[144] Viel haben zum Spiel so großen Trieb,
Sie haben sonst keine Kurzweil lieb,
Auch wenn ihnen wenig übrig blieb.
An einem runden Tische sitzen Narren und Närrinnen mit Karten, Würfeln und Bechern. Ueber ihnen schwebt eine Narrenkappe.
Noch find' ich närrischer Thoren viel,
Die haben Freude nur am Spiel
Und wähnen, sie könnten leben nit,
Sollten sie nicht umgehn damit
Und spielen Tag und Nacht im Saus
Mit Karten und Würfeln in vollem Braus;
Die ganze Nacht hindurch sie säßen,
Daß sie nicht schliefen und nicht äßen,
Aber ein Trunk muß sein zur Hand,
Denn Spielen setzt die Leber in Brand,
Daß man wird dürr und durstesvoll.
Des Morgens drauf spürt man das wohl:
Einer welken Birn' gleicht des Einen Gesicht,
Der Andre hinter der Thüre sich bricht,
Ein Dritter hat solche Farb' angenommen,
Als sei er aus dem Grab just gekommen,
Oder sein Angesicht ergleißt,
Wie ein Schmiedknecht sich vor Tag befleißt.
So eingenommen ist ihm sein Kopf, –
Den ganzen Tag muß gähnen der Tropf,
Als ob er Fliegen fangen wollt';
Wenn einer verdienen könnt' viel Gold,
Daß er bei einer Predigt säße
Eine Stunde und des Schlafs vergäße, –
Er hüllte den Kopf tief in die Gören,
Als sollte der Prediger aufhören.
Aber sitzt man lange beim Spiel,
Dann achtet man des Schlafs nicht viel.[145]
Viel Frauen, die sind auch so blind,
Daß sie vergessen, wer sie sind,
Und, was verbietet jedes Recht,
Sie mischen sich mit anderm Geschlecht;
Sie sitzen bei den Männern frei,
Zuchtlos und ohne natürliche Scheu
Und spielen, würfeln spät und früh,
Was doch den Frauen steht nicht zu.
Sie sollten an der Kunkel lecken
Und nicht zum Spiel bei Männern stecken.
Wenn Jeder spielt mit seines Gleichen,
So braucht ihn Scham nicht zu beschleichen.
Als Alexanders Vater wollte,
Daß der um Preise laufen sollte,
Dieweil der Knabe schnell im Lauf,
Sprach er zu seinem Vater drauf:
»Zwar billig wäre, daß ich thäte,
Was mich mein Vater hieß und bäte,
Und gewißlich gern ich laufen wollte,
Wenn ich mit Königen es sollte;
Drum dürfte man nur dann mich bitten,
Wenn unter Gleichen wird gestritten!«
Doch jetzt ist es dahin gekommen,
Daß Pfaffen, Edle, Bürger mit Frommen
Nicht minder als mit Köpplern leben,
Die oft nicht sehr nach Ehre streben.
Zumal die Pfaffen sollten nicht viel
Mit Laien treiben Scherz und Spiel,
Wenn sie nur wollten beachten, daß
Zwischen ihnen stets war Neid und Haß,
Der Neidhart, der in ihrer Brust,
Regt bei Gewinn sich und Verlust,
Zumal da ihnen verboten ist
Würfeln und Spielen zu jeder Frist.
Nur wer sich selbst mit Spielen vergnügt,
Ein solcher gar selten unterliegt[146]
Und bleibt ohne Sorg', daß er verliere
Und daß ihn treffen Flüch' und Schwüre.
Wenn ich nun aber sagen soll,
Was ziemt einem rechten Spieler wohl,
So will Virgilen ich beibringen,
Der also redet von solchen Dingen:
»Veracht' das Spiel zu aller Zeit,
Daß dich nicht trübe Gier und Neid,
Denn Spiel entstammt unsinn'ger Begier
Und zerstöret alle Vernunft in dir.
Ihr Tapfern, hütet Eure Ehre,
Daß Euch das Spiel die nicht versehre!
Ein Spieler muß haben Geld und Muth,
Und wenn er verliert, es halten für gut,
Darf nicht ausbrechen in Zorn, Fluch, Schwur,
Hat er Geld, so harr' er der Schanze nur.
Denn Mancher kommt zum Spiele schwer,
Der doch zur Thür hinausgeht leer.
Wer spielt allein um großen Gewinn,
Dem geht gar selten es nach Sinn.
Wer gar nicht spielt, hat Frieden gut,
Wer spielt, setzt ein Gut, Muth und Blut.
Wer in allen Schenken setzen will
Und suchen Glück bei jedem Spiel,
Der muß viel einzusetzen haben
Und oft ohn' Geld nach Hause traben.
Hat einer drei Seuchen und trachtet nach mir,
Der hat bald böser Schwestern vier!«
Spiel mag gar selten sein ohn' Sünd',
Ein Spieler ist nicht Gottes Kind:
Denn Spieler all' des Teufels sind.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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