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[211] Zu eben der zeit, schickt Faiole der viert König in Numidien auß Affrichen dem Grandkälier das aller grössest schrecklich unnd wunderlichst Thier, welchs je gesehen worden: Wie ihr dann wol wißt, daß Affrica allezeit etwas Neues bringt, eben wie die Musick ungefehrlich. Dann es war so groß als sechs Oriflant, unnd waren ihm die Füß inn Finger zertheylet, wie des Keysers Julii Pferd, het lange hangende Ohren, wie die Geyssen inn Langegot, unnd ein kleines Hörnlin auff dem hindern, wie die Stertman. Zu dem, über den Rucken ein schwartzen striemen, nach Neapolitanischer farb Fliegengetreifft, unnd mit growen würwelen gezeichnet. Aber über alles hett es einen Teuffelischen grossen Schwantz.
Dann er war ein litzel kleiner grösser als der Pfeiler zu Sanct Marx bei Langres unnd der gestutzt Judenthurn zu Prag, auch geästelet und geschärtelet auff alle Eck, wie die Aehern am Korn, und des Mörschweins Federn.
So ihr euch deßhalben verwundert, wundert euch viel meher der Schwäntz an den Scytischen Schafen, welche meher als dreissig Pfund wigen. Oder verkreutziget euch über den Schafen in Riobella plata, da N. Schmidt von Straubingen auff eim etlich Meiln ist geritten: Oder versegnet euch ob den[211] Castronen zu Riame inn Arabien, deren Schwäntz einer vier unnd zwentzig pfund soll wigen: Oder pfeifft über den Spannenbreiten Schafschwentzen inn Cypern, darauß etwann die Venedischen Curtisanen reiff unter die Röck machten, Ja verkrisamt euch über den Hämmeln in Syrien, denen man (so anders Tenald war sagt) einen Karren mit Holtz geladen darauff bind, Holtz zur Kuchen zuführen, als lang und starck ist er. Was gelts, wa ihr Schlingel und Rollenböck hinder den Mauren so lange habt, und ihr andere Schmotzennascher auff dem Land: Dann ihr lose GrattelJäcklein laßt ihn kein rhu.
Nun dieses Schwantzlappen Thier ward zu Mör in treien Furachen, und einem Jagschiffelin geführt biß in den Anfurthafen zu Olone im Thalmondorland: Welches als der Grandbuchier sahe, sprach er. Sehe, wie fein schickt sichs, daß auff disem Felledeiß mein Sohn gen Pariß reiß: Wolan, das walt sie unnd schalt sie der dahinden, es wird alles wol von statten gehn, Er wird zukünfftig noch ein gelehrter Kautz werden, wann er under die Stoßvögel kompt: Auch wie Keyser Augustus und Keyser Sigmund, den Gelehrten noch wider in Stegreiff helffen:
Weren nicht die Herren des Viechs der Herd
Und die Herren der Herd auff diser Erd
So weren wir all Geistlich und gelehrt.
Auff Morgen, nach dem sie gesuppet, das ist den Leib mit Wermutwein, das ist, dem besten auß dem mitteln Faß, gewärmet hetten, brachen sie auff: Gargantua, und sein Preceptor Kundlob von Ehrensteig unnd sonst Volck, sampt dem Eudemon dem Hofjungen. Unnd weil damals schön steht Wetter war, ließ ihm sein Vatter blaue Kniestifel machen: Dann welche Rote vom Preusischem Leder tragen, vor denen fliehen die Küh, und vor den schwartzen alles Vihe, seien Bauren oder Küh: Aber die Kniestifelchen kommen sanfftmütig, wie ein lastbarer Esel, fürnemlich wann ein Pfatengrammischer Leist darinn steckt, und unten Pantoffelsolen drein sind gelegt: Solche nennet Babin Brodequin, das sind Brautstiffelchen, sollen ein wenig besser für den Pfotenkrampff sein, als die Holtzschuch, schreibet Hartfisch im Podagramischen Trostbüchlein.[212]
Also reyseten sie ihren weiten weg mit gutem mut, allzeit lustig und frölich, machten allenthalb gut Krabatisch geschirr, gut Pfeffer gut Reißmuß, gut Baurenküchlein, inn allen Herbergen stunden ihre Namen immatriculiert an Wenden und Läden: Biß sie über Orleans kamen: Allda was ein weiter breiter Wald, in die läng auff treissig fünff Meilen, und inn der breite sibenzehen, drunder und drüber ungeferlich: Derselbige war grausam fruchtbar, unnd voll von Brämen oder Kühfligen, also daß es für die arme Thier, Esel unnd Pferd, die da durchzogen, ein rechte Rauberei unnd Mörderei war: Sollen, wie Tillet schreibt, von den Völckern Rhyzophagen oder Wurtzelfressern dahin gebant und verflucht sein worden, als sie gar auß der art der andern frommen Brämen schlugen, und nicht mehr, wie vor, ihnen ein beistand thun wolten, und die Löwen tapffer anpfetzen, wann sie im Wurtzeldelben ihnen hinderlich sein wolten. Aber unsers Gurgelstrossa Lastmaul rach allen unbill, ihm unnd seins gleichen Geschlecht bewisen, sehr redlich an ihnen, und dasselbige mit eim solchen Duck, dessen sie sich am minsten versehen hetten.
Dann alsbald sie inn den Forst kamen, unnd ihm die Roßbremen ein Schlacht lifferten, und dapfer den Sturm anlieffen, zog er seinen Schwantz von Leder, scharmützelt mit ihnen, schnitzelt unnd schneitzet ihnen so gewaltig, daß er den gantzen Wald, alle Bäum, Stock und Stauden, das hoch und nider gehöltz, das bau und daubholtz, alle hursten, vom nidersten Liebstöckel an biß zum Cederbaum hinauff, und überall den Forst niderschlug, zerschmiß, zerriß, zerbiß, zerstieß, von oben an biß unten, zur seiten, die quäre, überzwerch, da unnd dort, disseit und dort seit, über und über, dorthinauß, da hinein, in die läng und inn die breit, und in summa schmettert das Holtz hernider, wie ein Mäder das Häu: Also daß es forthin da weder Holtz noch Roßmucken hat, sonder die gantze gegene ist seidher zu einer feinen ebene worden, wie die Lunenburger Heyd, da diß gehörnecht UrChammel hernachgehends auch einen solchen Scharmützel hat gehalten. Dann im gedachten Wurtzeldelber Land, wurden abermal viel Legionen Tobbrämen vertrieben, das vernamen die Wendischen, und Sorbischen Crabrowespen,[213] berufften sie wider die Herulisch fliegend Herd der Scharp-Schröter, also zogen sie über Mör mit der Spanischen Flut der Mosquiten und Zeunganischer Zigeiner, und Meyländischen grünen Cantharkäfern, kamen an umb Holm, Bommeln und Brämen (die noch den Namen darvon haben) verderbten den Teuffel mit einander, biß ein alte Wurtzeldelberin den Raht gab, mit ihrs gleichen sie zuvertreiben, wie die Scorpion böß mit bösem, nemlich mit Rauch von Brumm und Hundsbrämen, von der Titanischen Himmelstürmer Blut (dann dise Wolckentremmeliche Gigfitzen waren auch nur Wespen) von Brombeerhecken und Brembüschen: das that man, brants alles auff sechtzig meiln auff: biß auch die alten andechtigen Weiblein ihre Wehrebenische und Segamenisch Würtzwisch von Donnerwurtz müßten herfür suchen und verbrennen, die sie von vilen Jaren auff den Tag unser Liebenfrauen Himmelfahrt für Gespenst unnd Ungewitter geweicht unnd gesammelt hatten: da wich das Geschmeiß, und traff eben den Gargantua, so auff ein Hochzeit reyßt, mit seim Ulckthier, auff gedachter Heid an, da waren sie empfangen wie gehört: wiewol Lazius nichts darvon hat gehört: Als nun vorgemelt Bremenschlacht Gargantua sah, het er seine hertzliche freud darab, und ohn ferner rhümen, sprach er zu seinem Volck auff desselben Landssprach, O wie Beau ce, das ist, wie ein schöner böser Besen für die bösen beissige Bremen? Daher würd darnach das Land allzeit Beauce oder Bößausse genant. Aber zur abend zech mußten sie sich mit Heidbören behelffen: Daher noch auff den heutigen tag die Jungherrn des Lands Heidbör unterzechen, und befindens bei ihrem guten Wein sehr gut, und speien nur des besser darvon. Dann ihr wüßt, das Körbelkraut grosse krafft, die Leut zuverändern hat, also daß jhene Frau ihren Mann, der sonst einen bei ihr fand, überredt, er hett Korbein gessen, weil er noch einen bei ihr sah.
Letzlich ländeten sie zu Pariß, allda er sich zween oder drey Tag von der Reyß erquicket, und kreutz gut Leben mit seinen Gefärten führet: Auch folgends fragt, was es für weise gelehrte Leut da hette, und was sie für Wein trincken: Dann gemeinlich wann einer inn ein Statt kommet, so fragt er nach der Kirchen, so zeigt man ihm das Mumenhauß. Also[214] bald sicht man eim an der Nasen an, was er im Schilt führt. Aber rhatet, was ist diß, einer geht hinein, die andern zwen bleiben herauß hencken? Ist kaum ein kluppen Schlüssel: Ha, was geht das Graff Egon an, Ich schiß drein, wann ich ein Armbrust hett. Laß mich ungeheit, ich muß ein Nonn werden.
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