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[298] 726. An Hermann Nöldeke
Wiedensahl Sonnabend 24 März 88.
Lieber Hermann!
Sei bedankt für deinen Brief! – Es scheint ja nun, als ob's wirklich und im Ernst Frühling werden wollte. Gestern Morgen schneite es noch, wenn auch nur matt und verlegen. Der Wind war nach Süden umgeschlagen. Gegen Mittag waren noch 3 Rebhühner im Garten, nicht sehr bewegungslustig, selbst als ein paar Hunde herbei kamen; jedenfalls ein Zeichen, daß es ihnen spärlich ergangen. Nun haben wir aber gelindes Thauwetter bei mitunterlaufendem Sonnenschein. Die Schneeberge oder Wellen, denn sie haben oben ordentlich einen übergekippten Kamm, sinken merklich zusammen. In Feld und Garten sieht man wieder dunkle Stellen. Die Staare sind auch wieder lustig da, und heut Morgen, beim Kaffeetrinken, hörten wir einen Zaunkönig seine helle, unternehmende Strophe absingen. – Bei deinen Vikariatsgeschäften haben wir dich oft in Gedanken nicht ohne Besorgniß begleitet. Nur gut, daß der Kutschwagen durchkam, und wenn's nur gutes Wetter wird, und wenn erst der weiße Sonntag vorüber, dann kannst du ja auch wieder etwas behaglicher dreinschaun. Daß sonst Elbingerode (ich sah die Anzeige im Sonntagsblatt) so bald wieder besetzt wird, so lange der Emeritus lebt, scheint mir nach den angegebenen Einkommensverhältnißen nicht eben wahrscheinlich.
Leb wohl, lieber Hermann! Seid alle herzlich gegrüßt, du, Mutter und Sophiechen, von Else, Fr. Nickels, Dortchen und
deinem getr. Onkel
Wilhelm.
P.S. Gestern war auch endlich der Kohlenmann da.