Müllers Abschied

[96] Mündlich.


Da droben auf jenem Berge,

Da steht ein goldnes Haus,

Da schauen wohl alle Frühmorgen

Drey schöne Jungfrauen heraus;

Die eine, die heißt Elisabeth.[96]

Die andre Bernharda mein,

Die dritte, die will ich nicht nennen,

Die sollt mein eigen seyn.


Da unten in jenem Thale,

Da treibt das Wasser ein Rad,

Das treibet nichts als Liebe,

Vom Abend bis wieder an Tag;

Das Rad das ist gebrochen,

Die Liebe, die hat ein End,

Und wenn zwey Liebende scheiden,

Sie reichen einander die Händ.


Ach Scheiden, ach, ach!

Wer hat doch das Scheiden erdacht,

Das hat mein jung frisch Herzelein

So frühzeitig traurig gemacht.

Dies Liedlein, ach, ach!

Hat wohl ein Müller erdacht;

Den hat des Ritters Töchterlein

Vom Lieben zum Scheiden gebracht.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 96-97.
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