Hertzliches Bethlied, umb fernern Auffwachs des HochFürstl. Hauses zu Brandenburg, und sonderlich umb beständiges Wolergehen unsers gnädigsten Chur-Fürstens und Herrens, als der noch einigen Seulen unsers lieben Vaterlandes; Allen getrewen Einwohnern dieses Hertzogthumb zu flehen, und in der Weise wie nach einer Wasserquelle zu singen

[177] 1644.


Gott, du Ertz-Hirt deiner Herden,

Vater aller guten Zeit,

Du bestellst den Kreyß der Erden

Mit gewünschter Obrigkeit,

Unter Brandenburgk hast Du

Preussenland durch güldne Rhue

Nun in mehr dann hundert Jahren

Wollen gnädiglich bewahren.


Hast durch frommer Herrschaft Güte

Uns umbschantzt mit Lieb und Trew,

Daß jhr Holdseelig Gemüte

Nichts gewust von Tyranney,

Hast uns freundlich angeblickt,

Und zu aller Zeit erquickt

Unsern Leib durch Most und Öle,

Durch dein reines Wort die Seele.
[177]

Aber jetzt, Herr, wollstu eilen

Uns zu retten, dieses Hauß

Rhuht nur noch auff einer Seulen,

Hilff, sonst ist es mit uns auß.

Laß uns dieses Liechtes Schein

Ja nicht außgeloschen seyn!

Uns möcht' eine Nacht anbrechen,

Die nicht stehet auß-zu-sprechen.


Herr, umb deines Sohnes willen,

Welcher durch sein thewres Blut

Allen deinen Zorn kan stillen,

Nicht führ so ergrimmten Muth!

Nimm dieß unser Haupt in Schutz

Wider aller Feinde Trutz,

Schaw, wir fallen dir zu Fusse

Ach mit ungefärbter Busse.


Schaff, damit Er sey umbgeben

Stets von deinen Engelein,

Die Ihn tragen, die Ihn heben,

Mit Ihm gehen auß und ein.

Laß des Glückes Ungestüm

Stets gefernet seyn von Ihm,

Keiner Kranckheit Stoß, kein Wüten

Nahe sich zu seiner Hüten.


Laß auch bald zu deinen Ehren

Diesen Chur- und Fürsten-Zweig

Sich durch Edle Sprossen mehren!

Herr, erhör' uns, und erzeig

Ja auch die Barmhertzigkeit!

Gieb, daß Er in kurtzer Zeit

Sich mit frischen fruchtbarn Ästen

Breit' in Nord-Süd-Ost- und Westen!


Derer Schatten uns vergönne

Zuflucht, Sicherheit und Raht,

Da man sich erquicken könne,

Wenn das Leid die Herrschaft hat.

Unter derer Schirm dein Wort

Lauff' und grüne fort und fort,

Und dein Reich auff aller Erden

Außgebreitet möge werden.


Laß, die allen Wolstandt suchen

Unsers Haupts, gesegnet seyn,

Und fluch denen, die Ihm fluchen,

Gieb Ihm Raht und Weißheit ein,

Bald zu mercken dessen List,

Der nicht trewlich umb Ihn ist,

Daß sich Boßheit, Trug und Neiden

Fern von seinem Hofe scheiden.


Dann Herr, wollen wir dich singen,

Unser Fürst wird fornen stehn,

Wir sind eiffrig nachzudringen,

Und auff deinen Rhum zu gehn,

Daß die Erd erschallen soll,

Wenn wir singen sämptlich, voll

Andacht fewriger Geberden:

Gott, du Ertz-Hirt deiner Herden!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 177-178.
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