CLXXIII.

[225] 1. Ich weis mir ein feine weberin,

viel lieber wer sie ein müllerin,

so fern auff jener awe,

Blieb sie daheim bey jrem man,

hilff jm das körnlein bawen,

ja bawen.


2. Der müller auff sein rößlein saß,

gar wol er in die mülen sah,

er thet dem Annlein wincken,

O Annelein liebstes Annelein mein,

hilff mir den wein austrincken,

außtrincken.


3. Und da der wein getruncken was,

da kam ein bawr, nun mercke das,

er bracht dem müller secken,

Der müller dacht in seinem mut,

hett ich jms korn drein gemessen,

gemessen.


4. Der müller in die mülen trat,

er wünscht den secken ein guten tag,

er thet die lauten schlagen,

Und welcher sack nit tantzen wil,

den nimpt er bey dem kragen,

las traben.


5. Der bawr wol in die mülen trat,

er wünscht dem müller einen guten tag,

darzu ein guten morgen,

Danck hab, danck hab, du grober bawr,

was wiltu bey mir holen?

ja holen.


6. Der bawr schnell in die mülen schreit,

müller hast mir das mehl bereit?[226]

du hast mirs halb gestolen,

Du leugst, du leugst du grober bawr,

es ist in der mülen verstoben,

verstoben.


7. Der bawr wol aus der mülen trat,

das Annelein jm die warheit sagt,

du hast der klien vergessen,

Ach nein, ach nein liebes Annelein,

des müllers schwein habens gessen,

ja gessen.


8. Die müller han die besten schwein,

die in dem lande mögen sein,

gemest aus der bawren secken,

Da mus sich mancher armer bawr,

sein magd und knecht früh auffwecken,

ja wecken.


9. Der müller was so gar verwegen,

er ist dem bawren beim weib gelegen,

es hat jhn sehr verdrossen,

Dasselbig thet dem müllerlein gut,

ist jm gar ubel erschossen,

ja schossen.


10. Der müller geb ein batzen drumb,

das man jhms liedlein nimmer sung,

er thuts gar ubel hassen,

Singt man das in der stuben nicht,

so singts man auff der gassen,

ja gassen.


11. Der uns das liedlein new sang,

ein grober bawr ist er genandt,

er hats gar wol gesungen,

Er hat drey seck in die mülen gethan,

seind jm zwey widerkommen,

ja kommen.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 225-227.
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