Gestört

[333] Um acht, als seine werte Sippe

Noch in den Federn schlummernd lag,

Begrüßt er von der Felsenklippe

Bereits den neuen Frühlingstag.


Und wie die angenehme Sonne

Liebreich zu ihm herniederschaut,

Da ist in süßer Rieselwonne

Sein ganzes Wesen aufgetaut.


Es schmilzt die schwere Außenhülle.

Ihm wird so wohl, ihm wird so leicht.

Er schwebt im Geist als freier Wille

Hinaus, so weit das Auge reicht.


Fort über Tal, zu fernen Hügeln,

Den Strom entlang, bis an das Meer,

Windeilig, wie auf Möwenflügeln,

Zieht er in hoher Luft einher.


Hier traf er eine Wetterwolke.

Die wählt er sich zum Herrschersitz.

Erhaben über allem Volke

Thront er in Regen, Sturm und Blitz.


O weh, der Zauber ist zu Ende.

Durchweicht vom Hut bis in die Schuh,

Der Buckel steif und lahm die Lende,

So schleicht er still der Heimat zu.


Zum Trost für seine kalten Glieder

Empfängt ihn gleich ein warmer Gruß.

Na, hieß es, jetzt bekommst du wieder

Dein Reißen in den Hinterfuß.

Quelle:
Wilhelm Busch: Sämtliche Werke, Herausgegeben v. Otto Nöldeke, Band 6, München 1943, S. 333-334.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Zu guter Letzt
Zu Guter Letzt
Gedichte - Kritik des Herzens - Zu guter Letzt