[Man findet wenig Pracht in alten Adels Schilden]

[116] Man findet wenig Pracht in alten Adels Schilden/

Der Ahnen tapffre Faust hat solche selbst gemahlt/

Ein Denckmahl ihres Sinns den Erben einzubilden/

Da izt die neue Welt mit vielem Schmucke prahlt.

Wo man den Vogel kan aus seinen Federn kennen/

So mag man manchen wohl des Adels Mißbrutt nennen.[116]


Der Alten Einfalt wieß die ungefälschten Sitten

Mit schlechten Farben aus: das unbefleckte Weiß

Die rothe Tapfferkeit/ die manchen Sieg erstritten/

Das treu-beständge Schwartz behielt damahls den Preiß.

Izt muß offt alles voll und bund gemahlet stecken/

Der äusserliche Pracht den innern Mangel decken.


Wenn izt ein Alter solt in seine Hörner blasen/

Damit er seinen Feind zu schrecken war gerüst/

Und manchen edlen Held auff Blut-gefärbten Rasen

Zum Streite fodern aus/ zu weisen/ was er ist/

Wie würde Schild und Helm offt auff die Seite fliegen/

Der neu-erworbne Stand und Schmuck im Rothe liegen.


Doch muß der Ahnen Rauch nicht so zu Kopffe steigen/

Daß man beschimpffen will/ was Tugend edel acht/

Das Wappen/ nicht der Ruhm der Väter/ ist uns eigen.

Man setze weiter nach/ wie sie die Bahn gemacht;

Wann vieler Jahre Schweiß nicht soll umsonst zerrinnen:

Erhalten schätzet man so künstlich als gewinnen.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 4, S. 116-117.
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