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556. An Marie Hesse
Wiedensahl 2. Oct. 82.
Meine liebe Frau Heße!
Wie sehr hat es mich gefreut, die Züge Ihrer Schrift mal wieder zu sehn und zu hören, daß es Ihnen beßer geht! Welch schmerzliche Zeit muß das für Sie gewesen sein! Wie oft haben wir an Sie gedacht und immer gewünscht, Sie möchten an der englischen Küste ein milderes Wetter haben, als wir den Sommer hindurch gehabt. – Ich lese zwischen Ihren Zeilen ein gewißes Unbehagen der Welt gegenüber. Wohl Wenige haben's nicht. In freudiger Eile strebt man zur Höhe hinan, um dann oben angelangt doch nicht das angenehme Panorama, den »reizenden Blick«, wie die Damen sagen, zu finden, den man so sehnsüchtig erwartet hatte. Was mich betrifft, so kann ich leider nicht umhin, den größten Theil meiner Nichtbefriedigung auf das höchst lästige Gepäck der eigenen Schuld zu schieben.
Am Sonnabend vor acht Tagen war ich auf dem Bahnhofe in Stadthagen, um meinen Bruder abzuholen. Eben hatte ich den Perron verlaßen, als mir Herrn Heßens Karte überreicht wurde, und ein sehr schmerzlicher Gedanke war es für mich, daß Sie nur ein paar Schritte entfernt so ungesehn an mir vorüber gerauscht waren. Auch Adolf u. Otto haben es sehr bedauert, Sie in Bückeburg nicht begrüßen zu können. Seit vorgestern sind sie in den Herbstferien hier. Hermann, der sich dem österlichen Examen entgegenarbeitet, bleibt ebenfalls noch ein paar Wochen bei uns. Wir alle vier sagen Ihnen und den Ihrigen unsere herzlichsten Grüße und hoffen recht bald auf gute Nachricht von Ihnen.
Stets Ihr aufrichtiger Freund
W. Busch.