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[321] 791. An Hermann Nöldeke
Wiedensahl Montag. [Mai 1890]
Sei bedankt, lieber Hermann, für deinen freundlichen Brief. Auch Fräulein Kather hat Mutters Brief erhalten. Einen Brief und eine Karte an Onkel Prorector, die ich erst zurückgelegt, habe ich unter Wilhelms Adreße nach Schwerin geschickt, ein drittes Schreiben gleich von der Post umadreßiren laßen. – Wir hausen hier im alten Gleise so weg. Herr Redepenning unterhält uns täglich von den vielen Hochzeiten, die ihn im Hinblick auf die dabei verabreichten Eßwaren auf's Innigste intereßiren. Auch der blinde Swenberens heirathet Lotten Köllings älteste Tochter. – Frau Pastorin ist Sonnabend nach Goslar und Klausthal gefahren und denkt Donnerstag wieder zu kommen. So lebt denn Herrn Pastor indeßen mit Schwiegermutter und Schwägerin recht glücklich. – Ladünken Goldbecks Frau ist, nachdem er eben die Schwester verloren, vor ein paar Tagen auch gestorben. – Unsere Gartenfrüchte wachsen gut. Über die Erbsen zog ich ein Gestell von Fäden zum gründlichen Bedenken der Spatzen, denen ich außerdem noch zwei Nester ausdrehen mußte, so leid mir's that, eins über der Bank und eins über der Regentonne. Der wilde Wein ist in folge der Fröste auffallend zurück; die Rosen haben nur unbedeutend gelitten. Birnen und Zwetschen fangen zu blühen an, letztere, wie's scheint, nur mäßig.
Eurem kleinen Trudchen geht's hoffentlich immer gut. Leb wohl, lieber Hermann, und seid insgesammt herzlich gegrüßt von Deinem getr. Onkel
Wilhelm.
Auch Frl. Kather und Frau Nickels laßen sich bestens empfehlen.