Sire!
Mit Schüchternheit und Bangen wagte ich, auf der Bühne der Residenz Eurer Königlichen Majestät dies ernste Spiel zuerst ins Leben treten zu lassen. Es war das stille Bewußtsein der Schwächen meines Gedichts, das mich nicht ohne Beben ließ, als ich von Ew. Majestät die huldvolle Versicherung empfing, daß Sie dies Trauerspiel lesen, daß Sie die Darstellung mit Ihrer hohen Gegenwart beehren würden.
Nur dies Bewußtsein konnte mich mit Bangigkeit erfüllen. Es war kein anderes Gefühl.
Ich wußte, daß ich es wagen durfte, den Blicken Eurer Majestät die blutige Begebenheit zu zeigen, die ich zum Gegenstande meiner Aufgabe gemacht; daß ich es wagen durfte, ohne andere Empfindungen zu erregen als die, welche die Poesie in der menschlichen Brust erwecken darf. Ich fürchtete keinen Augenblick, von dem erhabenen Geiste Eurer Majestät mißverstanden zu werden.
Ihnen Sire, und Ihrem freien Reiche steht die rasche Willkür des Einzelnen, der ohne anderes Gesetz als seine eigenen Wünsche emporsteigt und bald aufbaut, bald zerstört, herrscht und beherrscht wird, sich gegen den Stumpfsinn des Volkes auflehnt und sich doch den Launen dieses Volkes fügt, eben so fern als der zügellose Kampf der Intrigue und des Uebermuthes, die in entzweiten Parteien nicht des Herrschers und des Landes Bestes, sondern nur das ihrer selbstsüchtigen Zwecke wollen.[287]
Wenn uns auch die Geschichte in bedaurungswerthen Ländern solche Greuel als unumstößliche Wahrheiten erzählt – Eurer Königlichen Majestät müssen diese Wahrheiten dem uralten Uebermuth nächtlicher Mächte nicht unähnlich klingen, von dem uns die hellenischen Sänger der Mythe erschütternde Weisen singen. –
In dem edlen Reiche Eurer Majestät strömt die Freiheit, wie das Licht, die Quelle alles Segens und Gedeihens aus dem Schooß des Himmels, von dem Thron aus auf das Volk hernieder, und dieser Thron ruht auf den granitnen Pfeilern des Vertrages, den Ihr Königlicher Schwur besiegelt hat, und Volk und König bedürfen keines neuen Mittlers, um sich ganz zu verstehen.
In Ihres Volkes Herzen ruht das Vertrauen auf die Redlichkeit seines großsinnigen Königs – in dieses Königs Brust der Glaube an die Treue seines Volkes. In dem Staate, wo diese Wechselwellen friedlich zu einander strömen, sind gewaltsame Umwälzungen unmöglich. Dort darf die Muse von ihnen erzählen. Wo das Leben sie nie erzeugen wird, darf das Lied von ihnen singen.
Dies glaubte ich, als ich es wagte, die Theilnahme Eurer Königlichen Majestät für die Gestalten dieser Tragödie in Anspruch zu nehmen – und die huldvollen Aeußerungen Königlicher Gnade haben meinen kühnen Glauben gerechtfertigt. Nun wird es mir vergönnt, mit dem erhabenen Namen Eurer Majestät diese Blätter schmücken zu dürfen – und ich lege sie beschämt zu Ihren Füßen, Sire, und fühle, daß es eines Lebens voll redlichen Wirkens, einer Zukunft reich an bessern Werken bedarf, um die unschätzbare Huld zu verdienen, die Eure Majestät meiner Jugend zu Theil werden lassen.
In tiefster Unterwürfigkeit ersterbe ich
Eurer Königlichen Majestät
allerunterthänigster
Michael Beer.[288]