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[95] Wem Sackpfeifen Freude macht,
Daß Harf' und Laut' er drob verlacht,
Wird auf den Narrenschlitten gebracht.
Ein ärmlich gekleideter Narr mit nackten Beinen pfeift vor einer Thür auf dem Dudelsack; zu seinen Füßen liegen Harfe und Laute mit zwei großen Schellen.
Daß Narrheit sich im Herzen regt,
Zeigt dies: ein Narr es nie erträgt
Noch mit Geduld es leiden mag,
Daß man von weisen Dingen sag'.
Ein Weiser gern von Weisheit hört,
Wodurch ihm Weisheit wird gemehrt.
Die Sackpfeif' ist des Narren Spiel,
Der Harfen achtet er nicht viel.
Kein Gut dem Narren in der Welt
Mehr als wie Kolb' und Pfeif' gefällt.
Kaum läßt sich tadeln, wer verkehrt;
Der Narren Zahl ohn' End' sich mehrt.
O Narr, bedenk' zu aller Frist,
Daß du ein Mensch und sterblich bist[95]
Und nichts als Lehm, Asch', Erd' und Mist.
Denn unter aller Creatur,
Die hat Vernunft in der Natur,
Bist die geringste du, ein Schaum,
Ein Hefensack und Bastart kaum.
Was rühmst du doch an dir Gewalt
Und Adel, Jugend, Geld, Gestalt,
Da Alles unter der Sonne ist
Unnütz, wenn Weisheit ihm gebrist.
Besser, daß dich ein Weiser straf',
Als daß dich anlach' ein närrisch Schaf.
Denn wie eine brennende Distel kracht,
So ist ein Narr auch, wenn er lacht.
Drum selig der Mensch, der in sich hat
Die Furcht des Herrn an jeder Statt.
Des Weisen Herz auch Trauer betrachtet,
Ein Narr allein auf Pfeifen achtet.
Man sing' und sag' mit Bitten und Flehn,
Er solle von seinen eilf Augen abgehn:
Er wird nicht Lehre noch Strafe verstehn.
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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