Gesang der Athener

[228] Klare Göttin, Zeus-Geborne,

Nimm Gesang und Opfer hin,

Dieses Landes alterkorne

Freundin und Beschirmerin.


Die der Wölfe wilde Scharen

Mit dem Speer dahingestreckt,

Und die wilderen Barbaren

Mit dem Gorgoschild geschreckt.
[228]

Was da dumpf und ungeheuer,

Scheuchest du in wirre Flucht;

Dir ist sanfte Sitte teuer:

Frommes Maß und edle Zucht.


Xerxes mag den Kriegsgott ehren,

Der zum Ansturm wütend treibt:

Du sollst stete Kraft uns lehren,

Die in Abwehr sicher bleibt.


Wo den heil'gen Speer du senkest,

Sproßt des Ölbaums Segensfrucht:

Wo du ihn im Kampfe schwenkest,

Da entschart den Feind die Flucht.


Gleiches möge man beschieden

Deinen frommen Söhnen sehn:

Schön und friedlich sei im Frieden,

Schrecklich sei im Kampf Athen.

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 228-229.
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