Ausstellung in der Akademie

[207] In diese Jahre fielen die ersten großen Ausstellungen in dem aus dem alten Arnimschen Palais auf dem Pariser Platz hergerichteten Akademiepalast, der 1905 vollendet war. Es galt, die stattlichen Räume, welche für Ausstellungen hergerichtet waren, mit einigen hervorragenden Gemäldeausstellungen zur Geltung zu bringen. Dank dem Interesse, das der Kaiser daran nahm, folgten nach einer Ausstellung älterer deutscher Kunst (Schadow) mehrere mit politischen Nebenabsichten veranstaltete Ausstellungen fremder Kunst: 1908 die Ausstellung der englischen Kunst des 18. Jahrhunderts, 1910 eine solche der gleichzeitigen französischen Kunst und unmittelbar darauf eine moderne amerikanische Kunstausstellung. Bis auf die letzte, die ausschließlich das wenig gelungene Werk von Mr. Reisinger in New York war, fielen fast alle in die Zeit der Präsidentschaft von Arthur Kampf und seines Freundes Ludwig Justi, der seit 1905 Sekretär der Akademie war. Der gute und zum Teil glänzende Ausfall ist daher meist diesen beiden Herren angerechnet worden. In Wahrheit ist die Schadow-Ausstellung durch Dr. Hans Mackowsky geplant und (mit Hilfe unserer Museumsformerei) zustande gebracht und angeordnet worden. Die »Porträtausstellung alter Meister« 1909 war ausschließlich vom Kaiser-Friedrich-Museums-Verein veranstaltet worden, und die beiden wichtigsten Ausstellungen, die englische und die französische, waren vor allem dem Grafen Seckendorff zu verdanken.[207]

Eine Ausstellung der klassischen englischen Malerei in Berlin war seit langem der Wunsch der Kaiserin Friedrich gewesen, den sie oft mit ihrem Hofmarschall besprochen hatte. Die neuen Räume waren kaum fertiggestellt, als Graf Seckendorff auch schon alle maßgebenden Kreise für diese Ausstellung zu gewinnen suchte. Er begab sich nach England und wußte sich hier der Teilnahme der alten, noch von friderizianischer Zeit her gut preußisch gesinnten Familien, namentlich des Herzogs von Westminster und des Herzogs von Devonshire zu versichern. Die Sorge für das Gros der Bilder überließ Professor Justi, der gleichfalls im Interesse der Ausstellung hinübergeschickt war, ein paar internationalen Händlern, namentlich Asher Wertheimer. So kam die sehr gelungene Ausstellung zustande, die u.a. ein selbst in England nie auf einer Ausstellung gezeigtes Meisterwerk, Gainsboroughs »Blue Boy«, enthielt, und deren Erfolg ein ganz außerordentlicher war.

Für das folgende Jahr wurde eine ähnliche Ausstellung der französischen Malerei des 18. Jahrhunderts beschlossen, für die wieder Graf Seckendorff den Plan entwarf und alle Vorbereitungen traf, diesmal zusammen mit dem Sekretär der französischen Botschaft, Baron Berckheim. Sie bestimmten die französische Regierung zur Beteiligung und erwirkten namentlich in Paris die Zusage einer Reihe der bekanntesten Sammler.

Etwa zwei Monate, bevor die Ausstellung eröffnet werden sollte, kamen die beiden Herren zu mir und baten mich, doch gleich mit ihnen zum Botschafter M. Cambon zu fahren, da das Zustandekommen der Ausstellung aufs höchste gefährdet sei. Der Botschafter bestätigte mir dies. Herr Kampf habe seit Monaten nichts mehr von sich hören lassen, habe es nicht der Mühe wert erachtet, ihn aufzusuchen, und jetzt schicke er, ohne Rücksicht auf ihn zu nehmen, gedruckte Aufforderungen an die Sammler, in denen er ihnen mitteilte, daß er dies oder jenes Bild nach Prüfung an Ort und Stelle für die Ausstellung auswählen würde. Daß diese saloppe Art der Aufforderung in der Tat erfolgt war, davon hatte ich gerade ein paar[208] Tage vorher den Beweis erhalten. Fürst Johannes Liechtenstein hatte mir einen solchen Bogen, in dem er aufgefordert wurde, zu der auf A.H. Wunsch Sr. Majestät des Kaisers vorbereiteten französischen Ausstellung seine Gemälde von Chardin einzusenden, mit der Anfrage an mich geschickt, ob der Kaiser sich wirklich für die Ausstellung interessiere, und wer dieser Herr Präsi dent Kampf sei, der das Formular unterzeichnet habe. Auf Wunsch des Botschafters, der schon im Begriff war, die Beteiligung der Republik an der Ausstellung auf jene Behandlung hin zu widerrufen, begab ich mich zum Minister von Trott, der nur ein Lächeln über diese unnötige Aufregung hatte, die Künstler seien ja alle bummlig, liebten nun mal den schriftlichen Verkehr nicht, er würde Kampf aber sofort zu Herrn Cambon schicken. So geschah es und die Ausstellung kam zum Schluß glücklich zustande.

Schon zwei Jahre früher hatte ich eine ähnliche Erfahrung gemacht. Damals war auf Anregung und mit Unterstützung der Regierung einer der ersten, bisher regelmäßig ohne besonderen Erfolg verlaufenen Versuche einer Förderung des Verkaufs deutscher Kunstwerke durch Ausstellungen im Ausland, im Lande der Milliardäre, in Vorbereitung. Um den Erfolg zu sichern, wünschte man die Ausstellung als Eröffnungsausstellung in einem eben fertig gewordenen Flügel des Metropolitan Museums zu machen. Dies wurde von New York aus abgelehnt, aber es wurde unserem Generalkonsul unter der Hand mitgeteilt, daß bei meinen Beziehungen zu den amerikanischen Sammlern, besonders zu John Pierpont Morgan, wahrscheinlich durch meine Vermittlung die Genehmigung doch noch zu erlangen sei. Herr Kampf trat sofort, unterstützt von Geheimrat Schmidt, mit der Bitte an mich heran, mich doch im Interesse der guten Sache an Mr. Pierpont Morgan zu wenden. Dieser sagte schließlich zu, unter der Bedingung, daß ich die Auswahl der Bilder mitträfe. Ich wurde also mit Kampf und Marr in das Komitee gewählt; wir machten aus, daß letztere die Auswahl treffen und mir dann vorlegen sollten. Das war im Frühling; ehe ich den Sommerurlaub nahm, erinnerte ich[209] Herrn Kampf brieflich an unsere gemeinsame Aufgabe, schrieb dann noch einmal vom Urlaub aus, und als ich wieder keine Auskunft erhielt, sandte ich im Herbst eine neue Aufforderung durch das Ministerium an Herrn Kampf. Da erfolgte unter einigen Floskeln, die Entschuldigungen sein sollten, die kurze Antwort, daß die Bilder sämtlich bereits verpackt in Bremerhaven lägen, um in einigen Tagen nach New York abgeschickt zu werden.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 207-210.
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