Zweyter Auftritt.

[27] Blonde. Konstanze.


BLONDE. Wie traurig das gute Mädchen daher kommt! Freylich thuts weh, den Geliebten zu verlieren und Sklavin zu seyn. Es geht mir wohl auch nicht viel besser; aber ich habe doch noch das Vergnügen, meinen Pedrillo manchmal zu sehen, obs gleich auch mager und verstohlen genug geschehen muß: doch wer kann wider den Strom schwimmen? –[27]

CONSTANZE tritt, ohne Blonden zu bemerken, mit folgender Arie auf:

Traurigkeit ward mir zum Loose,

Weil ich dir entrissen bin.

Gleich der wurmzernagten Rose,

Gleich dem Gras im Wintermoose,

Welkt mein banges Leben hin.

Selbst der Luft darf ich nicht sagen

Meiner Seele bittern Schmerz:

Denn unwillig ihn zu tragen,

Haucht sie alle meine Klagen

Wieder in mein armes Herz.

BLONDE. Ach mein bestes Fräulein! noch immer so traurig?

KONSTANZE. Kannst du fragen, da du meinen Kummer weißt? – Wieder ein Abend, und noch keine Nachricht, noch keine Hofnung! – Und morgen – ach Gott! ich darf nicht daran denken.

BLONDE. Heitern Sie sich wenigstens ein Bisschen auf. Sehn Sie, wie schön der Abend ist, wie blühend uns alles entgegen lacht, wie freudig uns die Vögel zu ihrem Gesang einladen! Verbamen Sie die Grillen, und fassen Sie Muth! – – Kommen Sie, lassen Sie uns unsern Rund[28] gesang anstimmen; vielleicht ist die Hülfe nicht mehr weit.

KONSTANZE. Wie glücklich bist du Mädchen, bey deinem Schicksale so gelassen zu seyn! O daß ich es auch könnte!

BLONDE. Hoffen wir es wenigstens! Aber bestes Fräulein, das Rondo! Sie wissen ja, mit welchem Zauber die Musik aufs Herz wirkt; und es ist ja Ihr Lieblingsstück, so schmelzend, so zärtlich! O ich fange an!

Rondeau.


KONSTANZE UND BLONDE zugleich.

Hofnung, Trösterin im Leiden!

Du versüßest allen Schmerz;

Lächelst uns nach langem Scheiden

Freuden ins gebeugte Herz.

KONSTANZE.

Oft im öden Hain verlassen,

Schreckt uns Finsterniß und Grab,

Und der Wangen Rosen blassen

Von des Kummers Zähren ab.

BLONDE.

Doch wie schwinden alle Sorgen,

Jede Thräne wird verscheucht,[29]

Wenn sich der gewünschte Morgen,

Nur in ferner Dämmrung zeigt.

KONSTANZE UND BLONDE zugleich.

Hofnung, Trösterin im Leiden!

Du versüßest allen Schmerz;

Lächelst uns nach langem Scheiden

Freuden ins gebeugte Herz.

KONSTANZE.

Wenn von Sturm und Nacht umgeben

Sinkend sich der Nachen beugt,

Angst und Zagen uns umschweben

Und der grimme Tod sich zeigt:

BLONDE.

Schleudert uns, im Todesschlummer,

Eine Well' auf weiches Moos;

Und wir ruhen frey vom Kummer,

Süße Hofnung, dir im Schooß.

KONSTANZE UND BLONDE zugleich.

Hofnung, Trösterin im Leiden!

Du versüßest allen Schmerz;

Lächelst uns nach langem Scheiden

Freuden ins gebeugte Herz.[30]

BLONDE. Nicht wahr, es ist Ihnen nicht mehr so eng ums Herz? – Ach! dort seh ich den Bassa; vermuthlich hat er Ihnen was zu sagen –

KONSTANZE. Den Bassa? – Ach ich muß seinen Anblick vermeiden! – Einsame Schatten! seyd ihr meine Tröster!

Geht ab.


Quelle:
Johann André: Belmont und Constanze, oder: Die Entführung aus dem Serail. Leipzig 1781, S. 27-31.
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