[26.]

[64] Wer wünschet das er nit verstot

Vnd nit syn sachen setzt zů got

Der kumbt zů schaden dick vnd spott


26. von vnnutze wunsche

von vnnutzē wunschē

Der ist eyn narr der wünschen důt

Das jm als bald schad ist als gůt /

Vnd wann ers hett / vnd wurd jm wor

So wer er doch eyn narr als vor

Mydas der kunig wünschen wolt

Das alls / das er angriff / würd goldt

Do das wor wart / do leidt er nott

Dann jm zů gold wart wyn vnd brot /[65]

Recht hatt er / das er deckt sin hor

Das man nit säch syn esels or

Die dar noch wůchsen jn dem ror

We dem syn wünsch all werden wor /

Vil wünschen das sie leben lang

Vnd důnt der sel doch also trang

Mit schlēmen / prassen im wynhuß

Das sie vor zyt můß faren vß /

Dar zů ob sie schon werden alt

Sint sie doch bleich / siech / vngestalt

Ir backen vnd hüt sint so lär

Als ob eyn aff jr můter wär /

Vil getzlicheyt die jugent hat

Das altter jn eym wesen stat

In zittern glyder / stym / vnd hirn /

Eyn trieffend naß / vnd glatzeht stirn /

Synr frowen ist er vast vnmär /

Im selbst / vnd synen kynden schwär

Im schmeckt vnd gfelt nüt was man důt

Vnd sicht vil das jn nit dunckt gůt /

Welch leben lang / die hand groß pin

Allzyt jn nüwem vnglück syn

In truren vnd jn stätem leidt /

Enden jr tag jn schwartzem kleyd

Nestor / Peleus / vnd Laertes /

Beklagten sich jm alter des

Das sie zů lang ließ leben gott

Do sie jr sün an schowten dot /

Wer Priamus gestorben vor

Vnd het gelebt nit so vil jor

Säh er nit leid so jämerlich

An sün / frow / döchter / stat / vnd rich /

Wann Mythridates / vnd Marius /

Cresus / vnd der groß Pompeyus

Nit werent worden also alt

Werent sie dott in grossem gwalt /

Wer hübscheyt jm / vnd synem kynd

Wünschet / der sůcht vrsach zů sünd[66]

Wer Helena nit gwesen schon

Pariß het sie jn kriechen gelon /

Wer häslich gsyn Lucrecia

Sie wer geschmächet nit also /

Hett Dyna kropff vnd hofer ghan

Sychem hett sie gelossen gan /

Es ist gar seltten das man treit

Bynander schonheyt vnd küscheyt /

Vor vß / die hübschen hansen nůn

Die went all bübery yetz tůn

Vnd werden doch gefellet dick

Das man sie sticht jm narren strick /

Mancher wünscht / hüser / frow / vnd kynd

Oder das er vil gulden fynd

Vnd des glich goückels / das gott wol

Erkennt / wie es geroten sol

Dar vmb gibt er vns ettwan nüt

Vnd das er gibt / nymbt er zů zyt

Ettlich dem gwalt ouch wünschē noch

Vnd wie sie stygen vff vast hoch

Vnd btrachten nit das höher gwalt

Dest höher wider abher falt

Vnd das / wer vff der erden lyt

Der darff vor vall sich vörchten nyt

Gott gibt vnß alles das er will

Er weist was recht ist / was zů vil

Ouch was vns nütz sy / vnd kum wol

War vß vns schad entspringen sol

Vnd wann er vns nit lieber hett

Dann wir vns selb / vnd das er dät

Vnd macht vns (was wir wünschttē) wor

Es ruwt vns / ee vß kem eyn jor /

Dann vnser bgir die macht vns blint

Zů wünschen ding / die wider vns sint /

Wer wůnschen well das er reht leb

Der wünsch das jm gott dar zů geb

Eyn gsunden synn / lib / vnd gemüt

Vnd jn vor vorcht des todes bhüt[67]

Vor zorn / begyr / vnd bösem gydt

Wer das erwirbt jn diser zyt

Der hat sin tag geleit baß an

Dann Hercules ye hat gethan

Oder Sardanapalus hatt

In wollust / gfüll / vnd fäderwatt

Vnd hatt alles das jm wurt sin not

Darff nit an rüffen glück für got

Eyn narr wünscht synen schaden dyck

Syn wunsch würt offt syn vnglück


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 64-68.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Nach der Erstausgabe (Basel 1494) mit den Zusätzen der Ausgaben von 1495 und 1499 sowie den Holzschnitten der deutschen Originalausgaben (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)
Das Narrenschiff:

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Unsühnbar

Unsühnbar

Der 1890 erschienene Roman erzählt die Geschichte der Maria Wolfsberg, deren Vater sie nötigt, einen anderen Mann als den, den sie liebt, zu heiraten. Liebe, Schuld und Wahrheit in Wien gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

140 Seiten, 7.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon