Judas ein Dieb geistlicher Güter.

[76] Daß Judas ein Dieb gewesen, ist bereits bei uns ein wahrhafter Glaubensartikel, massen solches das hl. Evangelium klar und deutlich bestätiget: Fur erat. Allein ist zu wissen, daß sein Diebstahl kein gemeines Verbrechen gewesen, wie bei mehrern henkermäßigen Gesellen zu sehen, sondern er ist ein Oberhaupt gewesen aller Kirchenräuber, ein Rädelsführer aller derjenigen, so an geistlichen Gütern wider allen Fug und Gerechtigkeit gewaltthätige Hand anlegen, und zwar aus doppelter Ursache; dann erstlich hat er diebischer Weise entfremdet das Geld, welches unserm Herrn und Heiland dann auch dem hl. apostolischen Kollegio gehörig gewesen, nachmals hat er die dreisig Silberlinge, um die er das allerhöchste Gut verkauft, von den Hohepriestern der Juden angenommen, welches Geld, zumal es aus dem Tempel war, weder die gewissenlose Priesterschaft konnte geben, weder der gottlose Gesell konnte annehmen. Es hat aber der[76] verruchte Böswicht Judas in dieser seiner Unthat sehr viel Nachfolger und Discipel.

Unser lieber Herr und Heiland hat in selbst eigner Person zu Jerusalem alle diejenigen, so mit Tauben gehandelt, zum Tempel hinaus gepeitscht. Den Adam samt seiner Mitkonsortin hat Gott aus dem Paradies gejagt durch einen Engel. Die Amoräer hat Gott aus ihrem Vaterland vertrieben durch Mucken und Wespen. Das ganze assyrische Kriegsheer hat er zu Boden gelegt durch einen Engel; aber wie er die leichtfertigen Taubenhändler im Tempel hat angetroffen, da wollte er solche Böswichte nicht strafen durch andere, sondern er selbst macht aus den Stricken, womit Stände, Butten, Kräxen und Tische gebunden waren, eine Geisel, und jagt die gewissenlosen Gesellen zum Tempel hinaus samt ihren Tauben. Hat nun der gebenedeite Heiland sogar die Tauben nicht wollen gedulden in seinem Tempel, wie viel weniger kann er darin leiden die Raubvögel, deren doch sehr viel gewest, und noch seyn, welche Kirchenschätze und geistliche Güter mehrmals zu sich ziehen, aber selten ja fast nie ohne sondere göttliche Strafe davon kommen.

Balthasar, der babylonische König, als er seinen Vater, jenen großen Nabuchodonosor, nachdem er todt, in dreihundert Stück zerhauen lassen, damit er nicht mehr vom Todten erweckt würde, dieser Balthasar stellte einst ein sehr großes und stattliches Banquet an, wobei der höchste Adel, das vornehmste Frauenzimmer und eine große Menge der Kebsweiber erschienen. Nachdem nun der Wein dem König in[77] den Kopf gestiegen, hat er alsobald den Befehl ertheilt, man soll alle goldenen und silbernen Geschirre, die sein Vater aus dem Tempel zu Jerusalem geraubt, her bei bringen, und daraus alle gegenwärtigen Gäste wacker Bescheid thun. Aber Gottes Strafe konnte nicht lange ausbleiben, in Ansehung des großen Kirchenraubes; dann obschon besagter König solchen Kirchenschatz nicht geraubt, sondern nur sein Vater, weil er aber diesen unrechtmäßig behalten, und nicht wiederum dem Tempel erstattet, also ist er ebenfalls als ein vermessener Kirchenräuber beschuldiget worden, und folgsam der göttlichen Rache unterworfen, massen noch bei dieser währender Mahlzeit eine Hand ohne Arm an der Wand erschienen, und ihm den Untergang angedeutet, so noch in selbiger Nacht vollzogen worden; dann etliche Stunden hernach die Persianer mit großer Macht die Stadt Babylon eingenommen, erstbenannten König erwürgt, als Frauenzimmer niedergehaut, Fürsten und Granden gefangen genommen, und folgsam das ganze Königreich in fremde Hände gerathen. Solche Strafe verdiente der Kirchenraub.

Wie Petrus samt wenig andern auf den Befehl Christi, so dazumal gegenwärtig war, den großen Fischzug gethan, da hat er vermerkt, das Netz möchte ihm zu schwer seyn, und folgsam ohne Lebensgefahr nicht ablaufen, wessenthalben sie etlichen andern Fischern, so nit weit von ihnen, mit den Händen gewunken, sie sollen ihnen dießfalls beispringen, und einige Hülfe leisten, annuerunt Sociis, wie kommts aber, daß sie nicht schrien oder pfiffen haben, wie dergleichen Leut zu thun pflegen? etwa seyn die andern[78] gehörlos gewest, das nicht, das wohl nicht, sondern sie haben derentwegen kein Geschrei gemacht, noch weniger ein ungereimtes Pfeifen vollbracht, weil sie gedacht, daß dergleichen Sachen nicht geziemen an einem Ort, wo der Herr und Heiland gegenwärtig ist. Dion. Carthus. in Luk. Geziemt sich das nicht und scheint gar ungebürtig, an einem Ort zu schreien, wo Christus gegenwärtig, wie viel weniger reimt sich, ja wie viel sträflicher ist es, wann jemand sogar zu stehlen und rauben sich vermesset aus dem Tempel, allwo Gott selbst gegenwärtig. Dergleichen Frevel werden selten ungezüchtiget gelassen.

Zu Bilbai in Spanien ist ein wunderthätiges Bildnuß der Mutter Gottes Maria, allwo sich neben vielen andern dieses Denkwürdige zugetragen: Anno 1523 hat bei nächtlicher Weil ein vermessener Dieb das heilige Bildnuß völlig beraubt, und sehr kostbare Kleinodien davon getragen. Endlich wollte er auch die guldene Kron von dem Haupt nehmen, welches aber die Mutter Gottes, als eine Königin Himmels und der Erde nicht wollte zulassen, sondern die Hand dieses hölzernen Bildnuß hat dergestalten den Arm des Diebs gehalten, daß er von solchem Raub mußte abstehen. Gleichwohl ist der gottlose Mensch hiedurch nicht in sich gangen, sondern mit dem andern Raub davon gangen, aber nicht nach seinem Wunsch oder Verlangen; dann als er bei einer großen Schaafheerde wollte vorbei gehen, da hat sich ein großer Widder hervor gemacht, den Dieb mit seinen Hörnern dergestalten beängstiget, daß er endlich von diesem Duell ganz matt mußte den Rückweg nehmen. Wie er nun[79] einen andern Weg gesucht, und dermalen eine große Kühheerde angetroffen, da hat sich alsobald ein Ochs hervor gemacht, und den Dieb dermassen beunruhiget, daß er wiederum dem hartnäckigen Ochsenkopf mußte den Sieg lassen, und anderwärts einen Weg suchen, aber auch dießmal in seiner Hoffnung betrogen worden. Dann als er wollte durch ein sehr angenehmes Wäldlein, so ihm vorhin nur gar wohl bekannt, mit guter Gelegenheit durchpassiren, hat er dasselbe also mit Gesträuß und Dornhecken verwachsen gefunden, daß ihm unmöglich mehr gewesen, weiter zu gehen, mußte also Mattigkeit halber sich niederlegen und schlafen. Unterdessen in der benachbarten Kirche allwo er den Raub begangen, haben von freien Stücken ohne einige Handanlegung eines Menschen die Glocken sich selbst geläutet, wodurch männiglich veranlaßt worden, in die Kirche zu laufen, und sobald sie daselbst das spolirte Maria-Bildnuß gesehen, haben sie unschwer können abnehmen, daß die Glocken den Kirchenräuber wollen verrathen, wie auch bald geschehen, massen sie ihn unter einem Baume schlafend gefunden, und nicht lang hernach zur verdienten Strafe gezogen. Bleibt also der Kirchendiebstahl selten ohne Strafe.

