Wie der Spiegelschwab zu seinem Weibe heimkehrt, und was zu Hause geschehen. Das letzte und schönste Kapitel.

[199] »Jetzt gehst aber zu deinem Weib heim,« sagte der Blitzschwab zum Spiegelschwaben, acht Tage nach der Hochzeit. »Ich geh schon,« sagte der, »so gern, wie eine arme Seel ins Fegfeuer.« »Und bleibst fein bei ihr, wie du's dem Pater versprochen« – fuhr jener fort – »und mach's nimmer so, wie das Thurn-Michele von Augsburg, der sich des Jahres nur einmal sehen läßt. Und ich sag' dir's nochmal,« sagte er, »sie ist wie ausgewechselt, seit der Zeit, daß sie dem Bären entkommen. Selbst die Nachbarin sagt[199] alles Gute von ihr. Und auf das Präsent, wie ich dir sag', darfst du dich freuen.« Also redete der Blitzschwab dem Spiegelschwaben zu, als dieser von ihm Abschied nahm. – »Schwabenland ist ein schönes Land (pflegt der Schwab zu sagen); aber heim mag ich nicht.« Der Spiegelschwab hatte mehr als Eine Ursache, so zu sagen. Und doch ging er, zwar mit wenig Hoffnung, aber voller guter Vorsätze Memmingen zu. In den Hopfengärten dünkte es ihm doch allebot, als höre er die wohlbekannte Rätselstimme: »Bist du endlich wieder da, du Schlingel!« Und als er unters Thor kam, wollte ihm fast der Teufel ins Ohr raunen, er sollte wieder umkehren. Und als er sein Haus von der Ferne sah, sank ihm schier das Herz, und die Füße wollten ihn nicht mehr tragen. Da faßte er Muth, als ein ganzer Mann, und sagte: »Sei's in Gottes Namen!« Und er ging, und kam heim. Und, sieh da! wie er vor die Thür kam, trat ihm seine liebe Ehehälfte entgegen, und trug ein Kind auf den Armen. »Grüß dich Gott, Herzensmännle!« sagte die Frau. »Da sieh, lug einmal dein Büble an.« Der Spiegelschwab sah drein, wie einer, der ein schweres Rechnungs-Exempel im Kopf auflöset; und er konnte es doch nicht herausbringen. Das Kindlein aber lächelte ihm entgegen, und da konnte er nicht mehr anders, er mußte es nehmen, und er gab ihm ein Ei'le, und er nannte es sein liebs Bübele. Dann gingen sie ins Haus, und die Frau machte ihm gleich ein warmes Süpple, und fragte: »Männle, was magst noch?« Und von der Zeit an war Fried und Einigkeit im Haus; und die Nachbarin selbst hatte ihre Freude daran, so wie hoffentlich alle, die dies lesen.


Wer da will haben gut Gemach,

Der bleib unter seinem Dach,

Wer will haben ein' Ruh,

Der bleib bei seiner Kuh.


Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 2, Leipzig [um 1878/79], S. 199-200.
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