|
[411] Der Morgen graut. Ich kam per Bahn
Stolz in der Stadt der Welfen an.
[411]
Und wie ich wandle, seh' ich walten
Im Morgenscheine fünf Gestalten.
»Seid mir gegrüßt, ihr edlen Frauen,
So wunderlieblich anzuschauen!«
[412] »Wat het he seggt?!« So tönt's im Chor,
Fünf Besen heben sich empor.
Ich stolp're in ein Kehrichtfaß;
Die Besen sind sehr dürr und naß.
[413] Kaum rett' ich mich, schon halb verdroschen,
Mit 25 Silbergroschen.
[414] Das hemmt der Besengarde Lauf. –
Ein Bad nimmt meine Glieder auf.
So geht's! – Bei Damen sollst du fein
Gar niemals nicht ironisch sein.
Buchempfehlung
Wenige Wochen vor seinem Tode äußerte Stramm in einem Brief an seinen Verleger Herwarth Walden die Absicht, seine Gedichte aus der Kriegszeit zu sammeln und ihnen den Titel »Tropfblut« zu geben. Walden nutzte diesen Titel dann jedoch für eine Nachlaßausgabe, die nach anderen Kriterien zusammengestellt wurde. – Hier sind, dem ursprünglichen Plan folgend, unter dem Titel »Tropfblut« die zwischen November 1914 und April 1915 entstandenen Gedichte in der Reihenfolge, in der sie 1915 in Waldens Zeitschrift »Der Sturm« erschienen sind, versammelt. Der Ausgabe beigegeben sind die Gedichte »Die Menscheit« und »Weltwehe«, so wie die Sammlung »Du. Liebesgedichte«, die bereits vor Stramms Kriegsteilnahme in »Der Sturm« veröffentlicht wurden.
50 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro