Lovis Corinth – Eine Biografie

Lovis Corinth (* 21. Juli 1858 in Tapiau, Ostpreußen, als Franz Heinrich Louis Corinth; † 17. Juli 1925, Zandvoort, Niederlande) zählte neben Max Liebermann und Max Slevogt zu den wichtigsten und einflussreichsten Vertretern des deutschen Impressionismus, wobei vor allem seine späten Werke allerdings häufig als eine Synthese aus impressionistischem und expressionistischem Schaffen angesehen werden.


Frühe Jahre und Ausbildung

Lovis Corinth wurde am 21. Juli 1858 als Franz Heinrich Louis Corinth im ostpreußischen Tapiau, dem heutigen Gwardejsk im russischen Oblast Kaliningrad, geboren. Seine Eltern, Heinrich und Wilhelmine Corinth, betrieben eine Gerberei sowie einen größeren landwirtschaftlichen Betrieb. Er war das einzige gemeinsame Kind der beiden, hatte jedoch mütterlicherseits fünf Halbgeschwister, mit denen er aufwuchs.

Von 1866 bis 1873 ging Louis auf das Kneiphöhische Gymnasium in Königsberg, dem heutigen Kaliningrad. Während dieser Zeit lebte er bei seiner Tante in Königsberg. Mit dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges 1870 zogen Soldaten in die Wohnung seiner Tante ein. Als 1873 seine Mutter verstarb, ging Corinth zurück auf den Hof seiner Eltern, wenig später wuchs in ihm der Wunsch, Maler zu werden. Er selbst beschrieb dies in seiner Selbstbiografie als einen von vielen Wünschen: »Es fiel gerade Ostern mein Lebensberuf auf den Maler, denn fast jeden Monat hatte ich eine andere Leidenschaft, mein Leben einzurichten: Soldat, Matrose, vor allem Landwirt wechselten in buntem Reigen und heute wollte es das Schicksal, daß ich Maler werden wollte. Bei diesem Berufe verharrte ich nun treu und niemals wollte ich es bereuen.«

Wenig später verkaufte sein Vater das Anwesen in Tapiau und zog mit seinem Sohn nach Königsberg, um ihm dort eine Malerausbildung zukommen zu lassen. Corinth ging an die Akademie und lernte als Schüler von Otto Günther vor allem die Grundlagen der Malerei sowie die konservative Historienmalerei kennen. Gemeinsam mit Günther und dessen Schülern reiste Corinth nach Berlin und Thüringen und besuchte die Ateliers von Albert Brendel, der zu diesem Zeitpunkt Direktor der Weimarer Kunstschule war, sowie Friedrich Preller und Karl Buchholz. Seine eigenen Arbeiten konzentrierten sich auf Porträts und Landschaftsbilder.

München, Antwerpen, Paris

1880 ging Corinth auf Empfehlung seines Lehrers Günther an die Kunstakademie nach München, die zu der Zeit als bedeutendstes Zentrum für Malerei neben Paris galt und mit der Kulturszene dieser Stadt im engen Austausch stand. Louis Corinth besuchte zuerst die Klasse von Franz von Defregger und wechselte dann zu Ludwig Löfftz, einem ehemaligen Schüler von Wilhelm Diez. Zu seinen Mitschülern gehörten unter anderen auch Hand Ode und Bernt Grönvold, mit denen Corinth auch noch Jahre später Kontakt hatte. Corinth schloss sich der Strömung des Naturalismus an, der sich zu dieser Zeit gegen die klassische Historienmalerei durchzusetzen begann. Auch die Aktmalerei spielte eine große Rolle in seiner Ausbildung; 1883 entstand auf diese Weise sein Gemälde Schächer am Kreuz, bei dessen Konzeption neben dem Einfluss seines Lehrers Löfftz auch der des ehemaligen Löfftz-Schülers Karl Stauffer-Bern zu erkennen ist. Ein weiterer wichtiger Lehrer in München wurde für Corinth Wilhelm Trübner, für den er 1920 auch einen Nachruf verfasste.

Zwischen 1882 und 1883 unterbrach er das Studium und leistete seinen Militärdienst ab, danach begab er sich mit seinem Vater auf eine Reise, die vor allem nach Italien und an den Gardasee führte. Danach nahm er das Studium erneut auf.

Im Jahr 1884 ging Corinth für drei Monate nach Antwerpen und studierte dort bei Paul Eugène Gorge. Im gleichen Jahr konnte er mit seinem Gemälde Das Komplott seinen ersten internationalen Erfolg verbuchen: Das Bild wurde auf einer Ausstellung in London mit einer Bronzemedaille ausgezeichnet. Im Atelier von Gorge entstand das Gemälde Neger Othello, eine Porträtdarstellung eines schwarzen Mannes, das bis heute zu seinen bekanntesten Bildern gehört. Im Oktober des Jahres reiste er weiter nach Paris und trat dort in die Privatakademie Académie Julian ein. Er lernte bei Tony Robert-Fleury und Adolphe William Bouguereau, die ihm vor allem die Praxis der Aktmalerei von Frauen, »peintre de la femme«, näher brachten. Sie beeinflussten damit sehr deutlich sein weiteres Schaffen, vor allem die Gestaltung seiner literarischen Frauenbildnisse der nächsten Jahre. Er selbst war in Paris allerdings wenig erfolgreich und kehrte nach dem Aufenthalt mit etwa 20 großformatigen Bildern zurück, vornehmlich Aktdarstellungen. Obwohl zur gleichen Zeit auch moderne und prominente Impressionisten in Paris weilten und Bilder wenige Jahre vorher verstorbener Meister wie Gustave Courbet oder Édouard Manet in Paris zu sehen waren, bekam er von diesen nichts mit. Inspirationen fand er dagegen in Ausstellungen von Jean Louis Ernest Meissonier, Wilhelm Leibl und vor allem durch eine Retrospektive von Jules Bastien-Lepage.

Im Sommer 1886 reiste Corinth gemeinsam mit Hans Ode an die Ostseeküste, um hier Landschaftsimpressionen und Porträts zu malen, 1887 kehrte er zurück nach Königsberg und porträtierte seinen Vater – und hatte mit der Ausstellung dieses Bildes in der Königsberger Akademie wiederum keinen Erfolg.

1887 zog Louis Corinth nach Berlin und verbrachte hier einen Winter, in dem er unter anderen Max Klinger, Walter Leistikow und Karl Stauffer-Bern kennen lernte. In Berlin entstand wahrscheinlich auch sein erstes Selbstbildnis, dem im Laufe seines Lebens noch etliche folgen sollten. Im darauf folgenden Jahr kehrte er jedoch wieder zurück zu seinem mittlerweile schwer kranken Vater nach Königsberg und porträtierte ihn dort noch mehrmals, bevor dieser am 10. Januar 1889 starb.

München 1891 bis 1900

1890 wurde das Gemälde Pietà (Kreuzabnahme), das er im Pariser Salon eingereicht hatte, mit einer Auszeichnung geehrt. In seiner Arbeit bestätigt, entschloss sich Corinth 1891 wieder nach München zurückzukehren. Hier suchte er sich eine Wohnung in Schwabing, den Ausblick aus seinem Atelierfenster hielt er im gleichen Jahr in mehreren Gemälden fest, Werke, in denen er sich, ebenso wie in Waldinneres bei Bernried, mit dem zu dieser Zeit in München aktuellen Pleinairismus beschäftigte – die Künstler verließen ihr Atelier und fingen Motive »unter freiem Himmel« ein. Der Pleinairismus wurde in Deutschland vor allem durch Künstler wie Arnold Böcklin, Max Klinger und Hans Thoma transportiert, die in München zu den populärsten Gestalten der Kunstszene gehörten. Als Münchner Malerfürsten galten Friedrich August von Kaulbach, Franz von Lenbach sowie Franz von Stuck. Neben den benannten Bildern war das Hauptwerk Corinths in dem Jahr der Diogenes – eine Darstellung des Diogenes im Großformat. Die Ausstellung des Bildes im Münchner Glaspalast wurde allerdings nicht mit dem erhofften Erfolg quittiert, sondern erntete massive Kritik, die Corinth an seinem Schaffen zweifeln ließ. Von seinem Freund Otto Eckmann ließ er sich die Kunst des Radierens beibringen und bis 1994 erschien sein Radierzyklus Tragikomödien, in dem er auf den Jugendstil auf der einen und das Werk Max Klingers auf der anderen Seite Bezug nahm.

Ab 1892 entstand eine Reihe von Gemälden, die Schlachthausszenen wiedergeben und damit die Kritiker wieder überzeugen konnten. Die Bilder waren realistisch dargestellt und provozierten durch ihr Motiv. Corinth hatte Anschluss gefunden an die »Revolutionäre« der Münchner Kunstszene, die nicht im etablierten Glaspalast ausstellten, sondern sich in der Allotria trafen. 1892 gründete sich aus dieser Vereinigung die Münchner Secession, der sich neben Corinth auch Max Liebermann, Otto Eckmann, Thomas Theodor Heine, Hans Ode, Hans Thoma, Wilhelm Trübner, Franz von Stuck und Fitz von Uhde anschlossen. Direkt im Anschluss, 1893, wollte Corinth gemeinsam mit Eckmann, Trübner, Heine, Max Slevogt, Karl Strathmann, Hermann Obrist und Peter Behrens die Freie Vereinigung gründen, um die Ausstellungssituation zu verbessern. Daraufhin kam es zum Streit in der Secession, die Gründung scheiterte und die Beteiligten wurden von der Münchner Secession ausgeschlossen. Als Münchner 24 fanden sie in der Galerie Schulte in Berlin eine Ausstellungsmöglichkeit.

1895 malte Lovis Corinth mit seiner Kreuzab nahme das erste Bild, dass er tatsächlich verkaufen konnte. Es wurde noch im selben Jahr im Glaspalast ausgestellt und erhielt hier eine Goldmedaille als Auszeichnung. Zwischen 1895 und 1900 stellte er eine Reihe weiterer Gemälde hier aus, die jedoch kein größeres Aufsehen erregen konnten. Über einen Freund kam Corinth um 1895/96 in Kontakt mit der Münchner Literatengruppe Die Nebenregierung, der unter anderen die Schriftsteller Max Halbe, Graf Eduard von Kayserling, Frank Wedekind und Otto-Erich Hartleben angehörten. 1896 gehörte er zudem zu den Gründungsmitgliedern der Freimaurerloge In Treue fest, die bis heute besteht und für die er 1898 das Gemälde Die Logenbrüder malte, auf dem zwölf Mitglieder seiner Loge abgebildet sind. In den Folgejahren entstanden eine Reihe seiner erfolgreichsten und bis heute bekanntesten Gemälde. So schuf er 1896 sein Selbstporträt mit Skelett, 1897 das Gemälde Die Hexen sowie Die Versuchung des heiligen Antonius. Nach einem Umzug innerhalb Münchens malte er 1900 die Salome, in die er selbst große Hoffnungen legte – und die für eine Ausstellung der Münchner Secession abgelehnt wurde. Durch diesen Misserfolg bekräftigt, entschied sich Corinth, München zu verlassen und nach Berlin zu gehen. Dort hatte er weiterhin Kontakt zu Walter Leistikow, der in der Zwischenzeit mit Max Liebermann und Paul Cas sirer die Berliner Secession gegründet hatte. Salome wurde in Berlin durch die 2. Secessionsausstellung im Juli 1900 ein Erfolg und Corinth wurde nach eigenen Worten »in Berlin eine Kapazität.« Auch seine Bilder Susanna und die beiden Alten sowie die Kreuzigung wurden auf dieser Ausstellung gezeigt und durch Leistikow erhielt Corinth seine ersten Porträtaufträge in Berlin.

Berliner Jahre

Im Herbst 1901 zog Lovis Corinth nach Berlin und wurde Mitglied der Berliner Secession. Im gleichen Jahr wurde das Gemälde Perseus und Andromeda auf der Secessionsausstellung bei Paul Cassirer gezeigt – neben Gemälden der mittlerweile verstorbenen Künstler Vincent van Gogh, Wilhelm Leibl und Arnold Böcklin. Das Atelier in der Klopstockstraße bekam Corinth wieder von Leistikow und am 14. Oktober 1901 eröffnete Corinth eine Malschule. Seine erste Schülerin war die damals 21 Jahre alte Charlotte Berend, die ihm seitdem regelmäßig Modell stand. Die Malschule wurde zu einem finanziellen Erfolg und auch seine Bilder wurden bekannter.

Bereits im Dezember veranstaltete Paul Cassirer eine Ausstellung, die sich ausschließlich Lovis Corinth widmete und ein Jahr später wurde Corinth in den Vorstand der Secession gewählt. Das Porträt des Dichters Peter Hille wurde als Bestandteil der Secessionsausstellung 1902 gemeinsam mit weiteren Bildern Corinths präsentiert: Samuels Fluch auf Saul, Die Grazien und das Selbstporträt mit Modell. Neben seinen Werken wurden auch Bilder von Édouard Manet und Edvard Munch auf dieser Ausstellung ausgestellt, und das Hille-Porträt wurde 1908 von der Kunsthalle Bremen gekauft.

Am 26. März 1903 heirateten Lovis Corinth und Charlotte Berend, wobei sie sich für den Doppelnamen Berend-Corinth entschied. Am 13. Oktober des Jahres kam ihr gemeinsamer Sohn Thomas Corinth auf die Welt und die Familie zog in die Händelstraße um. Die Tochter Wilhelmine Corinth folgte sechs Jahre später am 13. Juni 1909.

In der Jahresausstellung 1903 präsentierte Corinth vor allem das Mädchen mit dem Stier und Odysseus im Kampf mit dem Bettler, 1904 folgten Tiny Senders und die Grablegung. Im gleichen Jahr zeigte Cassirer in seiner Galerie eine Ausstellung des Franzosen Paul Cézanne, die Corinth stark beeinflusste. 1906 begann Corinth dann mit seinem ersten größeren literarischen Werk – seiner Selbstbiographie, die er bis zu seinem Tod 1925 weiterschrieb und die 1926 posthum von seiner Frau veröffentlicht wurde. Im gleichen Jahr produzierte er eine Reihe sehr bekannter und Aufsehen erregender Gemälde, darunter die Kreuzabnahme, Jugend des Zeus, Nach dem Bade sowie Rudolf Rittner als Florian Geyer. 1907 folgten Die Gefangennahme Simsons, Das große Martyrium, das Selbstporträt mit Glas sowie der vielbesprochene Liegende Akt.

Im Jahr 1908 erschienen zwei Schriftwerke von Corinth – zum einen die Legenden aus dem Künstler leben, wie die bereits erwähnte Selbstbiographie ein autobiografisches Werk, und das Buch Das Erlernen der Malerei, ein Lehrbuch, in dem er dem Leser die Kunst der Malerei näher bringen wollte und ihn mit den Techniken vertraut machte. Auch sein künstlerisches Oeuvre des Jahres war beachtenswert: Susanna im Bade, Orpheus und das Porträt des Malers Walter Leistikow. Letzterer verstarb in dem Jahr und neben dem Bild widmete ihm Corinth auch ein Buch unter dem Titel Das Leben des Malers Leistikow, welches 1910 bei Cassirer erschien.

1910 konnte Corinth wieder einige seiner Bilder in der mittlerweile etablierten Secessionsausstellung unterbringen. In diesem Jahr präsentierte er Die Waffen des Mars, Fußwaschung und vor allem das Familienporträt Der Künstler und seine Familie, auf dem er seine gesamte Familie abbildete. Corinth gehörte zu diesem Zeitpunkt neben Max Liebermann zu den beliebtesten und gefragtesten Künstlern der Berliner Secession und konnte im gleichen Jahr mehrere Bilder an die Hamburger Kunsthalle verkaufen.

Im Jahr 1911 trat Max Liebermann als Präsident der Berliner Secession gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern Max Slevogt, Paul Cassirer und weiteren vom Vorsitz zurück, während Lovis Corinth zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Im gleichen Jahr veranstaltete die Secession eine Ausstellung zur Eh rung des verstorbenen Mitglieds Fritz von Uhde, in der Frühjahrsaustellung wurden zudem Werke von Pablo Picasso und Ferdinand Hodler gezeigt. Corinth präsentierte auf dieser Ausstellung seine Gemälde Nana und zwei Porträts von Ferdinand Meyer. Im Dezember des Jahres erlitt er einen Schlaganfall, der zu einer halbseitigen Lähmung führte. Das Frühjahr 1912 verbrachte er mit seiner Frau an der Riviera, um sich zu erholen und im Sommer malte er Der geblendete Simson. Im Dezember des Jahres wurde Paul Cassirer wieder in den Vorstand der Secession gewählt – Corinth trat daraufhin zurück und lehnte einen Posten in Vorstand oder Jury ab.

Im Jahr 1913 erschien die erste Monographie über den Künstler Lovis Corinth, geschrieben von Georg Biermann. Als Versöhnungsakt mit Corinth veranstaltete Paul Cassirer in dem Jahr eine große Retrospektive mit den Werken Corinths, die von Max Liebermann eröffnet wurde. Insgesamt präsentierte Corinth auf dieser Ausstellung 228 Ölgemälde. Neben dieser Ausstellung konnten Corinths Gemälde im selben Jahr auch bei der Großen Kunstausstellung Düsseldorf 1913 in Mannheim und der Weltausstellung in Gent sowie in verschiedenen Galerien und Museen in Baden-Baden, München und Dresden betrachtet werden. Auch auf der Frühjahrsaustellung der Berliner Secession, die in diesem Jahr ihr 15jähriges Bestehen beging, waren mit Ariadne auf Naxos und Orientalischer Teppichhändler Bilder von Corinth zu sehen. In der selben Ausstellung wurde zudem erstmalig der Maler Henri Matisse gezeigt, neben vielen weiteren bedeutenden Künstlern, die die ersten 15 Jahre der Secession begleitet hatten. Diese Ausstellung, ebenso wie die im Herbst 1913 durchgeführte Herbstausstellung mit Bildern von Edvard Munch, Pablo Picasso, Ernst Ludwig Kirchner und anderen, war sehr erfolgreich. Die Erfolge der Secession und der Ausstellungen Cassirers konnten jedoch nicht über die internen Streitigkeiten hinwegtäuschen: Im gleichen Jahr kam es zu massiven Vorwürfen gegen Cassirer in seiner Doppelfunktion als Jurymitglied der Secession und als Kunstverkäufer, die zum Austritt von 42 Künstlern inklusive Max Liebermann und dem gesamten Vorstand aus der Secession führte und darin ihren Höhepunkt hatte. Lovis Corinth blieb in der nun als Freie Secession bekannten Vereinigung und war der einzige Künstler mit internationalem Ruhm.

Im Jahr 1914 bereiste Corinth Monte Carlo und Rom, dort vor allem den Vatikan, um sich die Fresken von Raffael anzuschauen. Danach ging seine Reise weiter nach St. Moritz, wurde dort jedoch aufgrund des beginnenden Ersten Weltkrieges abgebrochen. Als am 1. August dann tatsächlich der Krieg begann, gehörte Corinth neben Slevogt, Liebermann und Ernst Barlach zu den prominenten Künstlern , die dies begrüßten. Corinth, der sich bereits in seinem Vortrag »Über das Wesen der Malerei« im Januar 1914 vor der Freien Studentenschaft der Berliner Universität patriotisch geäußert hatte, sah in dem Krieg die Chance eines Neubeginns, in dem die deutsche Kunst zeigen konnte, dass sie die international bedeutsamste sei: »Wir wollen der Welt zeigen, daß heute deutsche Kunst an der Spitze der Welt marschiert. Fort mit der gallisch-slawischen Nachäfferei unserer letzten Malerperiode!«

1915 wurde Corinth erneut Vorsitzender der Berliner Secession und konzipierte eine Ausstellung, in der vor allem auf die alten Werte der deutschen Malerei Wert gelegt werden sollte. Er selbst stellte hierfür mehrere Stillleben und Porträts sowie die Gemälde Joseph und Potiphars Weib zur Verfügung.

In den Folgejahren konzentrierte sich Corinth vermehrt auf den Krieg und verarbeitete dies auch in seinen Bildern. So entstanden 1917 Kain sowie das Porträt des Großadmirals Alfred von Tirpitz. Im gleichen Jahr veröffentlichte der Autor Karl Schwarz mit dem Buch Das graphische Werk des Lovis Corinth eine erste umfassende Darstellung der Zeichnungen und Grafiken Corinths. Im August reiste Corinth in seine Heimatstadt Tapiau, die ihn zum Ehrenbürger machte und von ihm mehrere Werke geschenkt bekam.

