Dreizehnter Auftritt

[231] ISIDORA allein. Ich habe solche Worte nie gehört, und nie einen solchen Mann gesehen – Du böses Mädchen, das ihn verlassen konnte, er geht mit irrer Phantasie umher; ach mir! wie schön ist mir sein Leid, mich fleht er an um Hülfe für sein Herz – und wenn er an mir genesen könnte und nicht mehr träumte, daß ich seine Liebe sei, wer würde mich dann heilen? – Was Ponce an jener armen Bürgerin getan, das tat an diesem Mann ein Weib – wie traurig und wie innig waren die Worte seines Briefs: »Ich lebte nicht, mein Leben war ein ödes, dunkles Meer, da zogst du über mir herauf, du stiller, voller, liebevoller Mond; die Ufer, die freudigen Lebensufer wachen rings in mildem Glanz, und Ebb und Flut ström ich mit Sehnsucht zu dir hin, und flieh ich ohne Ruh in mich zurück. O soll ich nimmer denn ein Mensch geworden sein! o steig aus mir hervor, du Liebes-Göttin!« – Du armer, kranker Mann, o wäre nicht dein Unglück die Bedingnis deiner Liebe!

PONCE hinter der Szene. O weh! verhaßter Brief!

ISIDORA. Das ist seine Stimme; ich wollte, er wäre freundlich und käme zu mir her – er kömmt – ach, ich verliere den Mut! Versteckt sich.[231]


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 231-232.
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