Frülings Lob-Lied

[489] Ey so gebt Gott allerseit

Nun auch Lob und Danckbarkeit!

Sprecht: sey hoch, O Gott geehrt,

Der du unsre Klag erhört!

Du bist Herr und gibst allein,

Freud und Trost nach Angst und Pein

Und nach Regen Sonnen-Schein.


Gott dich rühmet Hitz und Kält,

Und dir spielet Wald und Feld,

Dich erhebet Tag und Nacht,

Alles, Herr, hast du gemacht,

Flüß und Meer und euer Grund

Und ihr Winde thut ihn kund,

Er gedenckt an seinen Bund.


Es erfreut sich Land und See

Nach dem langen Frost und Schnee,

Alles, was sich regen kan,

Nimmt ein neues Leben an,

Kälte, Traurigkeit und Wust

Wird gekehrt in Gnüg und Lust,

Nun du deinen Schatz auffthust.
[489]

Jetzt geust sich sein Segen auß

Und erfüllt Land, Städt und Hauß,

Wann sich deine Hand auffthut,

Trieffen wir von deinem Gut,

Es wird Fruchtbarkeit gehegt,

Wo sich hin dein Fußstapff regt,

Der Milch, Oehl und Honig trägt.


Jetzund nimmt der Ackermann

Sich des Landes Arbeit an,

Wild und Hauß-Vieh ist erfreut

Ob der schönen Vorjahrs-Zeit:

Weil dus gnädig angeblickt

Und ihm Nahrung zugeschickt,

Die sein mattes Hertz erquickt.


Bäch und Ströme fliessen klar,

Da der geilen Kälber-Schaar

Neben hin mit Springen geht,

Um die liebe Morgenröth

Hört man durch Geschrey und Klang

Tausend Vögel Lobgesang,

Alles sagt dir Preiß und Danck.


Jetzund wird nach seiner Art

Wald, Gepüsch und Feld gepaart,

Auch der Fische Heer, O Gott,

Mehrt sich jetzt auff dein Gebot.

Graß und Laub kommt jetzt herfür:

Alle Bäum und ihre Zier,

Grünen, ihrem Schöpffer, dir.


Es bemühet sich die Bien,

Umb ihr Honig außzuziehn,

Und die Schwalb hengt ihr Gemach

Unter armer Leute Dach.

Summa: alles ist belebt,

Nun dein Segen sich erhebt

Und umb uns, dein Völcklein, schwebt.


Aller Augen sehn auff dich,

Herr, so lang, biß gnädiglich

Jeglichem zu rechter Zeit

Seine Kost wird außgestreut:

Siehest du uns gnädig an

Und was giebst, so sammlet man,

Daß noch übrig bleiben kan.


Thust du deine Hand nur auff,

So sind wir erquickt zu hauff,

Nimmst du dann dein Antlitz hin,

So entfällt uns Hertz und Sinn,

Wir sind stracks des Todes Raub

Und verwelcken wie ein Laub,

Biß wir werden Asch und Staub.


Herr, die Allmacht deiner Hand

Legt umb unsre Zung ein Band,

Rühmen wir dich noch so sehr,

Du bist tausendmahl noch mehr,

Nichts läßt doch ergründen sich,

Was ein Mensch erkennt umb dich,

Deine Gnade sonderlich.


Erd und Himmel wird vergehn,

Mond und Sonne nicht bestehn,

Aber deiner Gnaden-Schein

Wird für allen ewig seyn,

Und indem vorauß verliebt,

Der sich hier dir kindlich giebt,

Unschuld, Lieb und Demuth übt.


Herr, nimm die nicht von uns hin,

Fehlet uns gleich Geist und Sinn,

Laß uns durch derselben Krafft

Sämptlich werden hingeraft,

Sie sey täglich uns verneut,

Hilff durch sie zu aller Zeit

Unsers Lebens Dürfftigkeit.


Was dein Segen jetzt verspricht,

Fehl hernach im minsten nicht,

Hagel, Sturm, Frost, Näß und Brand

Sey von uns fern abgewand,

Du weisst Vater, was uns noth,

Gib uns täglich unser Brodt

Und den Himmel auff den Todt.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 489-490.
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