|
Dv Menschen-Kind, erschrick
Vnd wach all' Augenblick,
Laß sichre Leute schertzen,
Horch du in deinem Hertzen
Was deine Glocke schlägt,
Dein Puls der sich bewegt,
Ob auch sein letzter Schlag
Dir deinen Jüngsten Tag,
Den Lebens-Abend, trägt.
Betreug dich selber nicht,
Dein jüngstes Halß-Gericht
Wird dann nicht erst ergehen,
Wann wir gesampt erstehen,
Wann selbst der Sonnen Tracht
Der Königreiche Pracht,
Lufft, Himmel, Erd vnd Fluth
Durch die gemeine Glut
Zu Rauch' wird seyn gemacht.
Wir sind vns selbst die Welt,
Wenn vnsre Hütte fällt
Vnd wil nun in der Erden
Zu Staub vnd Asche werden,
Stracks wird vns vnser Lohn,
Den tragen wir davon
Von jenem Richter-Stul
Dort der der Hellen Pful,
Der hie die Himmels-Krohn'.
Ergetzt dich nun voraus
Der ewign Frewden Haus,
Der Seelen wahres Leben,
Hier mustu darnach streben
Durch stete Rew vnd Buss'
Vnd durch der Thränen Fluß,
Must durch des Glaubens Macht
Die Welt sampt jhrem Pracht
Thun vnter deinen Fuß.
Zeuchst du der Hellen Qual
Weit vor dem Himmels-Saal,
So laß dich immer finden
Im Grewel deiner Sünden:
Wiß aber, daß dein Leid
Nicht wehrt nur kurtze Zeit,
O nein, der Flammen Sturm
Vnd dein Gewissens-Wurm
Stirbt nicht in Ewigkeit.
Zehntausent Jahr ist viel,
Doch haben sie ein Ziel,
Ob hunderttausent wären,
Die Zeit kan sie verzehren,
Die Ewigkeit allein
Vnd jhrer Flammen Pein,
Der hier ich umb vnd an
Kein Ding vergleichen kan,
Wird gar ohn Ende seyn.
Schlag hie mich fort vnd fort,
Nur schone meiner dort,
O Jesu, Trost der Schwachen,
Hilff meiner bösen Sachen,
Schick Trübsal mancherley
Vnd nur Gedult dabey,
Mach aber, meine Zier,
Daß ich darnach bey dir
In ewign Frewden sey.
Buchempfehlung
Die beiden betuchten Wiener Studenten Theodor und Fritz hegen klare Absichten, als sie mit Mizi und Christine einen Abend bei Kerzenlicht und Klaviermusik inszenieren. »Der Augenblich ist die einzige Ewigkeit, die wir verstehen können, die einzige, die uns gehört.« Das 1895 uraufgeführte Schauspiel ist Schnitzlers erster und größter Bühnenerfolg.
50 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro