Christliches Sterb-Lied

Todt, du aller Sorgen Ruh,

Aller Arbeit Ende,

Schleuß mir sanfft die Augen zu,

Schlag umb mich die Hände,

Nim mich aus der Eitelkeit

Dieser schnöden Erden,

Ich wil aus der bösen Zeit

Abgefordert werden.


Meine Tage sind hinweg,

Weg sind meine Stunden,

Meiner Noth und Schmertzen Zweg

Hat sich schon gefunden,

Wie ein schaum auf wilder Fluth

Die die Wind' erheben,

Wie der Rauch von einer Glut

So vergeht mein Leben.


Zeig, O Ewigkeit dich mir,

Reich mir deine Flügel,

Vnd führ meinen Geist von hier,

Auff die Himmels-Hügel,

In die Freuden die mein Hort

Christus mir erworben,

Als er durch verhöhnten Mord

Ist für mich gestorben.
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Jesu dieser Ruhm ist dein,

Daß, wiewol ich sterbe,

Ich des wahren Lebens Schein

Allererst recht erbe,

Für der Erden Müh vnd Noht

Zu der Ruh gelange,

Die nicht Arbeit kennt noch Tod,

Vnd ohn ablaß prange.


Laß nur die Beständigkeit

Kräfftig ob mir walten,

Mich voraus in allem Streit

Oberhand behalten,

Vnd mit meinem Stündelein

Mich begnügt vmgeben,

Dafür wil ich dich allein

Ewig dort erheben.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 143-144,149-150.
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