Abwehr

[32] Gewahr' ich Deiner Augen banges Suchen,

Ihr liebevolles Hangen an den meinen,

So steigt in mir empor ein wildes Weinen,

Und mein und Dein Geschick möcht' ich verfluchen.


Ich weiß, Du bist mir grenzenlos ergeben,

Und jede Stunde zeigt es mir aufs neue,

Und doch verbittert diese Liebestreue,

So rührend schön und süß, mein ganzes Leben.


Zu trautem Glück willst Du mein Sein beschränken,

Ein stilles Leben soll ich bei Dir führen –

Und meine tiefste Wollust ist: zu Denken,


Dem Rätsel unsres Daseins nachzuspüren.

Ich kann Dir nicht mein Ich als Mitgift schenken,

Um stillvergnügt im Erdenstaub zu schüren.


Quelle:
Felix Dörmann: Neurotica, München und Leipzig 1914, S. 32-33.
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