Daniel Martin und Elisabeth Lepner

[104] 1641. den 24. Herbstmonats-Tag.


Der, an dem wir gantz verzaget,

Hat es endlich noch gewaget,

Vnd vngeschewet

Sich jetzt befreyet.


Amor hat auff Ihn geschossen,

Biß es Ihn zuletzt verdrossen,

Ist mit dem Bogen

Kahl abgezogen.


Venus sprach: Hört auff, jhr Kertzen,

Er empfindet keine Schmertzen,

Ist (wie ich meine)

Gleich Staal' vnd Steine.


Sagt, wer hat Ihn je gesehen

Wo vor einem Mägdchen flehen,

Das Ihn zu lieben

Hätt' angetrieben?


Tieger möchte man noch zähmen,

Vnd den Grimm' auch Bähren nehmen,

Ja Löwen Rachen

Sanfftmühtig machen.


Diesen überreden wollen,

Daß er hätte tantzen sollen,

Wahr, was auff Erden

Nicht kuntte werden.


Mag was süssers auch entstehen,

Als im Reyen frölich gehen,

Vnd eine führen,

Die Ihn kan zieren?


Wenn ein Tantz, der nur aus Pohlen

Kommen ist, wird auff Violen

Recht wol gemachet,

Daß alles lachet?
[104]

Wenn man höret die Schalmeyen,

Die man braucht im ersten Reyen,

Bald auch die Flöhten

Sampt den Cornehten?


Wenn der Stort nun prangt für allen,

Daß die Hertzen müssen wallen,

Vnd recht zu leben

Erst dan anheben?


Hie wird Anlaß her genommen,

An das liebste Hertz zu kommen.

Wo wohnen Grüsse?

Wo Schertz' vnd Küsse?


Wo Gespräche von der Liebe?

Wo das meiste, so ich übe?

Wo Händedrücken?

Wo sich anblicken?


Wo gelohst man Würtz vnd Kräntze?

Hie erst, da man heget Täntze,

Hie kehrt das Leiden

Sich gantz in Frewden.


Alte, die von fern her sehen,

Wünschen: hätten wir nur zehen

Jahrchen zurücke,

Wir argen Stricke!


Dieser nur war nicht zu zwingen,

Wahr an keinen Tantz zu bringen,

Nichts kuntt' Ihn fangen;

Nicht rohte Wangen,


Nicht der weissen Stirnen Pflaster,

Ja nicht Händ' aus Alabaster,

Nicht Gold der Hare,

Nicht andre Wahre,


Nicht der Zungen Milch vnd Reben,

Nicht der Sitten Art vnd Leben,

Noch, was für Sachen

Verliebt sonst machen.


Diesen soltt' ich mich bemühen

Endlich an mein Joch zu ziehen,

daß Er auff Erden

Soltt' ehlich werden?


Nein, zerbrich, mein Kind, die Pfeile,

Mach dich auff die Flucht vnd eile,

Hat doch kein Possen

Mich so verdrossen!


Dieß sprach aus ergrimmtem Hertzen

Venus, vnd schwang jhre Kertzen,

Daß sie im schwingen

Auch stracks außgiengen.


Amorn must' es auch verdriessen,

Trat den Köcher-Zeug mit Füssen,

Der muste brechen

Vnd so jhn rächen.


Amor, du ergrimmst vergebens,

Du auch, Göttinn dieses Lebens,

Venus. Im Hertzen

Fühlt Er schon Schmertzen.


Seht, die Artigheit Elisen

Hat sich stärcker noch erwiesen

Als ewre Waffen,

Die nichts hie schaffen.


Ihrer schwartzen Augen Sonnen

Haben Pfeil' vnd Brunst gewonnen,

Brunst, die Ihn schläget

Vnd nieder leget.


Bräutlein, du kanst triumphiren,

Dir muß aller Preiß gebühren,

Der Venus Sohne

Setz auff die Krohne!


Ihr, Herr Schwager, sucht zusammen,

Was Ihr jrgends wisst von Flammen,

Ihr habt zu sorgen

Heut oder morgen,


Ob nicht etwa Venus Kertzen,

Welche sie verlescht für Schmertzen,

(Das wir nicht gläuben)

Verloschen bleiben.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 104-105.
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