Wie bei nächtlicher Weile der Patriarch Jakob die Leiter gesehen, an welcher die Engel auf- und abstiegen, und oberhalb Gott selbst die Leiter gehalten, da ist er über alle Massen hierüber erschrocken, ja sogar aufgeschrien, wie erschrecklich ist dieses Ort. Aber was ist doch die Ursache gewest solches Schreckens? diese und keine andere. Es ist ihm dazumal[80] geoffenbaret worden, daß an diesem Ort inskünftig der schöne salomonische Tempel soll gebaut werden, worüber er sich auf alle Weise entsetzt hat, in Erwägung, daß er an einem solchen Orte geschlafen und folgsam wider den gebührenden Respekt gehandelt, an welchem Ort eine künftige Wohnung Gottes sollte werden. Lyran in hunc loc. Hat sich derenthalben der fromme und gottesfürchtige Jakob geforchten, weil noch nicht wirklich daselbst ein Tempel gestanden, sondern erst inskünftig soll aufgerichtet werden. Wie können sich dann freventlich unterfangen einige gewissenlose Leute, so bei nächtlicher Weil gar die Tempel bestehlen und ausrauben? Gewiß ist es, daß solche Unthat fast nie ungerochen bleibt.

In Sabaudia nicht weit von Kantusia ist eine sehr schöne Kirch, so von alten Zeiten her dem heil. Pankratio gewidmet, allwo auch erstgedachten heil. Martyrers Reliquien und Heiligthümer aufbehalten werden. In diesem Tempel wegen der großen Verdienste des heil. Pankratii geschehen über alle Massen viel Mirakel und Wunderwerk, unter denen nicht das geringste, so sich mit einem zugetragen hat. Dieser führte einen ehrlichen Handel und nahm meistentheils seinen Weg bei solcher Kirch vorbei. Einmal mangelte ihm ein Stecken, womit er seinen Sämesel konnte besser antreiben, machte ihm derowegen keinen sondern Skrupel, sondern nimmt aus besagter Kirche eine Krucke, deren eine große Anzahl daselbst gehangen, und braucht solche anstatt des Steckens; kaum aber, daß er eine Viertelstund von dem Ort kommen, da ist ihm augenblicklich durch eine unsichtbare Hand und[81] Gewalt der Hals dermassen umgetrieben worden, daß ihm das Angesicht auf dem Rücken gestanden, auch so lang verblieben, bis er solche Frechheit genugsam bereuet und dem heil. Martyrer Pankratio allemal, so oft er werde vorbeireisen, zwei Pfund Oel versprochen, worüber er zu voriger Gesundheit gelanget.

Zu dem Abraham kommen auf eine Zeit drei Engel in Gestalt der Fremdlinge und nehmen bei ihm die Einkehr, zumal er sehr freundlich gegen alle Gäste. Da er sie nun wohl traktiret und den guten Willen samt dem Werk erwiesen, da bringen sie ihm die Zeitung, daß ihm ein männlicher Erb werde geboren werden, welches der Sara, so dazumal aus weiblichem Vorwitz hinter der Thür zugelost, eine Ursach geben, daß sie hierüber gelacht und geschmutzt hat, zumalen sie bereits eines hohen Alters, welches sie selbst bekennt, so sonsten andere Weiber niemals recht bekennen, sondern allzeit für jünger wollen angesehen seyn. Der Engel wirft alsobald dem Abraham vor, warum die Sara gelacht habe, als müßte ein Mann als Oberhaupt Rechenschaft geben von allem Thun und Lassen seines Weibs? aber soll dann ein wenig Lachen ein so großes Verbrechen seyn? Das Traktament daselbst war ein Sinnbildnuß des höchsten Altars-Geheimnuß, das Tentorium oder Hütte aber ein Tempel; daher wollte der Engel zu verstehen geben, daß es fich gar nicht gebühre, an einem solchen Ort im wenigsten zu lachen. Procop. apud Cornel a Lapide. Kann nun der allmächtige Gott an einem solchen Ort das Lachen nicht leiden, wie mißfällig wird es dann ihm fallen, wann man daselbst raubt und stiehlt. Allen[82] solchen verruchten Leuten kann die göttliche Straf nicht lang ausbleiben.

An einem Ort, Schönfeld genannt, hat sich ein kecker Dieb unterfangen, aus der Kirche des heil. Aethelberti einen schönen und kostbaren Teppich zu rauben, massen er durch die Mauer zu ebner Erde ein Loch gemacht, wodurch er gar leicht und ohne einige Beschwernuß hat können hineinschliefen; wie er aber mit der reichen Beut wiederum wollte den Rückweg nehmen, und bereits mit dem halben Leib unter dem Loch begriffen, da hat sich durch sondere Verhängnuß Gottes die obere Mauer also auf seinen Rücken gesenkt, daß er weder für sich, noch hinter sich konnte, und solang mußte verbleiben, bis des andern Tages männiglich zu diesem Spektakul kommen. Wie nun der gottlose Kirchenräuber vor allem Volk zu Schanden worden, da hat sich wunderbarlich die Mauer wieder in die Höhe gehebt, und der vermessene Dieb gar leicht seinen Ausgang gewonnen.

O verruchte, verfluchte Hand Malchi! welche sich so weit vermessen, daß sie sogar dem göttlichen Angesicht Christi des Herrn, welches alle englischen Geister mit so großer Ehrenbietsamkeit anbeten, einen harten Backenstreich versetzt: soll dann nicht Donner und Hagel diese Schmach gerächet haben? soll dann nicht Feuer und Flammen sich ihres Schöpfers angenommen haben? soll dann die Erd diesen Bösewicht nicht lebendig verschlickt haben? soll dann die Luft haben diese Unthat ungerochen lassen? soll dann das Wasser, ob es schon eines weichmüthigen Herzens, nicht hart verfahren seyn mit diesem vermessenen Bösewicht?[83] nichts ist geschehen, geschehen ist nichts weiter, als daß der sanftmüthigste Heiland in diese kurze Wort ausgebrochen: Cur me caedis? Warum schlägst du mich? Entgegen unterstehet sich einmal der König Jeroboam, den Propheten des Herrn in dem Tempel zu fangen, und sobald er nur die Hand ausgestreckt gegen erstbenannten Diener Gottes, da war schon die göttliche Straf gegenwärtig, massen die Hand alsobald völlig verdorret, todt, unbrauchbar worden. Allmächtiger Gott! warum wird Malchi Hand nicht gestraft, welche eine weit größere Unthat begangen, als die Hand Jeroboam? darum, sagt der weltkundige pacensische Bischof, darum, sagt dieser hocherleuchte Cerda, darum, weil der Malchus eine Schmach Christo dem Herrn angethan, Jeroboam aber dem Tempel, die Schmach aber des Tempels hat Gott höher und härter angezogen, als die seinem eingebornen Sohn angethan. Wann Gott solche gewaltthätige Händ nit kann gedulden in seinem Tempel, wie viel weniger wird er leiden die räuberischen.

Guilelmus, mit dem Zunamen Ruffus der Rothschädel, hat um das Jahr Christi 1100 einen elenden Tod genommen, dann als er sich auf eine Zeit mit einer Jagd erlustigte, und einem Kavalier mit Namen Walthero Tyrell ernstlich befohlen, er solle einen Hirschen, so unweit von ihm gestanden, schießen, siehe! da ist der Pfeil zurückgeprellt, und dem König das Herz völlig durchdrungen, worvon er augenblicklich todt niedergesunken. Weil dazumal niemand gegenwärtig als ein armer Kohlenbrenner mit einem schlechten Karren, woran ein alter Schimmel gespannt war, also mußte[84] dieser den Körper des Königs, welcher alsobald mehr erschwarzet, als alle Kohlen, die in seiner Kohl-Kreinzen, in die Stadt führen. Wie er nun in die größte Koth-Lache kommen, da ist, ungezweifelt durch sondere Verhängnuß Gottes der Karren völlig zerbrochen, daß also der königliche Körper im Koth und Wust bis über die Ohren gelegen. In derselben Stund hat der vornehme Graf Nortumbriä ebenfalls auf der Jagd einen großen schwarzen Geißbock, worauf der König geritten, angetroffen, und als solcher in dem Namen der allerheiligsten Dreyfaltigkeit beschworen worden, was dieses bedeute, hat dieser die Antwort geben, wie daß er ein Teufel aus dem Abgrund der Hölle sey, und führe den rothköpfeten König Guilelm zum göttlichen Gericht. Dieser war König in England, und regierte dreizehn Jahr. Dieses seines zeitlichen und ewigen Untergangs ist keine andere Ursach gewest, spricht Matth. Parisiens., als der große Raub, den er von den Kirchen-Gütern gezogen.

Ehr-vergessene, Lehr-vergessene, Gott-lose, Gewissen-lose, boshafte, schalkhafte, verruchte, verfluchte Gesellen und Böswicht seynd die Juden gewesen, welche in Allweg den Heiland Jesum nicht anderst verfolgten, als wie die Wölf und Schaaf, wie die Geier eine Taube, wie die Hund einen Hasen. Ein Licht war Christus, dieses Licht haben höchstermassen gehasset die jüdischen Nachteulen; eine Rose war Christus, diese Rose haben nicht können leiden die jüdischen Koth-Käfer; ein Meer, und zwar grundlos in der Gütigkeit war Christus, und dieses Meer haben die hebräischen Wind nie mit Ruhe gelassen. Alle[85] ihre Gedanken waren, wie sie doch konnten den Herrn aus dem Weg raumen, alle ihre Wort waren, wie sie möchten Jesum Nazarenum fangen, und solche Gelegenheit haben sie nie besser gehabt, nie bequemer gehabt, als in dem Tempel, und dannoch, merks wohl, und dannoch haben sie ihn im Tempel mit Fried gelassen:Quotidie apud vos eram in templo, et non tenuistis me. So seynd dann alle Kirchenräuber gottloser und vermessener, als dazumal alle Hebräer und Juden, zumal vor solchen Christus der Herr samt seinem Hausrath nicht sicher in der Kirche. Aber wehe, wehe solchen.

Drei boshafte Gesellen seynd bei eitler Nacht in die Kirche des hl. Vincentii eingestiegen, und daselbst nicht allein den ganzen Kirchenornat samt den besten Meßgewändern geraubt, sondern sogar den Tabernakel aufgebrochen, und das goldene Gefäß, worin das höchste Gut aufbehalten worden, entfremdet; wie sie aber mit solcher Beute sich wiederum wollten aus der Kirche machen, da konnten sie auf keine Weise einen Ausgang finden. Nachdem sie bereits die halbe Nacht in der Kirche herum gezogen, hat sich einer mit aller Gewalt in die Höhe begeben, aber alsobald einen so unglückseligen Fall gethan, daß ein Fuß oberhalb in dem Fenster, der andere Leib aber samt dem Kopf gegen die Erde hangen geblieben. Der andere Dieb tappte so lang in der Kirche herum, bis er endlich zu dem Grab des hl. Vincentii gerathen, woselbst sehr viele Ketten und Fußeisen gehangen der erledigten Gefangenen, welche dann alsobald den Dieb dergestalten angefesselt, daß er sich weder hinter sich noch[86] vor sich konnte wenden. Der Dritte mit seinem steten Tappen und Tasten hat endlich nur ein wenig den Strick des Sakristeiglöcklein berühret, wovon ein solcher Klang durch das angebaute Mönchskloster erschollen, daß hierunter alle vom Schlaf aufgeweckt worden, und folgsam diese drei gewissenlosen Kirchenräuber in wirklicher That ertappt.

Christus der Herr nach seiner glorreichen Urständ ist auf eine Zeit denen Aposteln am Gestad des Meers, gleich dazumalen, als sie in wirklichem Fischzug beschäftiget waren, und nachdem er sie angeredet, ob sie nichts zu essen haben: Da erkannte der liebe Joannes aus der Stimm, daß es unser lieber Herr und Heiland seye, deutet es demnach gleich dem Petro an, welcher alsobald in seinen langen Rock geschloffen, dann er war bloß von oben bis an den halben Leib; Petrus geschwind leget den Rock an, wirft sich in das Meer, und schwimmet zu unserm Herrn. Aber dieses ist ja zu verwundern, daß er die Kleider angelegt. Andere, wann sie wollen durch das Wasser waten oder schwimmen, ziehen vielmehr die Kleider aus. Aber Petrus gedacht, es schicke sich gar nicht, ganz und gar nicht, daß er halb bloß vor unserm Herrn erscheine. Dieses sollen fein merken etliche üppige Schleppsäck, welche mehrmalen sich getrauen, fast halb nackend vor Gott in der Kirche zu seyn. Wann nun Petrus dafür gehalten, daß man in Gegenwart Christi die geringste Unmanier nicht solle begehen, wie strafmäßig handlen dann alle diejenigen, welche sich nicht vor unserm Herrn in der Kirchen, sondern[87] sogar den Herrn selbst und seinen Altar der Kleider berauben. O Missethat, welche nie ungerochen bleibt.

Eduardus der dritte König in England, wie er Schottland mit feindlicher Macht überfallen, und neben andern auch die heilige und gnadenvolle Kapell unser lieben Frauen daselbst insgemein, die weiße Kapelle gänzlich ausgeraubt, ist dergestalten von der göttlichen Gerechtigkeit gestraft worden, daß alle Schiff, worinnen etwas von diesem Kirchenraub gewest, erbärmlich zu Grunde gangen. Einer, welcher dem Gnadenbild der Mutter Gottes die kostbaren Kleinodien von dem Hals gerissen, und mit solchen in Mitte der Kirche geprangt, ist von einem großen, geschnitzleten Krucifix-Bild, so von oben herabgefallen, dergestalten getroffen worden, daß ihm die Hirnschaal mitten voneinander zerspalten. Dieses ist geschehen Anno 1355 nicht weit von Sandintoun.

Ein anderer Dieb, so bei der Nacht in die Kirche des heil. Felicissimi eingebrochen, und daselbst alle kostbaren Sachen entfremdet, hat vermeint, weil er stark gangen, daß er bereits drei Meilen schon von der Kirche entlegen: Aber in der Frühe in Beiseyn des ganzen Volkes hat er sich bei der Kirchen-Thür samt seinem Raub befunden.

Der Prophet Isaias Kap. 6. V. 2. hat auf eine Zeit die göttliche Majestät in dem Tempel gesehen mit großer Herrlichkeit umgeben. Unter andern stunden daselbst die Seraphim, diese so vornehmen englischen Geister, deren jeder sechs Flügel hatte, und mit zweien bedeckten sie das Angesicht, mit zweien thäten sie fliegen, und mit zweien Flügeln verhüllten sie die[88] Füß. Aber warum? Sie hatten ja keine so unfläthige Füß, wie manche Bauern-Trampel, so durch alle Kothlacken treschen? freilich nicht. Aber weil doch die Füß ein verächtlicher Theil des Leibs, also waren sie so ehrenbietig im Tempel, daß sie sich nicht getrauten, solche bloß zu zeigen. Diese waren höfliche Engel, aber zu Zeiten gibts grobe Bengel, die sogar mit diebischen Füßen in der Kirche erscheinen, ja gar bei der Nacht dieselbige bestiegen, und gänzlich spoliren und rauben.

Baronius erzählt, daß Anno 937 ein vermessener Ungar habe wollen die Kirche des heil. Basoli berauben, aber von Gott gleich wunderbarlich gestraft worden. Sobald der boshafte Gesell die erste Hand an den Altar gelegt, da ist solche durch göttliche Wirkung dem Stein dergestalt anklebt, daß er mit keiner Gewalt solche mehr konnte von dem Stein abziehen, bis endlich einer seiner Mit-Kameraden um die Hand rings herum den Stein hinweg gestemmt; haben gleichwohl nicht verhindern können, daß der gottlose Mensch nicht wäre gestraft worden, massen er ein ziemliches Trumm vom besagten Altar-Stein die Zeit seines Lebens mußte an der Hand herum tragen.

Ein Priester sogar hat seines Gewissens vergessen, und aus der Gnadenkapelle unser lieben Frauen de Madia genannt, guldene Arm-Bänder von besagtem Mirakul-Bild hinweg geraubt, aber alsobald die Rach des Himmels erfahren, massen er bei dem hellichten Tag die Kirchenthür nicht mehr konnte finden, sondern in der Kirche hin und her, um und um gangen, gleichwohl keinen Ausgang gefunden. Als endlich der Sakristan vermeint, der gute Geistliche habe[89] einen Mangel an den Augen, oder seye etwan gar blind, hat er ihn bei der Hand genommen, damit er ihn möchte zu der Kirchen-Thür bringen, aber nachmals nach aller angewandter Mühe haben beide die Thür nicht können treffen, bis endlich der vermessene Priester in sich selbst gangen, das entfremdete Gut wiederum auf den Altar gelegt, ein so hartes Verbrechen bereuet, nach solchem hat er unschwer den Ausgang gefunden.

Alle Kirchen pflegt man gegen Orient oder Aufgang der Sonne zu bauen, die Ursach dessen soll seyn nach Aussag Mosis Parcephä, weil das irdische Paradeis im Orient ist, und in dem Aprilgrad, oder dem Paradies die Sonne aufgehet; also beten wir gegen Orient, damit wir wiederum dahin kommen, wo wir samt dem Adam seynd ausgetrieben worden. In Comment. de Paradis. P. 1. c. 13. Auf solche Weise sollen wir alle in der Kirche gegen Orient schauen, aber leider! viel schlimm und ehrvergessene Leut schauen in der Kirche gegen Untergang, indem sie wegen der vermessenen Diebstähl, so sie im Tempel und Gottes-Häusern begehen, zeitlich und ewig untergehen.

Von unser lieben Frauen-Kirch zu Augsburg werden wunderbarliche Ding ganz glaubwürdig ausgeben, wie daß fast kein einziger Diebstahl, so daselbst begangen wird, ungerochen bleibe. Unter andern wird erzählt, daß einer etwas weniges in besagter Kirche entfremdet, aber gleich darauf ganz unsinnig worden, sich selbsten rasend also angefallen, bissen und zerrissen, so lang, bis er endlich verreckt.[90]

Ein anderer daselbst hat ein Buch mit Silber beschlagen geraubt, und nachmal um solches ein Pferd eingehandelt, sprechend, das Pferd könne er weit besser brauchen als das Buch, dann er doch weder Doktor noch Pfaff werde seyn. Als ihm aber sein gewissenhaftes Weib dessenthalben einen ernstlichen Verweis geben, mit Vorwendung der großen Straf, deren selten die Kirchenräuber befreit seyn. O Närrin! sagt er, schau du auf die Kühe, mich gehen die Roß an, tätschelt hierüber das Pferd, und streichts über den Rucken, voll der Freuden, daß er einen so guten Klepper mit so leichter Mühe bekommen; aber siehe Wunder! mitten unter dem Tätschlen schlägt das Pferd ihn ganz maustodt. Ob er nun in die Hölle gefahren oder geritten, will ich es nicht disputirlich machen.

Wie der König Saul in der Schlacht das Kürzere gezogen, und bereits sein Glück der Kehraus gesungen, da hat er dem Amalekiter befohlen, er solle ihn umbringen, dann ihn so große Aengsten überfallen, daß er lieber todt als lebendig wolle seyn. Was müssen dieses für Aengsten gewesen seyn? der werthe Sylpharia zieht es aus dem hebräischen Text, und sagt, daß unlängst vorhero der Saul den Tempel Gottes ausgeraubt habe, und alle dessen priesterliche Ornat und Kleidungen unter seine Soldaten ausgetheilt; solcher Kirchen-Raub habe ihm so große Bestürzung und Herzens-Wehmuth verursachet, daß er nicht mehr wollte leben. Wehe aber und wehe allen Kirchen-Dieben!

Kaiser Leo hat einen sehr kostbaren guldenen Kelch, mit vielen theuren Steinen versetzt nach Lüttig[91] geschickt, durch einen seines Erachtens gar getreuen Menschen, welcher daselbst im Namen Ihro Majestät solle der Kirche offeriren, der Bote oder Träger dieses kostbaren Geschenks ist ungefähr unter Wegs zu einem verschmitzten Gold-Schmied gerathen, welcher alsbald den gottlosen Einschlag geben: Er wolle einen andern Kelch von Silber, doch schön vergüldt verfertigen, und ebenfalls mit diesen steinernen Zierrathen, den guldenen aber wollen sie beide in gleicher Portion mit einander theilen. Der gottlose Anschlag war alsobald beiderseits für genehm gehalten: Anstatt des guldenen Kelchs einen silbernen geopfert. Wie der Uebertrager aber seine Ruckreis wieder zu besagtem Goldschmied genommen, und das Gold bereits wollen theilen, da ist die göttliche Rach über sie gestiegen, massen durch ein gäh entstandenes Erdbeben, die Erde ihren weiten und tiefen Grund aufgesperrt, und beide Böswichte lebendig verschlickt.

Es ist zwar ein jedes Ort in der Welt bequem und tauglich daselbst Gott zu loben, und zu betten, wie dann Elias auf einen hohen Berg, Josue in einem tiefen Thal, Jeremias in einer alten Cistern, Daniel in der Löwengrube, die drei Knaben in dem babylonischen Ofen, Jonas im Wallfisch, Job auf dem Misthaufen, Susanna in Mitte zweier alten Schelmen gebeten, aber doch eigentlich ist eine Kirche ein Bet-Haus; massen der Heiland selbsten in seinem rechtmäßigen Zorn, als Er die Hebräer zum Tempel hinaus gepeitscht, gesagt hat: Domus mea: Mein Haus ist ein Bet-Haus. Aber leider! dieses Bet-Haus machen viel Kirchen-Räube zu einem Bettel-Haus,[92] wie dann vor kurzen Jahren die französischen Soldaten in dem römischen Reich dergleichen im Himmel schreienden Kirchen-Raub und Tempel-Plünderung verübet haben.

Anno 1690 den 6. April ist ein wahrhafter Bericht eingeloffen, daß die Franzosen in dem Chur-Pfälzischen, unweit Philippsburg gelegenen Städtlein Bruchall, als die PP. Kapuziner dazumal die Procession gehalten, und das hochwürdige Gut auf dem Altar ausgesetzt stunde, unversehens etliche Hund stark angekommen in die Kirche, allwo man noch in dem Amt der heil. Meß begriffen, mit Feuer und Stroh ohne allen Respeckt und Ehrerbietung des allerhöchsten Guts ganz grimmig eingetreten, den Altar, die Kirche samt dem Kloster so gäh in Brand gesteckt, daß der Priester, so das Hochwürdige aus den Flammen erretten wollen, vom Feuer bald wäre verzehrt worden, wie er dann am Kopf, Gesicht, Händen und andern Theilen des Leibs sehr übel zugericht worden, dannoch aber die Monstranzes, samt dem allerhöchsten Gut den Franzosen zum Raub überlassen müssen. Ja in einer andern Kapuziner-Kirche, hat mir eine glaubwürdige Obrigkeit dessen Ordens erzählt, nachdem die Franzosen das verguldete Ciborium aus dem Tabernakul geraubt, haben sie nachmals in Mitte des Tabernakuls ein Feuer gemacht, und also das schöne Gottes-Haus in Asche gelegt. Ich bin versichert, daß, wofern diese verruchten Kirchen-Schänder noch nicht von dem gerechten Gott zur Strafe gezogen worden, doch bald die so hoch beleidigte göttliche Majestät die Geißel ergreifen werde, und die französischen[93] Mord-Brenner in den Abgrund bei dem verdammten Nero und Attila begraben werde.

Drei Finger seynd an der Wand erschienen, welche das Urtheil und Sentenz geschrieben, und gefällt wider den Kirchenrauberischen König Balthasar. Diese drei Finger haben bedeut die drei göttliche Personen, benanntlich Gott Vater, Gott Sohn, Gott heil. Geist: dahero der Kirchenraub eine solche Missethat ist, daß sogar die allerheiligste Dreifaltigkeit dergleichen Uebelthäter verdammet. Gewiß ist es, daß zuweilen die grundlose Gütigkeit Gottes einige Diebstähle auf der Welt vertuschen läßt, und selbe erst in jener Welt nach Verdiensten straft, aber sobald man die Gottes-Häuser angreift, und den Tempel des Herrn nicht verschonet, da wird selten, ja gar niemalen dergleichen Frechheit ungerochen bleiben.

Was kann doch vermessener seyn, als was sich vor ungefähr achtzehn Jahren hat zugetragen in einer Kirche gewisser Ordenspersonen, dero Namen derentwegen in der Feder verborgen bleibt, weil es ihnen in etwas schimpflich scheinet. Ein schönes Gotteshaus in den kaiserlichen Erblanden liegend, ernährt eine absonderliche Andacht zu einem Heiligen, dessen Altar mit Silber, Gold und Kleinodien nicht wenig geziert ist. In dieser Kirche hat sich bei der Nacht ein frecher Dieb versperren lassen, wobei etwan einige Fahrlosigkeit des Sakristan unterloffen, und besagtes Bildnuß völlig geplündert. Es glaubte der gottlose Dieb, daß frühe Morgens die Kirchenthür ehender werde eröffnet werden, als daß man die Gnadenkapelle werde besuchen. Es ist ihm aber dießfalls der Handel[94] nicht angangen, massen der gute Sakristan gleich anfangs in die Kapelle getreten, allwo er nicht ohne große Bestürzung den völlig geplünderten Altar angetroffen, gedachte also, daß noch bei gesperrter Kirchenthür der Dieb in einem Winkel müsse verborgen seyn. Da solches der Kirchenräuber vermerkt, daß ihm aller Weg zum Fliehen abgespannt, hat er sich der Arglist gebraucht, und alsobald so kläglich lamentirt, auch die Hände und Füße dergestalten zusammen gebogen, daß er scheinte, am ganzen Leib erkrummt zu seyn, seht! sagt er zum Sakristan, seht das große Mirakel, welches sich mit mir zugetragen, indem ich mich freventlich unterfangen, die Kapelle und deren Altar zu berauben, da hat mich Gott gestraft, daß mir Hände und Füße erkrummt, und folgsam alle Glieder unbrauchbar worden, geht demnach hin mein lieber Frater, und zeigt solches eurer Obrigkeit an, damit solches Wunderwerk aller Orten lautmährig gemacht werde. Der fromme Frater vermerkt hierinfalls den wenigsten Betrug, lauft voller Freuden zu der Obrigkeit hinauf über drei Stiegen; unterdessen hat sich der vermessene Schelm ungesäumt zu der Sakristei hinaus gemacht, dem auch der Portner, weil ihm die Komödie noch nicht bewußt, gern die Thüre eröffnet. Wie nachmals die meisten Geistlichen in die Kirche geloffen, der Meinung, den krummen Dieb zu sehen, war der Erzvogel durch seine erdachte List schon ausgeflogen, doch das Mirakel hinterlassen, Scilicet, daß er aus einem Krummen gerad worden. Wer hat doch mit der Güte Gottes können vermessener umgehen, als dieser schalkhafte Böswicht? und ja[95] höchst zu verwundern, daß Gott nicht alsobald solche Frechheit gestraft. Aber der Höchste hat zuweilen einige Geduld, und erwartet die Zeit, da er nachmals mit der bishero eingeweihten Ruthe besser darein schlägt, wie dann besagter Erzräuber wegen anderer begangenen Diebstähle nicht lang hernach unter des Henkers Händen die schon längst verdiente Strafe hat müssen ausstehen.

Endlich lassen wir den Kirchen das Ihrige, sagt mancher, aber den Pfaffen thut es wohl, wann man ihnen wacker schrepft, warum sollen sie so reich seyn? Ihr Leben soll apostolisch seyn, ja wohl apostolisch, vielmehr aprostolisch: Die Apostel haben weder Pfennig noch Heller bei sich getragen, ja die ganze Welt ausgereiset, allenthalben das wahre Christi-Evangelium ausgearbeitet, und dannoch weder Batzen noch Groschen in allem ihrem Vermögen gehabt, sogar nicht einmal einen Sack oder Beutel mit sich getragen. Aber der Zeit findet man nirgendswo mehr Geld und Reichthum als bei den Geistlichen. Vor diesem und zwar bei Anfang des katholischen Glaubens fand man bei den Geistlichen ein rauhes Leben, jetzt aber ein reiches Leben. Wohl recht hat die reiche Silber-Grube im Königreich Böhmen von einer Pfaffen-Kutte ihren Namen, und wird Kuttenberg genennt, dann ja das meiste Silber und Gold bei den Geistlichen anzutreffen. In Spanien schreibt Petrus de Avitis: haben die Religiosen jährlich über zwei Million Dukaten Einkommens. Was erst so viel Erzbischöf und Bischöfe? Der einzige Klerus zu Toleto nimmt jährlich hundert [96] und zwanzig tausend Dukaten ein. Der Erz-Diakonus daselbst gibt sein jährliches Einkommen nicht um fünfzig tausend Dukaten. Was Reichthum besitzen nicht die Geistlichen in Teutschland? Es heißt also nicht mehr sine baculo et pera, wie bei den Apostel-Zeiten, sondern cum baculo et perna. Dann wo seynd feistere Renten und Einkommen, als bei den Geistlichen? wann ich ein Land-Fürst wäre, so wollte ich diesen Kuttambulis die Platten scheeren. Wann man einem die erste Weih gibt, so sagt er, Dominus pars haereditatis meae, und schneidet man ihm derenthalben die Haar ab, damit er nicht ein Haar mehr soll nach der Welt Reichthum streben; aber es heißt dermalen: Dominus pars haereditati meae. Halts Maul einmal mein Schmähler, und lasse mich auch reden. Daß die Apostel arm gewesen, und nicht einen Heller Geld in ihrem Vermögen gehabt, ist alles wahr, und kann in keine Abrede gezogen werden, aber sie konnten sich gleichwohl erhalten, massen fast Jedermann ihnen nothwendige Lebens-Mittel vorgestreckt: So thät auch Autorität durch solche Armuth nicht leiden, massen sie wegen der Wunderwerk, so sie gewirkt, bei Männiglichen in großem Ansehen. Aber dermalen seynd andere Zeiten und Leut. Der Welt-Menschen Freigebigkeit würde sich so weit nicht einlassen, daß sie die ganze Klerisei sollte erhalten: so würde es sich auch nicht reimen, daß ein Pabst, ein Erzbischof, ein Bischof, ein geistliches Ober-Haupt sollte in einem leinenen Küttel von Haus zu Haus das Allmosen suchen: thäte doch solcher Gestalten in kurzer Zeit die Autorität[97] der katholischen Kirchen gänzlich wurmstichig werden, ja wohl gar zu Boden fallen. So gibt es auch der Augenschein, daß die Geistlichen ihre Mittel und Reichthümer nicht in Wollüsten und Uebermuth verschwenden, sondern meistens anwenden zur größern Ehre Gottes, zu Erbauung der Kirchen, und dero Zierd und Ornat, desgleichen auch zu Nutzen des Nächsten. Dann wo finden die armen Leute mehr Hülf, als bei denjenigen Klöstern, so mit jährlichen Renten und Einkommen versehen seynd: Zumalen bekannt ist, daß vor diesem die Benediktiner-Klöster wegen dero Hospitalität die Leute in solcher Menge zu sich gezogen, daß nachmalen ganze Städt zu ihnen gebaut worden. Bei jetzigem Welt-Lauf ist der gemeine Ruf, daß die PP. Jesuiter in größten Reichthümern sitzen, welches doch meistens mit größtem Unfug von ihnen der gemeine Neid ausgibt. Und gesetzt, damit ich dem Schmähler in etwas an die Hand gehe, gesetzt, die hochlöbliche Societät seye mit reichen Mittlen versehen, welches ihnen viel mit Ungrund einbilden, wie thut sie dann ihre großen Mittlen anwenden? etwan in Haltung kostbarer Tafeln und Tractamente? das gar nicht; dann die drei Speisel, so sie genießen, wären zuweilen einem Kotzen-Weber zu wenig: Ihre Kleidung meines Erachtens, vertheuret auch Sammet und Seide im wenigsten nicht. Wo stecken sie dann das Geld hin? Schaue jemand dero herrliche Tempel und Kirchen, in denselben den so stattlichen Ornat, die so annehmliche Musik, item die großen Schulen und Seminarien, worinnen die häufige Jugend mühsam jedoch zum größten Nutzen der Christenheit er zogen[98] wird, sodann wird er dahinter kommen, weil sie dasjenige, so ihnen der Segen Gottes gibt, anwenden. Du schmählst weiter, ich merk dirs an der Nase an, daß Geistliche gefunden werden, welche ihr Geld und Einkommen nicht also anwende, sondern das große Einkommen durch kostbare Mahlzeiten, durch unzuständigen Pracht, auch so anderst, lauto, laeto, et luteo modo (du verstehst mich schon) verdistilliren viel aber, die geistlichen Renten durch ihre Verwandten und Freundschaft austheilen, und aus Bauren-Buben und Kirschner-Gesellen vornehme Edelleut schnitzeln, welches alles klar zuwider dem tridentinischen Consilio, worin vernünftig und heilig geschlossen worden, daß durch geistliche Güter die Freundschaft nicht solle bereicht werden: Ne ex redditibus Ecclesiae studeat quis consanguineos et familiares augere, cum Apostolorum Canones prohibeant, ne res Ecclesiasticas, quae DEI sunt, consanguineis donent. Ob zwar hierinfalls die Theologi unterschiedliche Meinungen auf die Bahn bringen, ja auch einige sich hören lassen, daß die geistlichen Einkommen auch den Anverwandten können zu Theil werden, so ist doch wahr, daß Adrianus der Vierte, Leo der Eilfte, Urbanus der Siebente, Innocentius der Eilfte römische Pabst, nachdem sie zu diesen höchsten Dignitäten seynd erhebet worden, nichts haben wollen wissen um ihre Freundschaft. Andernfalls aber weiß man auch, daß Maria die übergebenedeite Mutter Gottes seye vor allen andern ihrer Befreundtin und Baas Elisabeth an die Hand gangen. Wann demnach ein reicher und wohlhabender Geistlicher schuldig, ist den[99] Armen zu helfen, warum nicht ehender seinen armen Befreundten? Helfen ist recht, aber reich machen ist ein anders. Gesetzt nun, mein geschwätziger Smalophile, es seynd etliche Geistliche anzutreffen, welche ihre reichen Mittel und Habschaften übel anwenden, soll man dann derenthalben der ganzen Klerisei und Geistlichkeit die Säck räumen? wie manchesmal thut man den Wein mißbrauchen, soll man dann darum allen Fässern den Boden einschlagen? es mögen dich die Reichthümer der Geistlichen in die Augen stechen noch so stark, so mußt du doch wissen, daß Gott nicht will, daß seinen Geistlichen ein Haar soll verwendet werden, viel weniger einen Heller.

Ein sehr mächtiger Kavalier und Hof-Minister in Frankreich hatte eine lange Zeit einen schweren Zank mit einem Benediktiner-Abten, wegen etlicher, dem Kloster rechtmäßig zugehöriger Güter: ja die Sach ist endlich in solche Weitläufigkeit ausgebrochen, daß obbedachter Edelmann mit bewaffneter Hand den Abten anzugreifen beschlossen, wie er dann bereits mit großer Mannschaft erschienen. Der Abt, wie billig, wollte das Seinige bestermassen defendiren, und ob sich schon sehr viel Weltliche eingefunden, ihm Beihilf zu leisten, auch die Waffen ergriffen, so wollte aber der fromme Vorsteher dero Assistenz nicht annehmen, sondern setzt sich samt allen seinen untergebenen Geistlichen zu Pferd, der Standart war ein Krucifix-Bild, die Mönchs-Kappen anstatt des Kastget, das Skapulier der Harnisch; marschiert also diese geistliche Kompagnie in guter Ordnung wider den Feind, welcher in Mannschaft in Waffen, in Mannschaft unvergleichlich[100] überwachsen; kaum haben diese benediktinerische Soldateska erblickt, so hat sie eine solche Furcht überfallen, daß alle von ihren Pferden unverzüglich abgestiegen, sich auf die Kniee niedergeworfen, und die Victori dem Abt und seinem Convent überlassen.

Etliche Jäger eines vornehmen Edelmannes, mit Namen Adelardi, haben sich unterfangen an einem Ort, so den Benediktinern zu Floriä gehörig, mit Gewalt etwas von Getreid zu nehmen, welches sie mahlen lassen, und darmit ihre Hunde gespeiset, weil sie dazumal keine andere Unerhaltung gehabt. Aber Gottes Strafe hat nicht lang verweilt, massen in folgender Nacht hierauf alle Hund verreckt. Ein anderer Soldat hat wider allgegebene Vermahnung für sein Pferd ein Gras abgeschnitten von der Wiese, so dem erstgedachten Kloster zugehörig, mit dem schimpflichen Vorwand, es thut solches den Pfaffen wohl, sie seynd bey guten Mitteln: Aber Bendiktinus wollte den Seinigen nichts nehmen, oder wenigstens nicht ungestraft lassen; dann kaum hat das Pferd das Gras verzehrt, so ist es alsobald maustodt niedergefallen, und dem frechen Gesellen zugleich den Fuß gebrochen.

Es gibt dergestalten gewissenlose Leute, die es nicht mehr für eine Sünde oder Uebelthat halten, wann sie die Geistlichen übervortheilen, oder ihnen etwas abtragen, ja sie glauben, es sey derentwegen nichts unrechts, weil die Pfaffen ihr Geld (so ungeschliffen reden sie), mit so leichter Mühe gewinnen. Aber gedenket ihr vermessener Güter, gedenkt, daß der David so hart gestraft worden, um, weil er nur dem[101] Saul, als einem gesalbten König, einen Fleck von dem Mantel geschnitten, wie der Allerhöchste werde verfahren mit denjenigen, so der gesalbten und geweihten Priesterschaft nicht nur einen Fleck, sondern zuweilen ganze Wiesen, Aecker und Grundstuck abschneiden. Was kann geringer und schlechter seyn, als etliche Scheiten, die einem Kloster enttragen worden, und dannoch hat Gott nicht ungerochen gelassen.

Wadingus schreibt, daß ein Weib in der Stadt Kassel habe auf eine Zeit Brandwein gebrennt, und wollen mit dem Aqua Vit., wie sie dann kein anders Gewerb hatte, ihr Stücklein Brod ferners gewinnen, so sey aber mit höchster Verwunderung anstatt des Brandweins lauter, lauter Milch aus dem Kolben geflossen; dahero ein großer Zulauf der Leute entstanden. Nachdem solches Wunder ist lautmährig worden, hat man mit allem angewandtem Fleiß alles durchsucht, ob nicht hierinfalls einiger Betrug verborgen stecke, gleichwohl die Ursach dessen nicht können finden, bis endlich das Weib gestanden, daß sie die Scheiten, welche sie zu diesem Feuer gebraucht, habe dem nächstentlegenen Franziskaner-Kloster entfremdet. Siehe Wunder! sobald man diese hinweggezogen, und anders Holz herbeigelegt, da hat sich alsobald die Milch verloren, und ist der pure Brandwein herunter geflossen.

