Vierte Szene


[80] Grillhofer und Wastl.


GRILLHOFER. Bhüt dich Gott, Rosl! Kleine Pause, ohne aufzusehen. Bhüt dich Gott, Wastl!

WASTL. Ich hob jo no nix gsagt.

GRILLHOFER aufblickend. Willst no was?

WASTL. Es liegt mir schon lang auf. Über dein Schwagern, übern Dusterer, möcht ich mich amal ausreden.

GRILLHOFER. No, nur kein unbschaffens Wort!

WASTL. Bewahr, wär mir a z' gring dazu, daß ich a unbschaffens Wort über eahm verlier – der elendige Kerl.

GRILLHOFER. Wastl! – Er is mein einziger Verwandter, der einzige Mensch, der ein trostreichen Zuspruch für mich hat, dem was glegn is an mir in Zeit und Ewigkeit.

WASTL. Ich weiß's eh, er is, der dich zu dem bußfertigen Wesen hinzerrt, wie 's Kälbl zur Kuh, wenn's es Saufen derlernen soll.

GRILLHOFER. Hehe! Sixt, Wastl, wie d' trotz deiner Boshaftigkeit nix dagegen fürbringa kannst! 's Kalbl muß ja saufen, sunst wurd's hin!

WASTL. Schon recht, Bauer, aber für a Kalbl warst mer[80] doch schon zviel ausgwachsen. – Sag do selber, Bauer, wie d' no riegelsam warst, hat der Dusterer kein Fuß über dein Staffel gsetzt – was findt er's denn hitzt vonnöten, daß er dir alle Tag übern Hals rennt? Zwegn der Zeit und Ewigkeit leicht? Ka Red, meinst net selber, daß er sich zutatig macht, weil er glaubt, es könnt die ganz Hinterlassenschaft an ihm falln? Und hat er dich erst da, nachher kunnst freili – von ihm aus – Gott verhüt's – nit früh gnug selig werdn.

GRILLHOFER. So mein ich ja eh selber!

WASTL. Na alsdann, na sixt, is doch amal a gscheite Red von dir! Oder wie d' früher hast a Wartl davon fallnlassen, daß d' dich möchtst in die Ruh setzen, meinst nit a selber, er wurd dir einredn, daß dein ganz Bußfertigkeit um a gut Trümmerl z' kurz war, wann du nit ihm 'n Hof verschreibst und nöt bei seiner Sippschaft als Ausnehmer bliebst? Han?

GRILLHOFER. Na jo, so mein ich ja ehnder selber!

WASTL. No, so sag ich, scheinheilig is er.

GRILLHOFER. Und ich sag, er is's net.

WASTL. Wohl is er's!

GRILLHOFER. Na, sog i! Wast, du bist a dummer Bua, du verstehst dös net, der Dusterer, der is so, der is so, wie er is. Und zwegn dem, was mer gredt habn, so tut das der Bußhaftigkeit kein Eintrag, und werd i ihm's doch net in Übel aufnehma, daß er auf sich schaut, wo sein Vorteil und der meine Hand in Hand gehn.

WASTL. Na, hörst, da möcht eins doch glei narrisch werdn! Wann sein Vorteil is, meinst nit, es kunnt wohl a a kleine Spitzbüberei mit unterlaufen?

GRILLHOFER. Na, Wastl, dös net, dös net! Alls, was er fürbringt, dös is nur zu wahr – nur zu wahr is's!

WASTL. No, ich konn da nix sagn, ich weiß nit, wie er dich hrumkriegt hat, so hilft a kein Redn.

GRILLHOFER. Host a recht, Wastl. Redn is do von unnötn! Der Dusterer ist über ein Feldpater! Alles kurz und eindringlich und hitzt: glaub's oder glaub's nit! A Teuxelskerl,[81] sag ich dir, mit sein gottgfälligen Wesen. Dran glauben muß man. Dös hat er heraust, ja, ja, dös hat er heraust! Zwegn, daß er sein Vorteil sucht, selb is richtig, aber dös tut nix, mag's selber gern sehn, wann einer was treibt, er treibt's recht, aber ehrlich muß's dabei zugehn! Wann ich ihm dahinterkam, daß dös kein Schickung is, dö ihn in mein Haus führt, daß net so sein müßt, wie er sagt, daß er aufn Herrgottn sein Rechnung lugt – Kreuzsakra, Wastl, da kriegest a Arbeit.

WASTL. Jesses, Bauer, schaff an, schaff nur glei an!

GRILLHOFER läßt den Kopf hängen. Laß gut sein, Wastl, laß's gut sein. 's kimmt nöt a so. – Er hat mich schon bei der richtigen Faltn. Er hat mich an oans erinnert, hon's schon lang vergessen ghabt – hitzt aber hat sa sich aufgriegelt, hitzt sitzt's da und gibt kein Ruh mehr, der Gwissenswurm is's – und da hilft kein Aufdammen. Schön, schön unterdrucken heißt's und reuig sein.

WASTL. Grillhofer, wann's wahr is, daß eins, das sein Art auf einmal ändert, bald verstirbt, so machst es neama lang, der Dusterer braucht net lang mehr ernste Gsichter z' schneiden, der konn bald lachen. Kreuzteufi! Früher habn mer garbeit und sein dann lustig gwest all Tag, und du warst der Fleißigst und Lustigste, und wann ich denk, daß der alte Halunk dran Schuld tragt, daß mir hitzt dasitzen wie auf einer Kartausen – Sikra hnein, ich wollt, er kam hitzt hrein, daß i ihm's hneinsagn kunnt: Dusterer, du bist a Haderlump!


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 80-82.
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