|
[69] 1064. An Otto Nöldeke
Wiedensahl 8. März 96.
Lieber Otto!
Mutter ist ja bei momentan gutem Wetter in Hattorf angelangt. Ich denke aber, es wird dort wohl ähnlich sein wie hier, und bei euch gewiß auch. Sonne, Regen, Schloßen wechseln mit einander ab, dazwischen bläst der Wind. Vorgestern Abend wurd es sogar Sturm mit Hagel. Aber sonderbar, das Barometer blieb hoch. In den lichten Augenblicken, da es nicht kalt ist, kramt ich im Garten herum; schnittcherte im Boskett, sägte Zweige von der Kastanie an Denkers Seite, harkte das Laub von dem Maiblumenbeete und den Farrnkräutern, grub die Petersilienecke um und entfernte per Barte das krumme Zwetschenbäumchen hinter der Laube. Die Schneeglöckchen blühen; Tulpen, Päonien, Narzißen, auch ein paar Maiblumen, spitzen hervor. Der Nußbaum hat übervoll geblüht. Sonst dämmert nur wenig auf aus dem Winterschlaf. – An die Brombeeren sollen demnächst Stangen kommen durch Zinkdraht verbunden. Dann will Leitner noch ein Fuder Mist bringen, und dann kann's los gehn. – Frau Nickels hat leider noch immer Gicht in den Händen. Vorgestern oder Mitwoch mußte sie trotzdem mit Sophie zur Mündigerklärung nach Loccum, hat sich aber dazu Leitners Wagen gezähmt.
Nun, lieber Otto, gieb mir bald mal Nachricht, wie es euch geht (Martin nicht zu vergeßen), ob im Garten schon was beschickt ist, ob die Hühner brav legen, etc. etc.
Seid alle 5 recht herzlich gegrüßt von Deinem getr. Onkel Wilhelm.
Frl. K. läßt gleichfalls grüßen.