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[385] Deßgleichen ward auch Hauptman Tragdendilen dem Alten Grandguchier presentieret, der erforschet von ihm Königs Picrochols, des Koderkolterers, vorhaben und gelegenheit, und was sie mit diesem plötzlichen einfall suchten: darauff bescheidet er ihn, daß seins Herrn vorhaben wer, das gantze Land einzunemmen, von wegen der schmach die seinen Nutelnbauren bewisen worden. Das ist, sprach König Gurgelgros, zu weit und zu viel gesucht. Wer zu vil fasset, vil fallen lasset: Der zuviel faßt, wenig faßt? Es wird heut nit mehr billich gehaisen, also Land und Leut mit des nächsten Bruders schaden zu überziehen und einzunemmen: dann die Exempel des Herculis, Alexanders, Hannibals, unnd andere, gelten heut nicht mehr, dieweil sie wider unsers glaubens Profession, unnd wider den löblichen auffgerichten Landfriden seind, welcher vermag, daß ein jeder seine Herrschafft bewar, halt, regier und verseh, und nicht nach anderer steh: Und was etwann deßhalben bei den Saracenen unnd Barbaris hat Manlichkeit geheissen, das heissen wir heut Rauberei und schelmenwerck. Er het Königlicher gethan, so er seim gebiet wol wer vorgestanden, als daß er mir meins feindlich verderbt mit schanden: Dann durch wolregierung des seinen, het ers vermehret, durch betrübung aber des meinen wird er zerstöret. Zihet nun hin inn Gottes Namen, machts wol auß, habt ihrs wol angefangen, habt ihrs wol kocht, so eßt es gut: Zeiget euerm König seine fehl, die ihr jetz euers theils erkent, wie ein getreuer Diener an, rhatet ihm nimmer zu euerem eygnen nutz: dann eigennutz ein böser butz: mit dem gemeinen geht auch eins jeden besonder eigenes zu grund. So viel euer rantzon betrifft, schenck ichs euch gar, und will auch daß man euch Pferd unnd Harnisch wider zustell: Also muß man unter benachbarten unnd alten bekandten handeln: in erwegung, daß solcher unser span eygendlich kein Krieg ist, wie dann Plato Lib: 5: in Repub:[386] von den einländischen überzügen der Griechen untereinander halt, daß sei kein Krieg, sonder Auffrhür und Meutereien heissen und seien: und will derhalben, wa sich durch unfall solche empörungen begeben, daß man zu dem mäsigsten darinnen soll geleben: wie auch solches Julius Cæsar erkant, der inn voller Schlacht mit dem Pompeio seim Kriegsvolck zuruffet, Parce Miles Civibus: Ihr Kriegsleut schont der Burger: So wolt Fabius von der Urienter Schlacht nit Triumphiren, weil viel Burger darinn bliben warn, Dann wann kan es die rechte hand freuen, wann sie die lincke hat abgehauen? Deßgleichen Keyser Antonin sagt, das besser sey ein Burger erhalten als vil Feind vergwalten: darumb ist der Bluthund Sylla ewig zuverfluchen, der gantze Blutschuldbücher stelt von Marianischen Burgern, so er zumetzigen erlaubt. Wie vil mehr seind dann dise Potentaten dem Teuffel zugeben, die auff Machiavellisch meynen sie können ihre Königliche schällige doll und vollmacht nicht baß fortsetzen, als wann sie ihre Underthanen zusamen hetzen, und durch schwächung eins unnd andern theils in zwischen des Lands Freyheiten pfetzen, unnd sich für ein Exlexigen Halsherscher einsetzen. Ja auß Burgermetzigung und Bartholomisirungen der underthanen noch Stratagemata und köstliche Kriegsvortheiln machen, Man soll also feindschafft treiben, daß man auch dermaln eins könn wider freundschafft üben. Wolan nent ihrs Bittergrollischen dann ein Krieg, so ist ers nur oben hin Superficiarisch, er tringt nicht in den innersten Schrein unsers hertzens. Dann keiner unter uns ist an seiner ehr angetastet: Und ist überal inn der Totalsum kein anderer span, als etwas fähles von beider seit Volck abzulegen, dazu ich mich dann erbotten: Gott sey Richter zwischen mir und ihm, der wöll mich auch eher durch den Todt von hinnen beruffen, und mein Land vor meinen Augen verderben lassen, als daß ich oder die meinige ihm einigen betrang und überlast zufügten. Es ist besser ein anderer schlag inn den busch, daß ich die Vögel fang, als das ich inn busch schlag, daß sie ein anderer fangen mag: Der erstlich zuckt, hat allzeit unrecht, das wissen auch die Sonnenstichling unnd Dungkäfer zu Augspurg: aber recht find allzeit seinen Knecht.
Nach dem er diß außgeredet, rafft er dem Mönch, unnd[387] fragt ihn vor allen, Mein Freund Bruder Jan, habt ihr den Hauptman Toucquedillon, so hie gegenwertig, gefangen? Gnädiger Herr, antwort der Mönch, er steht hie selbs zugegen, er ist auch alt und verstendig genug, es ist mir lieber, ihr wissens von ihm selber als von mir. Da sagt Truckdendilen. Gnädigster Herr, es ist eben der, der mich gefangen, ich hab ihm mein Wehr überreicht, unnd ich stell mich frey ledig für seinen Gefangenen dar. Habt ihr ihn, fragt der alt Herr weiter, gerantzont? Nein, bescheidet der Mönch, ich bekümmer mich umb solche ding nicht: Ich bin hie nicht umb der Beichtpfennig willen: Wie viel, sprach Grandgoscha, begerten ihr zu lösung seiner gefengnuß? Nichts, nichts, sprach der Mönch, das wird mich auch nichts wärmen. Solche wort ungeacht, befahl Grandgusier, das in beisein des Tuckedilons dem Mönch sechtzig unnd zwey tausent Salusgulden gezahlt würden: welchs, all dieweil geschah, unter des dem Toukedillon ein gute Collatz zugerüstet war: den fragt beineben Grandgoschier, ob er bei ihm bleiben, oder lieber zu seim König wider umbziehen wöll. Ruckdendilen antwort, daß er folgen wöll zu welchem theil er ihm rhat. Wolan, sprach Goschgrozza, so ziehet zu euerm König, und aller Heyligen Segen sey mit euch. Schencket ihm demnach ein schön Schwerdt von Vienne, mit einer güldenen Scheiden, von gestochenem und erhabenem Reblaubwerck und sonst Goldschmidarbeit, unnd ein guldin Halßketten von sibenhundert zwey tausent Marck, auch zehen tausent Kronen zu einer verehrung.
Diesem allem nach, satzt sich Ruckdendilen zu Roß. Gurgelstrozza gab ihm zu mehrer sicherung treissig Landsknecht, und sechs und zwentzig Bogenschützen mit dem Keibkamp zu, die ihn, wa es vonnöhten, biß vor das Thor zu Clermalburg geleiten solten. Als die hin waren, gab der Mönch dem Grandbusier sein obgenant Ranzongelt wider. Gnädiger Herr, sprechend, es ist jetzund nicht zeit, daß ihr solche gaben außtheilet: wartet biß zu ende des Kriegs, dann ihr wißt nicht was sich noch zutragen möcht. Ein Krieg ohn guten vorrhat von Gelt, erstickt ohn atham, unnd schafft viel seufftzen: des Kriegs und bauens Haubtadern sind gelt wo die verbluten, so fleigt kein Fan mehr, und krähet kein Han mehr auf der[388] Zelt. Nun, sprach Grandbuchier, in fine videbitur cuius toni, zu underst des Weinfasses, fühlet man was es für ein thon hat: werden wir mit der unmuß fertig, wollen wir euch und einen jeden nach gebür unnd verdienst bedencken: Dann borgen, heißt nicht schencken.