|
[251] Gadhi. Benascar.
GADHI leise auftretend.
Fort sind sie Alle, und doch schien es mir,
Als hört' ich ächzen –
Benascar erblickend und den Bogen spannend.
Ha! dort! dort – ein Kranker,
Verwundet, hülflos und allein. – Hinab
In deinen Abgrund, dunkler Geist der Rache!
Die Senne abspannend.
Hernieder perlenhelles Mitleid, lösche[251]
Mit Himmelsthau die Flammen dieser Brust.
Vergebung, Herr – –
BENASCAR.
Fort! Ungeheuer! Fort!
Nimm dies für deine gottverhaßte Brust!
Er schleudert einen Dolch nach ihm, der vor Gadhi niederfällt.
GADHI den Dolch emporhebend.
Sieh, Herr! so schwach, so machtlos bist du, daß
Des Hasses Waffe, die mich tödten sollte,
Zur Wehr in meiner Hand wird gegen dich.
BENASCAR.
Mit diesen Fäusten selbst zerreiß' ich dich,
Wenn du dich nah'st.
GADHI.
Befürcht' es nicht, du sollst
Mit meinem Blute nicht die Hand beflecken.
Ihm den Dolch zurückschleudernd.
Nimm deinen Stahl zurück und lohn' mit Mord
Dem Wirth, der dir ein gastlich Dach gewährt.
Vergebend scheidet er, und seine Rache
Trägt in sich selbst des Undanks schwarze That.
BENASCAR der sich aufrichtete, den Dolch zu verbergen, sinkt nun in großer Erschöpfung auf den Sitz zurück.[252]
GADHI.
Du zitterst und erbleichst; der nahe Tod
Löscht von den Wangen deines Zornes Gluth.
Sei mild und scheide mit versöhntem Blick.
BENASCAR.
Ich lebe noch; willst du mich höhnen?
GADHI.
Höhnen?
Dir helfen möcht' ich, wenn – –
Er hat sich Benascar genähert und seinen Arm ergriffen.
Ja, noch, ich seh' es,
Gelobt sei Brama! noch ist Hülfe möglich;
Noch rettet dich ein Balsam, den mein Weib
Aus segensvollem Kraut des Thals bereitet.
In wen'gen Augenblicken ist's zu spät,
Schon färbt dein Blut ein Tod verkündend Schwarz.
BENASCAR.
Wenn du zu retten mich vermagst, – so rette.
GADHI für sich.
Nicht Edelmuth und Wohlthat nicht verkehrt
Zu Taubensinn der Schlangen gift'ge Art.
Dem Feinde meines Stamms erzeig' ich Gutes!
Ob's weis', ob's thöricht ist, ich weiß es nicht;
Doch folgen muß ich dem gewalt'gen Drang,
Dem lauten Schlag des tiefbewegten Herzens.
Er eilt in die Kammer.
Buchempfehlung
Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«
74 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro