XCI.

[172] Im Chor gar mancher Narr auch steht,

Der unnütz schwätzt und hilft und räth,

Deß Wagen und Schiff vom Land bald geht.


Fünf geistliche Herren gemüthlich schwatzend neben einem Leiterwagen; am Gestade ein Schiff.


Vom Schwätzen im Chor.

Viel Schwätzer rathen durch das Jahr

In Kirche und in Chor fürwahr,

Wie sie zurichten Schiff und Karren

Um drin gen Narragon zu fahren;

Dort spricht man von dem wälschen Kriege,

Hier lugt man, daß man tüchtig lüge

Und etwas Neues bring' zur Bahn.

So wird die Mett' gefangen an,

So geht's oft bis die Vesper schlägt.

Viel kommen nur von Geiz bewegt

Und weil man Geld gibt in dem Chor,

Sonst blieben fern sie nach wie vor.

Es wär' auch Manchem gut fürwahr,

Er blieb daheim das ganze Jahr

Oder nähm' zum Gänsemarkt den Lauf

Und schlüg' die Klapperbank dort auf,

Als daß er in der Kirche will

Sich irren und noch andre viel.

Was er sonst nicht verrichten kann,

Das schlägt er in der Kirche an,

Wie er ausrüste Schiff und Geschirr,

Und bringt viel neue Mär' herfür,

Hat großen Fleiß und ernste Geberd',

Damit das Schiff nicht wendig werd';[173]

Er ging gern aus dem Chor spazieren,

Daß er den Wagen recht möcht schmieren.

Von denen darf ich gar nicht drucken,

Die in den Chor nur grade gucken

Und zeigen sich zum Präsentiren

Und suchen wieder bald die Thüren.

Das scheint Gebet andächtig und gut,

Wenn man solche Dinge verrichten thut

Und Pfründen zu verdienen wähnt,

Wenn man dem Roraffen zugähnt.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 172-174.
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