|
[137] Es war im schönen Karneval,
Wo, wie auch sonst und überall,
Der Mensch mit ungemeiner List
Zu scheinen sucht, was er nicht ist.
Dem Kuno scheint zu diesem Feste
Ein ritterlich Gewand das beste.
Schön Suschen aber schwebt dahin
Als holdnaive Schäferin.
[137]
Schon schwingt das Bein, das graziöse,
Sich nach harmonischem Getöse
Bei staubverklärtem Lichterglanze
Im angenehmsten Wirbeltanze. –
Doch ach! die schöne Nacht verrinnt.
Der Morgen kommt; kühl weht der Wind.
Zwei Menschen wandeln durch den Schnee
Vereint in Kunos Atelier.
[138]
Und hier besiegeln diese zwei
Sich dauerhafte Lieb und Treu. –
Hoch ist der Liebe süßer Traum
Erhaben über Zeit und Raum. –
Der Kuno, davon auch betäubt,
Vergaß, daß man heut Mittwoch schreibt. –
Es rauscht etwas im Vorgemach.
O weh! Das Fräulein von der Ach!
»Herzallerliebster Schatz, allons!
Verbirg dich hinter dem Karton!«
[139] »Willkommen, schönste Gönnerin!
Hier, bitte, treten sie mal hin!«
Begonnen wird das Konterfei.
Der Spitz schaut hinter die Stafflei.
[140]
Der Künstler macht sein Sach genau.
Der Spitz, bedenklich, macht wau, wau!
Entrüstet aber wird der Spitz
Infolge eines Seitentritts.
[141] Die Haare sträuben sich dem Spitze.
Die Staffel schwankt. Ausrutscht die Stütze;
Und mit Gerassel wird enthüllt
Der Schäferin verschämtes Bild.[142]
Nach dieser Krisis, wie ich bemerke,
Geht es zu End' mit dem löblichen Werke.
Ausgewählte Ausgaben von
Maler Klecksel
|
Buchempfehlung
Nach einem schmalen Band, den die Droste 1838 mit mäßigem Erfolg herausgab, erscheint 1844 bei Cotta ihre zweite und weit bedeutendere Lyrikausgabe. Die Ausgabe enthält ihre Heidebilder mit dem berühmten »Knaben im Moor«, die Balladen, darunter »Die Vergeltung« und neben vielen anderen die Gedichte »Am Turme« und »Das Spiegelbild«. Von dem Honorar für diese Ausgabe erwarb die Autorin ein idyllisches Weinbergshaus in Meersburg am Bodensee, wo sie vier Jahre später verstarb.
220 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro