[Mein letztes Hoffen wird erfüllt]

[34] Mein letztes Hoffen wird erfüllt;

Ich scheide: stillt, ihr Freunde, stillt

Die Klagen, die jhr führet;

Hört endlich auff, es ist genug,

Mißgönt mir nicht den edlen Schmuck

Der Kronen, die mich zieret.

Gott selber reisst mich von euch hin,

Bey dem ich gleichwol lieber bin,

Ob mich nach euch verlanget;

Ihr liebet mich: Gott noch viel mehr,

Nach dessen Rath in andrer Ehr'

Itzt meine Seele pranget.


Was aller Frommen höchstes Gut

Vnd Hoffnung ist, durch Gottes Blut

So thewer vor erworben,

Besitz' ich schon. Welt, gute Nacht!

Der Anmuth deiner gantzen Pracht

Ist bey mir nun erstorben.

Nicht aller Reichthumb, alle Lust,

Vnd was dir hohes ist bewust,

Kan mich herwieder bringen:

Die süsse Ruh, der Engel Chor,

Die Seelen, die hieher zuvor

Sind kommen mich bezwingen.
[34]

Hier seh' ich, was der Zeiten List

Die Seele zu berücken ist,

Was Frewd' vnd Wollust können;

Hier lach' ich aller Menschen Müh'

Vnd Sorgen, die sie spat vnd früh

In jhrer Flucht beginnen.

Wie wann ein Schiff durch strengen Nord

In seine Sicherheit vnd Port

Itzt glücklich ist getrieben:

So bin ich auff der wüsten See

Der Welt entgangen allem Weh'

Vnd ruhe nach belieben.


Herr, deine hand mich sicher helt.

Daß mich forthin kein Vnglück fellt,

Das andre noch verwirret;

Du hast mich selber angethan

Mit deiner Krafft, daß ich der Bahn

Des Lebens nicht geirret.

Ich warte, wenn das feste Band,

Das jetzt der grimme Todt getrannt,

Sol wieder einig werden:

Da werd' ich erst für deine Trew

Dich loben, mir bezeiget frey

Im Himmel vnd auff Erden.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 34-35.
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