Vierter Auftritt.

[128] WIDSTON allein. Welch entsetzliches Vorhaben! – welch ein Gemisch von Frevel, von Unmenschlichkeit, von widernatürlichen[128] – – – wie soll ich es nennen? kein Wort vermag die Abscheulichkeiten dieses Anschlags auszudrücken. Ich zittre! Wie schrecklich, wie ungeheuer muß er seyn! Mir erweckt er Grausen – mir, der ich ein so gefälliger Diener der Bosheit meines Herrn bin; mir, der ich Verbrechen genug verübt, selbst dieses Unmenschen Vertrauen zu gewinnen. – Mich selbst lehrt er die vergeßne Menschlichkeit wieder. – Ja, ich folge ihrem Rufe, ich folge dem deinigen, o Himmel! Vielleicht öffnest du mir hier einen Weg, alle meine Verbrechen zu vergütigen; ich entdecke es dem Klerdon. – Doch die wütende Rache meines Herrn, wenn er es erführe: – ein entsetzlicher Tod – – – und schreckte er dich, Elender, wann du zum Frevel eiltest? Nur dann, wann Tugend ihn auffordert, versagt sich ihr dein Muth. – Und dennoch könnte man vielleicht – – – Klerdon kömmt! ich muß ihn vermeiden. In dieser Ungewißheit und Zerrüttung kann ich ihn unmöglich sprechen. Ich gehe, ein Mittel zu erfinden, ihn und mich zugleich zu retten.


Geht ab.


Quelle:
Joachim Wilhelm von Brawe: Der Freygeist, in: Trauerspiele des_–, Berlin 1763, S. 128-129.
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