[Weste säuseln; silbern wallen]

[42] Weste säuseln; silbern wallen

Locken um den Scheitel mir.

Meiner Harfe Töne hallen[42]

Sanfter durch die Felsen hier.

Aus der ew'gen Ferne winken

Tröstend mir die Sterne zu.

Meine müden Augen sinken

Hin zur Erde, suchen Ruh'.


Bald ach bald wird beßres Leben

Dieses müde Herz erfreun,

Und der Seele banges Streben

Ewig dann gestillet sein.

Schwarzer Grabesschatten dringet

Um den Tränenblick empor,

Aus des Todes Asche ringet

Schönre Hoffnung sich hervor.


Meines Kindes Klage lallet

Durchs Gewölbe dumpf und hohl,

Idolmios Zunge lallet

Jammernd mir das Lebewohl

Zu der lang ersehnten Reise.

Senkt mich in der Toten Reihn.

Klaget nicht, denn sanft und leise

Wird des Müden Schlummer sein.


Und du Gute nimmst die beiden

Mütterlich in deinen Arm,

Linderst meiner Tochter Leiden,

Lächelst weg des Knaben Harm.

Aus des Äthers lichter Ferne

Blickt dann Trost der Geist euch zu.

Es umarmen sich zwei Sterne

Und ihr Kuß giebt allen Ruh'.


Schwermut glänzt des Mondes Helle

In mein tränenloses Aug',

Schatten schweben durch die Zelle,

Seufzer lispeln, Geisterhauch

Rauschet bang durch meine Saiten,[43]

Horchend heb' ich nun die Hand,

Und es pochen, Trost im Leiden,

Totenuhren in der Wand.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 42-44.
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