679. An Alexander Günther

[281] 679. An Alexander Günther


[18. Februar 1887]


Mutter Natur auf dem Land, im Garten, am Waßer, in Wiesen und Wald, ist, wie ich sie kennen gelernt, sehr wohlwollend, hat aber nebenbei auch ihre kleinen Eigenheiten. – Wer sich redlich abrackert im Weltgewurrl, den umfängt sie mit angemeßener Kühle; wer krank, den badet sie in heilsamer Luft ... Wem sie ein Gärtchen giebt und Remontant-Rosen drin, dem giebt sie auch Raupen und Blattläuse, damit er's verlernt, sich über Kleinigkeiten zu entrüsten. Und unthätige Liebe läßt sie sich nicht lange gefallen, sondern verlangt liebevolle Thätigkeit, als da ist Düngen, Graben, Pflanzen, Jäten, von Jedem, der sich um ihre intimere Gunst bewirbt ... Auch wollen die alten Reimsprüche neuerdings nicht so recht mehr bei mir wachsen. Übrigens darf ich wohl annehmen, daß eine geschmackvolle Realität auch ohne poetische Umhüllung eine allgemein freudige Aufnahme findet.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 281.
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