plätze eingenommen haben, beginnt der Gottesdienst. Nach demselben ordnet der Zug sich aufs Neue, und Ihre Majestäten der König und die Königin, so wie die Prinzen und die Prinzessinnen des Königlichen Hauses verlassen in gleich feierlicher Weise die Kapelle.
Die Vertheilung der Plätze in der Kapelle bei dem Krönungs- und Ordensfeste ist in der Regel, falls nicht besondere Umstände hier oder da eine Aenderung erforderlich machen, folgende:
Dem Altare gegenüber:
a) in der mittleren Abtheilung, etwas vorgerückt, Ihre Königlichen Majestäten, die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, die Obersten Hofchargen, die Damen der Höfe und die Damen des Luisen-Ordens und des Verdienstkreuzes, dahinter die Ritter des Rothen Adler-Ordens und des Kronen-Ordens II. und III. Klasse, sowie die Inhaber der IV. Klasse dieser Orden;
b) in der links von a., d.h. in der dem Haupteingange zunächst gelegenen Abtheilung von Sitzplätzen, in erster Reihe die activen Minister, die Präsidenten des Herrenhauses und des Hauses der Abgeordneten, sodann die inactiven Minister, und dahinter (event. auch in dem halbrunden Compartiment) die Ritter des Eisernen Kreuzes und des Königlichen Hausordens von Hohenzollern;
c) in der rechts von a. gelegenen Abtheilung von Sitzplätzen in erster Reihe die Fürsten, demnächst die activen General-Lieutenants, die Wirklichen Geheimen Räthe und die inactiven General-Lieutenants, dahinter (event. auch in dem halbrunden Compartiment) die Ritter des Johanniter-Ordens und des Ordens pour le mérite;
d) im Mittelgange, vor dem links vom Altare gelegenen Eingange zur Kapelle, die Inhaber von Ehrenzeichen und Rettungs-Medaillen.
[4] Rechts vom Altare: in der ersten Reihe die Botschafter und die Gesandten, nach denselben anwesende vornehme Fremde und Mitglieder des Bundesraths, dahinter Herren des Vortritts und die Gefolge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften, in dem rückwärts gelegenen halbrunden Compartiment die Adjutanten der Prinzen.
Links vom Altare: in den ersten Reihen die Ritter des Schwarzen Adler-Ordens, dahinter die Generale und, sofern sie nicht andern Kategorien angehören, die Ritter des Grosskreuzes des Rothen Adler-Ordens, sowie die Ritter der ersten Klasse des Rothen Adler-Ordens und des Kronen-Ordens; links von diesen Rittern, im Mittelgange, die Mitglieder der General-Ordens-Commission; in dem rückwärts gelegenen halbrunden Compartiment die neuen Ritter aller Orden und Klassen.
Bei dem Gottesdienste, welcher der Eröffnung der beiden Häuser des Landtages vorangeht, und welcher für die evangelischen Mitglieder in der Schlosskapelle abgehalten wird, nehmen die Allerhöchsten und die Höchsten Herrschaften und die Obersten Hofchargen dieselben Plätze ein, wie vorher. Rechts vom Altare das Staatsministerium und dahinter die Ober-Hof-, die Vice-Ober-Hof- und die Hofchargen und das Gefolge; links vom Altare die Generale, die Wirklichen Geheimen Räthe, die Räthe I. und II. Klasse, sowie die Obersten und Regiments-Commandeure. Die dem Altare gegenüber befindlichen Plätze, rückwärts der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften, sind in allen drei Abtheilungen für die Mitglieder des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses bestimmt.2[5]
Was den feierlichen Gottesdienst bei den am Königlichen Hofe stattfindenden Taufen, Einsegnungen, Vermählungen, Beerdigungen etc. betrifft, so wird hier auf die in den betreffenden Artikeln gemachten diesfälligen Mittheilungen verwiesen.
Die Anordnungen endlich, welche Behufs so seltener Veranlassungen, wie z.B. die Einweihung der neuen Schlosskapelle am 18. Januar 1854, hinsichtlich der kirchlichen Feierlichkeiten stattfinden, sind je nach den besonderen Bedingungen selbstverständlich so verschieden, dass von einer allgemeinen Norm dabei füglich nicht gesprochen werden kann.
In Bezug auf die letztgedachte Feierlichkeit wird hier noch erwähnt, wie Seine Majestät der König Friedrich Wilhelm IV. huldreichst zu gestatten geruht hatten, dass auch diejenigen in entsprechendem Range stehenden Hof- und Staatsbeamten katholischer Confession, denen dies wünschenswerth sei, der Einweihung beiwohnen dürften, und wie demgemäss auch verschiedene derselben dazu erschienen waren. Auch im Kreise der Königlichen Familie befand sich ein Katholik, Seine Königliche Hoheit der Fürst zu Hohenzollern, Höchstweicher Sich auch an den von Seiner Majestät dem Könige und den sämmtlichen Prinzen des Königlichen Hauses auf den Schlussstein der Kapelle geführten Hammerschlägen betheiligte. Hohen Fürstlichen Damen souverainer Abstammung steht bekanntlich das Recht der Hammerführung bei Grund- und Schlusssteinlegungen nur zu, wenn sie selbstständige Regentinnen sind, wie z.B. Ihre Majestät die Kaiserin Catharina II. von Russland war, und wie Ihre Majestät die Königin Victoria von Grossbritannien und Irland ist. Hierin liegt der Grund, weshalb Ihre Majestät die Königin Elisabeth bei der Grundsteinlegung der evangelischen Bergkapelle auf Hohenzollern am 3. October 1856 an den Hammerschlägen (auf den Grundstein des Altars) nicht Theil nahm, während Allerhöchstdieselben doch die Urkunde, welche in den Stein eingelegt worden war, unterzeichnet hatten.
Der Anzug am 18. Januar 1854 war gestickter Rock, für die Herren, welche Civiluniform trugen, mit weissem, für die Herren vom Militair mit grauem Beinkleid.
Zu erwähnen ist hier noch, wie der Ober-Ceremonienmeister bei Anwesenheit fremder Allerhöchster und Höchster Herrschaften katholischen Glaubensbekenntnisses Vorkehrung dahin zu treffen[6] hat, dass auf der Evangelienseite und im Chor der betreffenden katholischen Kirche, in welcher Allerhöchst- oder Höchstdieselben dem Gottesdienste beizuwohnen wünschen, besondere Kirchenstühle und Kniebänke rechtzeitig aufgestellt werden, und dass event. daselbst auch der für die Gelegenheit angemessene Empfang stattfinde.
Schliesslich wird in der Beilage noch die Beschreibung einer kirchlichen Feier gegeben, wie sie Friedrich I., Königin Preussen, aus Veranlassung eines Festes des Schwarzen Adler-Ordens für den 13. Juli 1708 befohlen hatte.[7]
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