Vor diese, im alten Testament, wie im Buch Levitici geschrieben stehet Kap. 7: Wann ein Priester im Tempel ein Schlacht-Opfer verricht, so hat ihm aus Befehl Gottes die Haut zugehört von dem Vieh, so geschlachtet worden. Aber dermalen ist es schon[102] bey vielen so weit kommen, daß sie lieber den Geistlichen die Haut selber möchten abziehen. In einem Markt Bas'lischer Diözes haben die PP. Dominikaner ein Convent, allwo hart angebaut worden ein großes Haus oder Wohnung für diejenigen Leute, so im Weingarten arbeiten; weilen diesen aber ein Brunn abgangen, und sie kein taugliches Ort gefunden, also haben die Rathsherren besagten Markts sich in Handel gelegt, und wider alles Protestiren der benannten Religiosen, ihnen einen Winkel von ihrem eigenen Platz mit Gewalt hinweg genommen, und folgsam einen tiefen Brunnen gegraben, den sie mit lauter großen Quaterstucken ausgefüttert. Kaum daß solcher verfertiget, da hat ein gemeiner Mensch mit einem Amper wollen Wasser daraus schöpfen, dem aber gleich der Eimer aus den Händen gewichen, und hinunter gefallen. Obbemeldte Weingärtner, sobald solches ihnen zu Ohren kommen, haben alsobald einen aus ihrer Gesellschaft hinunter gelassen, so aber gleich erstickt; nachdem solcher heraus gezogen worden, mußte ein Anderer seine Stell vertreten, der aber auch gleich dem Ersten elend zu Grunde gangen. Wie es nun der Dritte gleichfalls wollte probiren, und kaum zwey Klafter hinunter gelassen worden, da hat er ein solches erbärmliches und ungeheures Geschrey verbracht, daß sie genöthiget worden, solchen auch bereits halb todten Gesellen wieder zurück zu ziehen. Woraus männiglich leicht konnte schließen und abnehmen, daß solches eine augenscheinliche Straf von Gott sey, um weilen sie diesen Platz den Geistlichen wider alles Recht mit Gewalt hinweggenommen.[103]

O! wie viel und aber viel seynd deren zu finden in dem werthesten Deutschland, welche wissentliche Gründ und Güter besitzen, so diesem und diesem Kloster zugehörig gewest, aber durch das eingeschlichene Lutherthum unter ihre Gewalt kommen; anbei aber müssen sie mit ihrem höchsten Unwillen erfahren, daß dergleichen der Geistlichkeit entzogene Güter niemalen mit dem Segen Gottes versehen seynd, ja fast dasjenige wirken, wann sie auch andern gerechten Gütern beigeruckt werden, was da von den Adlers-Federn vorgeben wird, welche, wann sie zu den Tauben-Federn gelegt werden, dieselben gänzlich verzehren. Unter andern hat solches augenscheinlich erfahren der unglückseligste König in England, Henrikus der Achte, welcher allein über tausend Klöster ausgeplündert, allen dero Schatz und Kirchengut an sich gezogen, alle dero Einkommen seiner königlichen Kammer zugewidmet, so gar das Kupfer und Blei, womit die Kirchen bedeckt gewesen, ums Geld verkauft, worauf man glaubte, daß der König viel Millionen jährlich mehr Einkommen genießen werde, und folgsam die Steuer den gemeinen Unterthanen um ein merkliches werde absteigen; aber er ist nicht allein nicht reicher worden, sondern hiedurch in solche Armuth gerathen, daß fast alles Silber und Gold aus dem ganzen Königreich verschwunden, sogar endlich eine kupferne Münz hat müssen geprägt werden, die Contribution aber der Unterthanen so hoch gestiegen, daß es nie also gewesen vor vier und wohl fünfhundert Jahren unter einem König, der Bettler und armen Leute Anzahl so groß gewachsen, daß, wo vorhero einer gewest, sobald man die geistlichen Güter[104] gewaltthätig angetastet, nachmals seynd zwanzig gezählt worden.

So vergönnt man auch mehrmals der Geistlichkeit den Zehend nicht, ja es suchen etliche tausend Vortheil, wie sie können und mögen denselbigen die Federn rupfen, da es doch schon im alten Testament eine Gebühr gewest. Abraham, der große Patriarch, ist derenthalben sehr von Gott dem Herrn belohnt worden, dann wie er die vier Könige herrlich überwunden, und als ein glorreicher Obsieger aus dem Felde zurück gekehrt, hat er von allen den Seinigen, was er als ein rechtmäßiger Herr thäte besitzen, dem Hohenpriester Melchisedech den Zehend geben, welches dem allmächtigen Gott dergestalten wohlgefällig gewest, daß er hierüber dem Abraham erschienen, und ihm angedeutet, er wolle sich seiner hinfüro gänzlich annehmen, und alles bestermassen vergelten: Ego Protector tuus sum et merces magna nimis.

Viel seynd, die dießfalls nicht treten in die Fußstapfen des Patriarchen Abrahams, aber sie sollen anbei wissen und bekennen, daß der mit Vortheil oder Unfug entzogene Zehend meistens von Gott noch auf der Welt gestraft werde.

In dem Leben des hl. Anselmi Erzbischof zu Kandelberg liest man, wie daß einer mit Namen Balivus den Zehend von den Früchten nicht habe geben, sondern alles Getreid in die Scheuern oder Städeln eingeführt ohne gebührende Ablegung des Zehend. Wie nun der hl. Erzbischof wahrgenommen, daß selbiges Jahr die Scheuern nicht gar halb voll, ja noch darüber hat er gesehen, daß der böse Feind[105] auf dem Getreid in abscheulicher Gestalt gesessen, fragte er den Balivum dessen Ursach, welcher die Antwort geben, daß er sich selbst derentwegen nicht ein wenig verwundere, indem doch andere Jahre die Scheuern ganz angefüllt worden, dieses Mal aber kaum halben Theil, da doch auch der Zehend dabei, worüber der hl. Mann alsobald befohlen, den Zehend davon zu nehmen, und an gebührenden Orten abzustatten. Kaum daß solches geschehen, ist die Scheuer mit dem Getreid bis an den Gipfel des Daches angefüllt worden.

Nicht weit von Apenion ist ein großer See, wovon die umliegenden Bauern wegen des Fischfangs nicht einen geringen Gewinn genießen. Nachdem sie aber vom Geiz verblendet worden, und den gebührenden Fischzehend dem Kloster bei St. Andre, allwo der hl. Pontius Abt war, ferners zu geben geweigert, indem es doch ein uraltes Herkommen gewest, da seynd alsobald durch den Fluch besagten hl. Abtes alle Fische auf dem Gestad um und um todt gelegen; worauf das grobe und hartnäckige Bauerngesindel noch nicht wollte witzig werden, sondern eine große Menge Fische anders woher genommen, und im besagten See eingesetzt, so aber auch des andern Tages gleich den vorigen todt gefunden worden, welches dann die vorhin unglimpflichen Bengel so weit veranlaßt, daß sie den begangenen Fehler bereuet, dessenthalben den hl. Abt Pontium um Vergebung gebeten, anbei mit kräftigem Schwur versprochen, daß sie inskünftig den Zehend nach aller Gebühr dem Kloster wollen abstatten, er möge nur so gütig seyn, und den ergangenen Fluch[106] über den See wiederum zurück nehmen, durch welches der hl. Abt also besänftiget worden, daß er samt allen Geistlichen sich zu dem See hinaus begeben, die todten und abgestandenen Fische in das Wasser geworfen, ihnen den hl. Segen ertheilt, worüber sie alle lebendig worden, und hinfüro das Kloster seinen gebührenden Fischzehend genossen.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 6, S. 76-107.
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