Frühlingsmorgen

[209] Leuchtend brach der Strahl der Sonne,

Aus den weißen Nebelfluthen,

Als ich heut' am frühen Morgen

Durch die thaubenetzte Wiese

Kummervollen Herzens hinschlich;

Und die morgenfrische Erde

Streckte alle ihre Glieder,

Blätter, Blüthen, Halme, Gräser –

Alle durstend ihm entgegen.[209]

Ach, wenn also Deiner Liebe

Seligsüßer Strahl doch endlich

Segnend auf mich niederthaute,

Jene Nebel hell durchbrechend,

Die von allen Seiten trübe

Meines Lebens Pfad umfließen –

Wenn ich endlich, gleich der Erde,

Die im Glanz der Sonne badet,

In dem Glanze Deiner Liebe

Meine Seele baden dürfte!

Quelle:
Wilhelm Arent (Hg.), Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig 1885, S. 209-210.
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