Im März 1918 veranstaltete die Berliner Secession eine Ausstellung zum 60. Geburtstags Corinths, auf der 140 Ölgemälde von ihm gezeigt wurden, außerdem war er auch in der Frühjahrsausstellung wieder mit mehreren Werken vertreten. Zur gleichen Zeit begann auch die Berliner Nationalgalerie damit, eine systematische Sammlung seiner Bilder aufzubauen, die nach dem Krieg in der neuen Abteilung der Nationalgalerie Berlin im Kronprinzenpalais gezeigt wurden. Von der Berliner Akademie der Künste bekam er zudem den Professorentitel verliehen. Im gleichen Jahr ging der Krieg zu Ende, das Kaiserreich brach zusammen und wurde durch die Revolution und die nachfolgende Weimarer Republik abgelöst. Corinth sah sich dadurch in seinem Glauben an die deutsche Malerei erschüttert: »So ist der Hohenzollernstaat mit Stumpf und Stiel einstweilen ausgerottet. Ich fühle mich als Preuße und kaiserlicher Deutscher.«

Spätes Werk am Walchensee

Im Jahr 1919 kaufte Lovis Corinth ein Haus in Urfeld am Walchensee, welches vor allem seine Frau Charlotte ausbaute. Er benannte das Haus nach dem Spitznamen seiner Frau Haus Petermann. Das Haus am Walchensee wurde zum Rückzugsort des Künstlers, an dem er vor allem Landschaftsbilder, Porträts und Stillleben produzierte, sich von der aktiven Kunstszene allerdings auch immer mehr zurückzog. Seine Bilder vom Walchensee wurden ein großer Erfolg, auch wirtschaftlich. Nach seinen eigenen Worten wurde »niemals mehr verkauft als gerade nach dem Zusammenbruch. Es wurden einem förmlich die Bilder von der Staffelei gerissen, und niemals blühten die Ausstellungen im ganzen Deutschland mehr denn jetzt.« Im gleichen Jahr erschien die Radierungsmappe Antike Legenden, 1920 folgte mit Gesammelte Schriften eine Zusammenstellung mit Corinths wichtigsten Zeitschriftenbeiträgen und Aufsätzen.

Am 15. März wurde Lovis Corinth die Ehrendoktorwürde der Albertus-Universität in Königsberg verliehen, er selbst vollendete bis zu seinem Tod 1925 seine Selbstbiographie und malte Bilder wie Der rote Christus, das sehr deutlich die Brutalität der Kreuzigung darstellt, sowie Flora und die letzte Version von Susanna und die Alten. Außerdem entstanden Porträts aus dem Gedächtnis Corinths von verschiedenen Kollegen des Malers, darunter etwa Bernt Grönvolt, Leonid Pasternak und Georg Brandes. Weitere wichtige Werke seines Spätwerkes wurden Das trojanische Pferd, Carmencita und die Porträts seiner Kinder Thomas und Wilhelmine.

Zu seinem 65. Geburtstag 1923 veranstaltete die Nationalgalerie eine Ausstellung mit 170 Gemälden, die sich in Privatbesitz befanden. Weitere Ausstellungen mit Werken seines Spätwerkes folgten mit der Secessionsausstellung in Berlin und den großen Corinth-Ausstellungen im Kunsthaus Zürich und in Königsberg 1924. Im gleichen Jahr porträtierte er den Reichspräsidenten Friedrich Ebert, in dem er nach eigenem Bekunden weniger den Sozialdemokraten sah, als vielmehr den aktuellen Regenten Deutschlands, und dem er außerdem einen guten Charakter bescheinigte.

1925 wurde er Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Künste und in Berlin wurden seine Aquarellmalereien ausgestellt. Sein letztes großes Werk sollte der Ecce Homo werden, den er beendete, bevor er am 16. Juni 1925 zu einer Reise nach Düsseldorf und von dort nach Amsterdam antrat, um sich dort nochmals die Bilder von Franz Hals und Rem brandt anschauen zu können. Am 17. Juli verstarb er in Zandvoort nahe Amsterdam an einer Lungenentzündung, seine Leiche wurde nach Berlin überführt und hier auf dem Waldfriedhof Stahnsdorf beigesetzt. Postum erschien eine wichtige Monographie von Alfred Kuhns, und in Berlin fanden mit der Ausstellung der Gemälde und Aquarelle in der Nationalgalerie sowie der Graphikausstellung der Akademie der Künste 1926 zwei wichtige Gedenkausstellungen statt.

Corinths Werke zur Zeit des Nationalsozialismus

Obwohl Corinth zu Lebzeiten ein bedeutender und angesehener Vertreter deutscher Kunst war und diese auch in sehr patriotischer Weise darstellte und förderte, wurden viele seiner Werke zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland sehr kritisch gesehen. Während das impressionistische Frühwerk durchaus den Idealvorstellungen der Nationalsozialisten entsprach, wurden die späteren, teilweise sehr expressionistischen Werke als »entartet« betrachtet. Diese Wandlung im Werk des Künstlers interpretierte man als Folge seines Schlaganfalls 1911, und eine weitere Steigerung nach 1918 wurde mit einem zweiten Schlaganfall erklärt, der nie stattgefunden hatte.

Im Zuge der »Reinigung« wurden insgesamt 295 seiner Bilder beschlagnahmt, darunter ein großer Teil der Sammlung der Nationalgalerie sowie der Hamburger Kunsthalle. Einige der Werke wurden im gleichen Jahr in der Ausstellung »Entartete Kunst« in München gezeigt. Die meisten der Bilder wurden anschließend ins Ausland, vor allem in die Schweiz, verkauft.

Werke

Lovis Corinth produzierte während seiner Schaffenszeit über 1000 Gemälde sowie ähnlich viele Aquarelle, Zeichnungen und Graphiken. Außerdem schrieb er eine Reihe von Büchern und Aufsätzen in verschiedenen Zeitschriften der Kunstszene.

Viele seiner Gemälde und anderen Werke hängen heute in einer Reihe nationaler und internationaler Galerien und Museen, ein großer Teil befindet sich zudem in Privatbesitz. Vor allem während des 2. Weltkrieges, als viele seiner Gemälde von den Nationalsozialisten in Deutschland als Entartete Kunst klassifiziert wurden, gingen eine Reihe von Bildwerken verloren oder wurden zerstört.


Schriften

Neben einer Reihe von Zeitschriftenartikeln veröffentlichte Lovis Corinth einige Bücher:


  • »Das Leben Walter Leistikows. Ein Stück Berliner Kulturgeschichte«. Berlin: Bruno Cassirer, 1910.
  • »Das Erlernen der Malerei. Ein Handbuch«. 3. Auflage, Berlin: Bruno Cassirer, 1920.
  • »Legenden aus dem Künstlerleben«. 2. Auflage, Berlin: Bruno Cassirer, 1918.
  • »Selbstbiographie«. Leipzig: Hirzel, 1926.
  • »Meine frühen Jahre«. Hamburg: Claassen, 1954. (postum herausgegeben von Charlotte Berend-Corinth).

In der Ausgabe »Gesammelte Schriften« von 1920 wurden zudem eine Reihe von Aufsätzen Corinths gemeinsam mit vielen seiner Zeichnungen zusammengestellt.


  • »Gesammelte Schriften«. Herausgegeben und mit einem Vorwort von Kerstin Englert, Berlin: Fritz Gurlitt, 1920.

Literatur

BEREND-CORINTH, Charlotte: »Lovis Corinth, Werkverzeichnis«, neu bearbeitet von Béatrice Hernad, München: Bruckmann, 1992.

CORINTH, Thomas: »Lovis Corinth«. Tübingen: Wasmuth, 1979.

SCHRÖDER, Klaus Albrecht (Hrsg.): »Lovis Corinth (anlässlich der Ausstellung ›Lovis Corinth‹ im Kunstforum der Bank Austria in Wien vom 2. September bis 22. November 1992 und im Forum des Landesmuseums in Hannover vom 8. Dezember 1992 bis 21. Februar 1993)«. München: Prestel, 1992 (ISBN 3-7913-1221-9).

TIMM,Werner (Hrsg.): »Lovis Corinth – Die Bilder vom Walchensee; Vision und Realität«. Regensburg: Ostdeutsche Galerie, 1986 (ISBN 3-89188-041-3).

FELIX , Zdenek (Hrsg.): »Lovis Corinth – 1858–1925«. Köln: DuMont, 1985 (ISBN 3-7701-1803-0).

SCHUSTER, Klaus Peter, VITALI, Christoph, BUTTS (Hrsg.): »Lovis Corinth«. München; Prestel, 1996 (ISBN 3-7913-1645-19).

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